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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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konnte.
    Irgendwie musste der Vater davon erfahren haben, dass Rapp maßgeblich daran beteiligt war, dass sein Sohn den Amerikanern in die Hände gefallen war. Als Erstes gab Irene Kennedy ihrer Antiterror-Zentrale die Anweisung, alle nur erdenklichen Informationen über Saeed Ahmed Abdullah zu sammeln, ohne sie jedoch nach außen weiterzugeben. Sie hatte für sich bereits den riskanten Entschluss gefasst, dass die CIA nicht alles, was man herausfand, an die anderen Behörden weitergeben würde, die keine Möglichkeit hatten, den Rahmen der Gesetze zu verlassen, wenn dies erforderlich erschien. Sie würden nach außen den Eindruck vermitteln, zu voller Zusammenarbeit bereit zu sein, und auch einiges von ihren Erkenntnissen an das FBI übergeben. Die wirklich wertvollen Informationen würden sie jedoch für sich behalten, um ihre eigenen Ermittlungen durchzuführen.
    Kennedy traf eine Viertelstunde zu früh am Ort der Sitzung ein, wie sie es sich angewöhnt hatte, wenn sie mit dem Präsidenten zusammentraf. Sie wurde von einem Mitarbeiter des Weißen Hauses zum Oval Office geleitet, wo sie bis fünf Minuten nach neun Uhr allein wartete, ehe der Sicherheitsberater des Präsidenten Michael Haik eintrat. Die beiden waren sich vom Temperament her recht ähnlich und hatten auch ein sehr gutes Arbeitsverhältnis. Haik knöpfte sein Anzugjackett auf und setzte sich neben sie auf die Couch.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte er.
    »Gut.«
    »Verstehe, aber wie geht es Ihnen wirklich?«, hakte er in freundschaftlichem Ton nach.
    »Na ja, es ist mir schon besser gegangen«, antwortete sie wahrheitsgemäß.
    »Und Mitch?«
    »Er ist ziemlich am Boden, aber das Schlimmste hat er wohl hinter sich … zumindest körperlich.«
    Haik war genau der ruhige Denker, den jeder Präsident an seiner Seite brauchte – pragmatisch, diszipliniert und umsichtig. Es gab nicht viel, was ihn aus der Ruhe brachte. »Wie hat er die Nachricht vom Tod seiner Frau aufgenommen?«
    Irene Kennedy riss sich zusammen. Sie hatte schon geweint, und sie würde wieder weinen, aber nicht hier, nicht im Oval Office. »Sie mussten ihm ein Beruhigungsmittel geben.«
    Haik nickte, so als hätte er diese Antwort erwartet, und lehnte sich dann auf der Couch zurück. Es war offensichtlich, dass er etwas sagen wollte, dass er aber nicht genau wusste, wie er anfangen sollte. »Irene«, begann er schließlich, »wir waren immer ehrlich zueinander, darum will ich Ihnen erzählen, was heute Morgen hier los ist. Im Moment sitzt der Präsident gerade in seinem privaten Esszimmer und bespricht sich mit dem Vizepräsidenten, Außenministerin Berg, Justizminister Stokes und Direktor Ross.«
    Obwohl sie in Wirklichkeit überrascht war, nickte sie, so als hätte sie das bereits gewusst.
    »Also, um es auf den Punkt zu bringen – sie machen sich alle miteinander große Sorgen darüber, was Mitch tun könnte, sobald er sich so weit erholt hat.«
    »Das tue ich auch.«
    »Ich meine, sie machen sich echte Sorgen. Sie glauben, dass Sie ihn nicht im Zaum halten können, und manche meinen sogar, dass Sie’s nicht einmal versuchen würden.«
    Irene Kennedy zeigte keine Emotion, ihre Atmung blieb ruhig und gleichmäßig. Sie war also nicht die Einzige, die die Nacht mit strategischen Gedanken verbracht hatte. »Warum?«
    »Sie glauben, dass Sie in einem Interessenkonflikt stecken und dass Ihre Loyalität zu Mitch Sie dazu bringen könnte, die Interessen des Landes außer Acht zu lassen.«
    Es ließ sich durchaus darüber streiten, worin die Interessen des Landes bestanden, doch Kennedy war nicht hier, um über solche Fragen zu diskutieren. »Ich kann Ihnen versichern, dass es keinen solchen Konflikt gibt.«
    Haik wusste nicht recht, ob er ihr das glauben sollte, doch das spielte auch keine Rolle; er war schließlich nicht derjenige, der ihr Probleme machen würde. »Ich habe mich etwas früher von der Sitzung verabschiedet, weil ich Ihnen noch einen kleinen, aber gut gemeinten Rat mitgeben wollte. Sie werden jeden Moment hier reinplatzen und Ihnen ein paar Dinge sagen, die Sie nicht gern hören werden.« Haik hielt kurz inne und entfernte eine Fussel von seiner Hose. »Tun Sie sich selbst einen Gefallen und gehen Sie auf ihre Wünsche ein.«
    »Ich weiß es zu schätzen, dass Sie mir helfen wollen, Mike, aber Ihr Rat scheint mir ein bisschen übertrieben zu sein.«
    »Was ich Ihnen sagen will, ist, dass sie schon zu einem Entschluss gekommen sind. Drei Kabinettsmitglieder sind da drin und

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