Der Feind
einiges geändert. »Seine Frau wurde getötet. Wer weiß, wozu er seitdem in der Lage wäre?«
Bevor Tayyib antworten konnte, klingelte sein Telefon. Tayyib erstarrte. Der Prinz hasste Telefone und hatte die feste Regel ausgegeben, dass man sie abzuschalten hatte, wenn man sich in seiner Nähe aufhielt. Tayyib zog das Gerät nervös aus der Tasche, um es abzuschalten. Bevor er mit seinen großen Händen die richtige Taste fand, warf er einen Blick auf das Display. Der Anruf kam von seinem Büro. Tayyib zögerte. Es handelte sich möglicherweise um eine wichtige Nachricht. Er sah Rashid an und hielt das Telefon hoch. »Es tut mir leid, aber es ist mein Stellvertreter«, sagte er. »Er hat vielleicht neue Informationen über die Explosion.«
Rashid nickte widerstrebend.
Tayyib meldete sich und hörte angespannt zu. Nach ungefähr einer halben Minute fragte er: »Sind Sie sicher?« Er hörte noch einige Sekunden zu und sagte schließlich: »Rufen Sie mich wieder an, sobald Sie mehr wissen.« Tayyib beendete das Gespräch und atmete aus.
»Was ist?«, fragte Rashid ungeduldig.
»Einige von Saeeds Söhnen waren dabei. Sie hatten ihn zum Gebet begleitet und gingen gemeinsam zum Büro zurück, als es passierte. Nachdem sie den ersten Schock überwunden hatten, begannen sie den toten Selbstmordattentäter zu verfluchen. Sie bespuckten die Leiche und traten sie mit Füßen, als plötzlich einer von ihnen den Attentäter erkannte.«
»Wer war es?«
»Es war ihr Bruder Wahid.«
»Wahid?«, fragte Rashid ungläubig. »Das ist unmöglich. Er ist tot.«
»Jetzt ist er tot«, erwiderte Tayyib in ernstem Ton.
»Rapp hat ihn doch schon vor einem halben Jahr getötet«, beharrte der Prinz.
»Offensichtlich nicht.« Tayyib verschränkte die Arme und fügte nachdenklich hinzu: »Die Leiche wurde auch nie zurückgeschickt.«
»Warum sollte Wahid seinen eigenen Vater töten?«
»Das hat er vielleicht auch gar nicht«, entgegnete Tayyib, der über eine Information verfügte, die er dem Prinzen noch nicht mitgeteilt hatte.
»Aber du hast doch gerade gesagt, dass er es getan hat«, versetzte Rashid gereizt.
»Vielleicht hat er gar nicht gewusst, was er tat. Es gibt Bilder von einer Sicherheitskamera. Darauf ist zu sehen, wie Wahid von einem anderen Mann geführt wird. Die beiden bleiben vor dem Bürogebäude stehen und warten einige Minuten. Als Saeed dann aus der Moschee kommt und die Straße zu seinem Büro überquert, geht der Mann von Wahid weg. Er sieht sich noch einmal um und blickt dann auf irgendetwas hinunter, das er in der Hand hält. Wir nehmen an, dass es irgendeine Art von Fernbedienung war. Eine Sekunde vor der Explosion hebt der Mann eine Hand zur Kamera, ungefähr so.« Tayyib streckte den Mittelfinger in die Höhe und richtete die Geste gegen die Wand, nicht gegen Rashid. »Dann kommt die Explosion, und Saeed wird in die Luft gesprengt.«
»Lässt sich sagen, wer der Mann auf dem Band ist?«
»Wir versuchen es herauszufinden, aber es wird schwierig. Der Mann trug Keffiya und Sonnenbrille.«
Rashid blickte wieder aus dem Fenster und ging in Gedanken alle Möglichkeiten durch. »Diese Geste ist typisch amerikanisch.«
Tayyib nickte. »Man kennt sie von Amerikanern und Franzosen.«
»Wie würdest du die Sache jetzt einschätzen?«, fragte der Prinz.
»Vor einem halben Jahr wurde Wahid Ahmed Abdullah von Mitch Rapp in einem Gebirgsdorf an der Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan festgenommen. Kurz darauf teilte uns die amerikanische Regierung mit, dass Wahid tot sei. Nun taucht Wahid plötzlich wieder auf und sprengt seinen eigenen Vater in die Luft.« Tayyib schüttelte den Kopf.
»Wer war der Mann auf dem Überwachungsvideo?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe das Band nicht gesehen.«
»Du weißt genau, wer der Mann war«, erwiderte Rashid spöttisch.
Tayyib nickte. »Es war mit großer Wahrscheinlichkeit Mitch Rapp. Ich weiß nicht, wie er es angestellt hat, aber es war höchstwahrscheinlich er.«
»Du musst Abel finden«, sagte Rashid in nüchternem Ton. »Ich weiß nicht, woher die Amerikaner wissen, dass Saeed hinter der Sache steckte, aber ich würde vermuten, dass er wohl etwas zu gesprächig war.«
»Ich habe Sie deswegen auch gewarnt«, wagte Tayyib einzuwenden.
»Ich weiß, und ich habe auch mit ihm gesprochen, aber er hat wohl nicht auf mich gehört. Es gibt nur eine Möglichkeit, wie die Amerikaner herausfinden können, dass die Spur zu uns führt.«
»Abel«, antwortete Tayyib.
Der
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