Der Feind meines Vaters - Roman
dabei allerdings einen wesentlichen Punkt. Diejenige, die einst einen Kurs besucht, zwei Wochen lang mit der Schreibmaschine im Wachbüro herumgespielt und dann alles unter dem Vorwand drangegeben hatte, dass es in einem Nest wie Fuensanta de Martos weder Lehrer noch Institute, geschweige denn Firmen gäbe, in denen sie eine gut bezahlte Stellung finden könne, war Marisol gewesen, nicht Sonsoles. Und es war Sonsoles, diese falsche Mediamujer ohne Bräutigam, die meine Lehrerin wurde.
»Gib ihr ein paar Tage, um ihre Technik aufzufrischen, dann kann es losgehen«, meinte der Leutnant zu Vater. »Und im Sommer kann der Junge so schnell schreiben wie ein Maschinengewehr schießen.«
Zu diesem Zeitpunkt war mir das Tempo, das meine Finger auf der Tastatur erreichen würden, völlig egal. Für Salvador Michelin, der zwar Angst, aber keinen Respekt einflößen konnte und es niemals schaffen würde, dass irgendwer in Fuensanta ihn als Don Salvador ansprach, war mein Schreibmaschinenunterricht nichts weiter als einer von vielen Autoritätskonflikten mit seiner Frau Doña Concha la Michelina, der niemand in Fuensanta den Titel abzusprechen gewagt hätte. Er hatte sich angeboten, das Dilemma meines Vaters zu lösen, der kein Geld dafür hatte, mir einen richtigen Kurs zu finanzieren oder mich jeden Tag zum nächstgelegenen Institut nach Martos zu bringen und wieder abzuholen. Sein Verhalten war aus einem konfusen väterlichen Instinkt heraus geschehen, der einem gewissen Bewusstsein von Überlegenheit entsprang. Allerdings sprach er es nicht laut aus wie seine Frau, die von der Guardia Civil gern als Untergebene ihres Mannes bezeichnet wurde. Ihn bewegte es dazu, die Probleme seiner Männer mit einer Großherzigkeit zu lösen, die letztendlich nur für noch mehr Probleme sorgte. Genauso war es auch mit meinem Schreibmaschinenunterricht. Er sah sich genötigt, um jeden Preis Wort zu halten, selbst wenn es nicht nur Sonsoles’ fehlende Sachkenntnis einschloss, sondern auch andere Dinge.
»Na schön … fangen wir mit einfachen Schreibübungen an.«
Mit diesen Worten begrüßte mich meine Lehrerin an einem tristen, regnerischen Februartag, an dem es um Viertel nach fünf bereits dunkel war. Seit Vater mich das letzte Mal gemessen hatte, war noch kein Monat vergangen. Ich hatte immer noch schlechte Laune wegen dieser Schnapsidee, derentwegen ich von der Schule nach Hause rennen und meinen Imbiss im Stehen einnehmen musste, während Mutter mir mit einem nassen Kamm durchs Haar fuhr, als wollte sie mich striegeln, doch als ich im Wachbüro ankam, merkte ich, dass Sonsoles sich noch unwohler fühlte, noch eingeschüchterter war als ich.
»Schreibübungen?«, fragte ich, als wäre ich tatsächlich ein Trottel, worauf sie mit einer ganzen Palette von ungeduldigen Grimassen reagierte. »Entschuldige, aber ich weiß nicht, wie das geht.«
»Na, ganz einfach.« Sie trat ein paar Schritte näher, setzte sich aber nicht neben mich. »Du legst die Finger auf die Tasten. So, siehst du? Den kleinen Finger auf das Q, den Ringfinger auf das W, den Mittelfinger auf das E, den Zeigefinger auf das R, und auf der anderen Seite machst du dasselbe. Dann drückst du mit den vier Fingern jeder Hand auf die Buchstaben, einen nach dem anderen, bis das Blatt voll ist. Das sind Schreibübungen.«
»Ohne Platz dazwischen zu lassen?«
»Nein. Oder doch, warte …« Sie dachte kurz nach. »Lass ein Leerzeichen zwischen dem letzten Buchstaben, den du mit links tippst und dem ersten, den du mit rechts tippst.«
»So?«, fragte ich sie, nachdem ich eine Zeile getippt hatte, aber da war sie bereits verschwunden.
So sahen meine ersten Schreibmaschinenstunden aus. Dreimal in der Woche saß ich nachmittags fünfundvierzig Minuten im Wachbüro der Kaserne und machte Fingerübungen, erste Zeile, zweite Zeile, dritte Zeile, zuerst mit der linken, dann mit der rechten Hand, oder nur mit einer, je nach Anweisung einer Lehrerin, die nie anwesend war. Wenn sie die Zeit nicht nutzte, um Einkäufe zu machen, setzte sie sich in einen Sessel und las Liebesromane, das zweite literarische Genre, das Matilde la Piriñaca neben Zeitschriften und Bonbons in ihrem Kiosk anbot. Es sei denn, mein Vater hatte zufällig Dienst. Dann setzte sie sich neben mich, verbesserte mich eifrig, ohne dass es nötig gewesen wäre, und lächelte ihm zu, wenn er vorbeischaute, um meine Fortschritte zu begutachten.
»Sehr gut«, log sie frech. »Wir machen gute Fortschritte. Nino ist
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