Der Feind
die Coleman für die CIA erledigt hat. Der Captain hat ihn an das Joint Special Operations Command verwiesen, und so ist die Sache bei General Flood gelandet.«
»Hat Flood ihnen gegeben, was sie wollten?«
»Machst du Witze? Die Einzigen, die noch weniger begeistert von der National Intelligence sind als wir, sind die Jungs vom Pentagon. Flood hat nicht allzu höflich geantwortet, dass er die Akte höchstens herausgeben würde, wenn der Präsident persönlich ihn dazu auffordert, und dass sie ihm ansonsten den Buckel runterrutschen können.«
Kennedy wunderte sich eigentlich kaum über Floods Reaktion. Der General war in seinen letzten Monaten als Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs, und es schien ihm großes Vergnügen zu bereiten, gewissen Leuten ganz offen zu sagen, was er von ihnen hielt. »Und – sind sie zum Präsidenten gegangen?«
»Nicht dass ich wüsste, aber ich glaube nicht, dass sie’s tun.«
»Warum interessiert sich Ross so für Coleman?«, fragte Kennedy und legte die Brille auf den Schreibtisch. »Hat er irgendwas getan, von dem ich nichts weiß?«
»Nein, sicher nicht.«
»Das Timing gefällt mir gar nicht.«
»Das sehe ich auch so, und es gibt da noch ein Problem. Das Finanzamt hat sich gestern bei Coleman gemeldet. Sie wollen alle seine Bücher sehen.«
Die Falten auf Irene Kennedys Stirn vertieften sich. »Was zum Teufel hat er bloß vor?«
»Er hat entweder irgendwo aufgeschnappt, dass wir das Orion-Team wiederbeleben möchten, oder er unternimmt eine kleine Schnüffeltour.«
Irene Kennedy ging in Gedanken etwa ein halbes Dutzend Möglichkeiten durch. Sie fragte sich, ob Ross wohl so weit gehen würde, ihr Büro zu verwanzen. So paranoid das auch klingen mochte, es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass ein oberster Geheimdienst-Boss beschlossen hätte, hinter den eigenen Leuten herzuschnüffeln. Ross war noch nicht einmal einen Monat in seinem neuen Amt. Sie bezweifelte, dass er das so schnell hätte bewerkstelligen können, doch sie nahm sich trotzdem vor, ihr Büro von Delgados Truppe überprüfen zu lassen.
»Also«, sagte sie schließlich, »ich würde rein gefühlsmäßig darauf tippen, dass er eine kleine Schnüffeltour unternimmt.«
»Was ist, wenn uns irgendjemand ein Bein stellen will?«
»Wer zum Beispiel?«
»Senator Hartsburg.«
Kennedy schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn Hartsburg uns in die Pfanne hauen wollte, würde er nicht zu Ross gehen. Ich glaube, es ist eine Schnüffeltour.«
»Aber warum?«
Sie überlegte eine Weile und sagte schließlich: »Mark Ross ist ein guter Mann. Er hat bestimmt nicht vor, uns zu vernichten, und auch nicht Coleman.«
»Also, ich kann dein Vertrauen leider nicht teilen.«
»Ich glaube, er hat eine Art natürliches Misstrauen gegen die Art und Weise, wie wir unsere Operationen durchführen. Er hat selbst mit dem Sammeln von Informationsmaterial zu tun gehabt – und Leute wie Coleman und du machen ihn ein bisschen nervös.«
Rapp runzelte die Stirn. »Warum?«
»Also, wenn ich raten müsste, würde ich sagen, er fürchtet, dass du ihn in eine peinliche Lage bringen könntest. Es gibt sicher nicht wenige, die darauf spekulieren, dass er auf die Nase fällt.«
»Aber was hat das mit mir zu tun?«
Irene Kennedy seufzte. Rapp war sehr gut in seinem Job, aber er war äußerst naiv, wenn es um das politische Hickhack in Washington ging. »Zum Glück ist vieles von dem, was du machst, streng geheim. Du hast eine imposante Erfolgsbilanz, aber ich fürchte, dass auch dir einmal eine Operation komplett danebengehen wird. Und damit würdest du uns dann wohl einen handfesten Skandal bescheren.«
»Danke für das Vertrauen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Du weißt, dass du mein Vertrauen hast.«
Rapp nickte. »Na ja, wenn man gewinnen will, muss man etwas dafür tun. Wir können nicht einfach herumsitzen und darauf warten, dass unsere Feinde anfangen, uns zu mögen.«
»Das sehe ich auch so. Ich überlege mir, wie wir mit Ross umgehen. Inzwischen sollten wir mit deinem Projekt noch abwarten.«
Das war nicht das, was Rapp hören wollte. »Wie lange?«
»Das weiß ich nicht. Lass mir zumindest Zeit bis Ende der Woche.«
Rapp hatte nicht die Absicht, sich in seinem Vorhaben bremsen zu lassen. Er würde einfach nur etwas vorsichtiger vorgehen müssen. »Was ist mit dem Finanzamt?«
»Ich werde sehen, was ich tun kann, aber wenn sie einmal mit der Buchprüfung anfangen, kann es unangenehm werden.«
Rapp beugte sich vor und legte
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