Der Feind
Angelegenheit.«
Coleman lachte hintergründig. »Ja, das stimmt. Ich habe übrigens auf dem Weg hierher mit Irene gesprochen. Er ist bei Bewusstsein.« Der ehemalige SEAL hielt inne und sah McMahon in die Augen. »Er weiß, dass sie tot ist. Wenn er aus dem Krankenhaus rauskommt – was glauben Sie, wird er dann tun? Einfach still dasitzen wie ein Pfadfinder, während ihr Jungs euch bemüht, mithilfe der Gerichte und irgendwelcher ausländischer Regierungen ein paar Schritte vorwärtszukommen? Eure Ermittlungen würden im günstigsten Fall zwei Jahre dauern.« Coleman schüttelte den Kopf. »So wird es nicht laufen, das können Sie mir glauben. Ich verspreche Ihnen, er wird jeden Einzelnen dieser Mistkerle töten, die in die Sache verwickelt sind, und daran wird ihn keiner von euch hindern können.«
McMahon wusste, dass Coleman den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. »Üble Geschichte«, murmelte er resignierend.
»Da haben Sie verdammt recht, und ich kann Ihnen nur einen guten Rat geben, Skip. Versuchen Sie nicht, ihn aufzuhalten, und sagen Sie allen, an denen Ihnen etwas liegt, dass sie das Gleiche tun sollen.«
41
INDIANAPOLIS, INDIANA
Als Gould erwachte, hörte er, dass der Fernseher lief und dass Claudia weinte. Er brauchte einen Augenblick, um sich zu erinnern, wo er war. Im Fernsehen war gerade ein Bild von Anna Rielly zu sehen. Sie hatten die Nachricht bereits gehört, als sie am Abend zuvor durch Columbus, Ohio, fuhren. Claudia hatte fast eine Stunde lang geweint. Zum Glück hatte er ihr die Wahrheit gesagt, nämlich dass er nicht wusste, ob die Frau überlebt hatte. Er hatte hinzugefügt, dass er so lange wie möglich mit dem Auslösen der Explosion gewartet habe und dass sie im Garten vor dem Haus gelegen habe, als er wegfuhr.
Als sie in ihrem Hotelzimmer in Indianapolis waren, weinte sich Claudia in den Schlaf, und nun weinte sie schon wieder. Die Schwangerschaft ließ ihre Gefühle verrückt spielen, und Gould wusste nicht, wie lange er das noch aushalten würde. Er hatte versucht, sie zu trösten, sie in den Arm zu nehmen, doch es hatte alles nichts geholfen. Es war nicht das erste Mal, dass er noch jemand anderen als die eigentliche Zielperson getötet hatte, und sie hatte nie das geringste Bedauern gezeigt.
Gould rollte sich aus dem Bett und ging auf die Toilette. Nachdem er sich erleichtert hatte, betrachtete er sich im Badezimmerspiegel. Er sah genauso aus wie vorher – dieselben haselnussbraunen Augen, das gewellte dunkle Haar, die leicht gekrümmte Nase. Es hatte sich nichts an ihm verändert, weder innerlich noch äußerlich, doch für Claudia war offensichtlich nichts mehr so, wie es vorher war. In der Nacht hatte ihr Gould im Bett die Hand auf die Schulter gelegt – eine Geste, mit der er ihr schon oft zu verstehen gegeben hatte, dass er für sie da war. Er hatte jedenfalls nicht erwartet, dass sie bei der Berührung zusammenzucken und nur noch heftiger schluchzen würde. Ihre Reaktion hatte seine Gefühle verletzt, doch er versuchte nicht weiter, irgendetwas bei ihr zu erreichen, was, wie er wusste, mit Worten nicht zu lösen war. Das hier würde ganz einfach Zeit brauchen.
Gould war immer noch müde. Nachdem er von Rapps Haus weggefahren war, hatte er das Fahrrad auf die Ladefläche des Pick-ups geworfen und war auf dem schnellsten Weg zur U.S. Route 301 gefahren, auf der er südwärts über den Potomac und nach Virginia gelangte. Er hatte vorher auf der Karte den Caledon State Park ausgesucht, um den Wagen loszuwerden. Nachdem er auf einer Nebenstraße in den Park eingefahren war, bog er nach einem Kilometer auf einen überwucherten Weg ein. Als er so weit gekommen war, dass er die Straße nicht mehr im Rückspiegel sah, stellte er den Motor ab, nahm den Rucksack und den Helm mit und entfernte die Nummernschilder. Dann stopfte er ein Handtuch aus dem Hotel in den Tank und übergoss das Fahrzeug mit Benzin. Der Wald sah ziemlich trocken aus, deshalb trat er ein paar Schritte zurück, ehe er das Streichholz zum Wagen warf.
Als er mit dem Mountainbike fast bei der Stadt Osso angelangt war, kamen ihm mehrere Feuerwehrautos entgegen. Vierunddreißig Minuten später hielt er beim James Monroe Museum an und ließ das Rad unversperrt dort stehen. Danach ging er drei Blocks zu Fuß und traf schließlich mit Claudia zusammen, die am Steuer eines weißen Minivans wartete. Gould setzte sich auf den Beifahrersitz, küsste sie, und sie fuhren los. Als sie einige Meilen außerhalb der Stadt
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