Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
Vom Netzwerk:
Militärs von ihren Schreibtischen aus eine Druckerpresse vermuteten, und wo sie gerade deshalb nicht war. Doch so höflich wie bei Pepe waren sie nicht immer.
    »Los, rein mit dir …«
    An jenem Nachmittag hatte Sonsoles ihren Roman auf dem Fenstersims abgelegt und war zu einer ihrer Besorgungen gegangen, die sie immer bis Punkt sechs Uhr in Anspruch nahmen. Dann kehrte sie zurück, um das Buch wieder abzuholen und sich von mir zu verabschieden. Ich saß allein im Wachbüro und machte Fingerübungen, sdfg und lkjh, als Sanchís hinter Filo in den Raum trat.
    »Ah!« Sie drehte sich zu ihm um wie eine Furie. »Du wirst doch wohl nicht die Frechheit besitzen, mich einzubuchten?«
    »Rein mit dir, habe ich gesagt.« Er gab ihr einen Stoß. »Na los.«
    Es war zwar nicht vorgesehen, aber an diesem Nachmittag hatte Sanchís zusammen mit Curro den Hof der Rubias zum zweiten Mal innerhalb von zehn Tagen durchsucht, denn dafür war er Feldwebel. Die erste Durchsuchung war so minuziös und zugleich so unergiebig gewesen, dass Catalina sich jetzt bestimmt in Sicherheit wiegen würde. Er vertraute darauf, die Druckerpresse zu finden, und wähnte sich schon fast am Ziel, als die Frauen nervös wurden, sich gegenseitig ansahen, die Brauen hochzogen und die Hände hinter dem Rücken versteckten, als würden sie sich Zeichen geben, ganz anders als das halbherzig spöttische Grinsen, mit dem sie ihn noch vor einigen Tagen bei der Arbeit beobachtet hatten. Er hielt es für ein vielversprechendes Indiz und befahl ihnen, draußen zu warten, während er zusammen mit Curro das Haus auf den Kopf stellte, der schließlich vor ihm mit leeren Händen herauskam. Catalina, die sich nicht dazu herabgelassen hatte, auch nur ein Wort mit seinem Kollegen zu wechseln, erklärte, es sei zwecklos, sie könnten so lange suchen, wie sie wollten, die Druckerpresse würden sie nicht finden. Dann hörten sie das Klirren splitternden Kristalls, in der Küche flogen Gläser zu Boden, als Zeichen einer wütenden, rachsüchtigen Repressalie, und dann folgte eine lange Stille, die noch viel furchterregender war. Kurz darauf tauchte Sanchís auf. Er trug etwas auf dem Arm, keine Druckerpresse, aber eine dicke Rolle Pleita, die er im hinteren Teil der Vorratskammer unter einem Kartoffelhaufen versteckt gefunden hatte.
    »Wem gehört die Rolle?«, fragte er die Frauen, damit er wusste, wen er mitnehmen musste.
    »Mir«, antwortete Filo als erste.
    »Nein«, widersprach Catalina. »Das stimmt nicht, es ist …«
    »Sie gehört mir, Mutter.« Die jüngste Tochter trat vor den Feldwebel. »Ich habe das Espartogras gesammelt, ich habe es geflochten, ich habe es vernäht, also gehört die Rolle mir.«
    »Dann kannst du sie auch tragen.« Er warf sie auf den Boden, damit Filo sie aufhob. »Und jetzt ab mit dir in die Kaserne.«
    Geflochtene Streifen aus Espartogras, Pleita genannt, mit einer gebogenen Nadel, die so spitz war wie ein Haken, zu rudimentären Matten aneinanderzunähen, die anschließend von Handwerkern wieder auseinandergenommen wurden, um sie nach Belieben weiterzuverarbeiten, war nicht verboten, allerdings durfte man Espartogras nur mit einer Genehmigung der Guardia Civil sammeln, denn der Verkauf war geregelt.
    Mit dem Gras ließen sich verschiedene Gegenstände für den Hausgebrauch herstellen, und fast alle Dorfbewohner taten es. Wie es verboten sein konnte, eine Grasart zu schneiden, die nur in den Bergen wuchs, ohne dass jemand sie angepflanzt hätte, war mir noch schleierhafter als die Gründe für das Verbot des Privathandels mit Lebensmitteln. Aber man musste sich nur mal ansehen, wer eine Genehmigung zum Schneiden und zum Verkauf von Espartogras besaß. In Fuensanta de Martos waren es Don Justino, sein Bruder, Carlos Mariamandil und zwei oder drei andere, die an jedem Paar Bastschuhe, jedem Korb, jeder Satteltasche und jedem Rollo aus Pleita verdienten, die im Dorf verkauft wurden, weil man das Espartogras zuvor bei ihnen hatte erstehen müssen, auch wenn es in Wirklichkeit nicht ihnen, sondern den Bergen gehörte.
    Sogar Mutter war der Meinung, dies sei eine Schande. Wäre sie nicht die Frau eines Guardia-Civil-Beamten gewesen, wäre auch ihr nichts anderes übrig geblieben, als zur Bereicherung jener beizutragen, die in blauem Hemd und weißem Jackett an den Prozessionen teilzunehmen pflegten, denn sie stammte aus Almería und konnte nicht flechten. Die Menschen sammelten trotzdem weiterhin Espartogras in den Bergen, um das herzustellen,

Weitere Kostenlose Bücher