Der Feind
verlangen wir dann nicht gleich fünfzehn?«
»Das ist ein zu großer Sprung.« Sie streckte den Arm aus und tätschelte seine Hand. »Du bist gut, Liebling, aber so gut auch wieder nicht. Wenn wir fünfzehn Millionen verlangen, wird sich Abel jemand anderen suchen.«
»Na gut, dann also zehn Millionen. Was ist, wenn sie nein sagen?«
»Das werden sie nicht.«
Sie hatte recht. Louie saß am Küchentisch und verfolgte, wie Claudia Abel anrief. Zuerst lief es nicht allzu gut. Louie konnte die empörte Stimme des Deutschen aus dem Handy hören. Sie hatten sieben Millionen vereinbart, und er sagte ihr, dass er sich jemand anderen suchen würde. Claudia wünschte ihm viel Glück dabei und beendete das Gespräch. Eine Viertelstunde später schaltete sie das Handy wieder ein und fand drei Nachrichten des Deutschen vor. Sie spielte sie ab und hörte zu, wie Abel gleichsam mit sich selbst verhandelte. Auf der ersten Nachricht bot er acht Millionen, auf der zweiten erhöhte er auf neun, und auf der letzten Nachricht willigte er schließlich ein, zehn Millionen zu zahlen, aber keinen Cent mehr. Claudia rief ihn zurück und sagte ihm, dass sie ihm per E-Mail mitteilen würde, wohin er das Geld überweisen solle. Sobald sie die Anzahlung von fünf Millionen auf dem Konto hatten, würden sie mit der Arbeit beginnen.
Im Laufe des Nachmittags erhielten sie die Bestätigung, dass in jeder der fünf Banken, die Claudia angegeben hatte, je eine Million Dollar eingegangen war. Abel schien großen Wert darauf zu legen, dass sie den Auftrag so schnell wie möglich erledigten, was durchaus auch in ihrem Sinne war. Es war nicht ratsam, hier in Paris zu bleiben, solange auch der Deutsche noch hier war. Abel war zu nachlässig, als dass man sich auf ihn verlassen konnte, und falls ihn ein Geheimdienst überwachte, waren auch sie beide gefährdet. Deshalb war es zunächst notwendig, ihre beiden Handys zu zerlegen und verschwinden zu lassen, nachdem sie genug Gespräche damit geführt hatten, dass man sie leicht hätte aufspüren können. Nachdem die Telefone entsorgt waren, packten sie ihre spärlichen Sachen und verließen die Wohnung für immer. Claudia rief die Vermieterin von einer Telefonzelle aus an und teilte ihr mit, dass es einen Notfall in der Familie gegeben habe und dass sie nicht mehr zurückkommen würden. Die Frau würde die Wohnung wahrscheinlich innerhalb einer Woche wieder vermietet haben.
Dann nahmen sie die Metro und fuhren kreuz und quer durch die Stadt, bis sie im Montmartre-Viertel landeten, wo sie den Deutschen zum ersten Mal getroffen hatten. Sechs Blocks nördlich der berühmten Basilika Sacré-Cœur trennten sie sich. Claudia ging in ein kleines Café auf einen Espresso, während Louie noch eine letzte wichtige Sache hier in der Stadt zu erledigen hatte. Nachdem er zehn Minuten durch die engen Straßen gelaufen war und ein Telefongespräch geführt hatte, erschien es ihm sicher, die Wohnung zu betreten. Die Dreizimmerwohnung lag im obersten Stockwerk des vierstöckigen Hauses aus der Belle Époque. Louie hatte die Wohnung vor drei Jahren gekauft. Er verzichtete darauf, den Aufzug zu benutzen, und lief rasch die Treppen hinauf.
Als er in der Wohnung war, stellte er die Alarmanlage ab und ging in die Küche. Er rückte den Kühlschrank zur Seite und schlug an einer ganz bestimmten Stelle mit der Faust gegen die Wand, worauf sich eine Tür ein Stück weit öffnete. Dahinter befanden sich drei Regalfächer, auf denen drei schwarze Seesäcke lagen. Louie nahm den obersten heraus, schloss die Tür und schob den Kühlschrank an seinen Platz zurück.
Gould hatte immer schon gewusst, wie man es anstellen musste, sich über die Regeln hinwegzusetzen und sich nicht erwischen zu lassen. Schon als Jugendlicher war ihm klar gewesen, dass man zuerst die Regeln kennen musste, wenn man sie ungestraft brechen wollte.
Es gab mehrere Möglichkeiten, wie man das Verbot umgehen konnte, Waffen von einem Land in ein anderes zu bringen. Vor dem Terroranschlag in Amerika im September 2001 war alles viel einfacher gewesen. Ein Mann von Goulds Beruf konnte es sogar wagen, sein Werkzeug in seiner Kleidung oder im Koffer mit sich zu führen, aber diese Zeiten waren vorbei. Somit blieben zwei Möglichkeiten; die erste war, die Waffen in dem Land zu kaufen, in dem man operieren würde. Auch das war seit dem elften September schwieriger geworden, aber es war durchaus machbar, vor allem in den Ländern des ehemaligen Ostblocks. Auch in
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