Der Feind
erzählt.
»Ich nehme an, Sie haben den Film Patton gesehen«, sagte Hartsburg.
»Natürlich.«
»Erinnern Sie sich an die Szene, wo der russische General einen Trinkspruch ausbringt und Patton sich weigert, darauf zu trinken?«
»Ja.«
»Der russische General nennt ihn einen Bastard, und Patton lacht und sagt: ›Also gut, von einem Bastard zum anderen … darauf trinke ich.‹«
Rapp nahm einen Schluck von dem dunkelbraunen Guinness. »Das ist eine der besten Szenen im ganzen Film.«
»Na ja«, sagte Hartsburg und erhob sein Glas, »wir leben hier in einer Stadt, in der es mehr als genug Bastarde gibt, und Sie sind einer der größten, die ich kenne. Also … von einem Bastard zum anderen.«
Die beiden Männer stießen an und tranken. »Nur damit das klar ist«, wandte Rapp ein, »ich bin Patton und Sie sind der Russe.«
Hartsburg lachte. »Stimmt. Sie sind Patton. Sie sind dieser politisch unkorrekte Krieger, der nur eines gut kann, nämlich den Terrorismus bekämpfen. Sie haben dem Präsidenten das Leben gerettet, und Sie waren maßgeblich daran beteiligt, dass diese Stadt von einer Atombombenexplosion verschont blieb. Ich habe Ihre Methoden nie gutgeheißen, aber dass wir am letzten Memorial Day so knapp einem Anschlag entgangen sind, hat viele von uns aufgeweckt. Wir haben es mit einer extremen Situation zu tun, und darum müssen wir zu extremen Maßnahmen greifen. Wir müssen diese Terroristen isolieren, damit sich ihre eigenen Leute gegen sie wenden. Das können wir nur mit Geheimoperationen schaffen, über die es keinerlei Aufzeichnungen gibt. Sie«, der Senator zeigte auf Rapp, »sind der ideale Mann für den Job.«
»Sie haben aber immer noch nicht mein Problem gelöst.«
»Vielleicht sollten wir Ross mit ins Boot holen?«
Rapp schüttelte den Kopf. »Ausgeschlossen. Es wissen ohnehin schon zu viele davon.«
»Dann bleibt nur noch eine Möglichkeit.«
»Und die wäre?«
»Sie machen es wie Patton.«
Rapp sah ihn stirnrunzelnd an.
»Lassen Sie mich Ihnen erklären, wie Mark Ross denkt, und dann sage ich Ihnen, wie Sie mit ihm umgehen müssen.«
23
MONTREAL, KANADA
Gould nahm den Nachtflug von Paris nach Montreal und kam am frühen Morgen an. Er reiste mit einem französischen Pass, der auf den Namen Marcel Moliere lautete. Er war geschäftlich unterwegs und handelte mit pharmazeutischen Produkten. Am Flughafen nahm Gould ein Taxi in die Innenstadt zum Hyatt Hotel, wo zahlreiche Geschäftsleute aus aller Welt wohnten, die die größte französischsprachige Stadt außerhalb Frankreichs besuchten. Das teure Hotel mit seinen über 300 Zimmern und einem gut ausgestatteten Business Center war für seine Zwecke ideal. Claudia war inzwischen mehrere tausend Meilen entfernt unterwegs zur Insel Nevis in der Karibik, um dafür zu sorgen, dass ihr Honorar vor der Armee von Schnüfflern und Hackern sicher war, die für die amerikanische Regierung arbeiteten.
Louie Gould hatte viele Geheimnisse, und eines davon war, dass er einmal kurz für Frankreichs Direction Générale de la Sécurité Extérieure, kurz DGSE, gearbeitet hatte. Die DGSE war Frankreichs Geheimdienst für Nachrichtenbeschaffung im Ausland, für Terrorbekämpfung und weniger offiziell auch für Industrie- und Wirtschaftsspionage. Nach seiner Zeit bei der Legion hatte Gould nach neuen Herausforderungen gesucht. Als Offizier und französischer Staatsbürger war er für die DGSE als Mitarbeiter sehr interessant. Was für ihn den Ausschlag gab, war die Tatsache, dass sein Vater als Diplomat den Geheimdienst zutiefst verachtete.
In dem einen Jahr, das Gould bei der DGSE verbrachte, war er fast ausschließlich in der Industriespionage tätig und hatte mit dem Terrorismus überhaupt nichts zu tun. In dieser Zeit wurde ihm jedoch klar, dass ihm mit seinen Fähigkeiten Möglichkeiten offenstanden, die mit einer weitaus besseren Bezahlung und viel weniger Unannehmlichkeiten verbunden waren, als er es in den Jahren davor erlebt hatte. Und Gould hatte es reichlich satt, sich für wenig Geld zu plagen. So romantisch die französische Fremdenlegion auch in alten Filmen dargestellt wurde – die Realität sah ganz anders aus. Die Bezahlung war dürftig, die Unterbringung schlecht und der Dienst verlangte einem alles ab. Was das Ganze erträglich machte, war der Esprit de Corps, der Kameradschaftsgeist, sowie der Stolz, zu einer Elite zu gehören. Schließlich aber wuchs in Gould das Bedürfnis nach etwas, das in seiner Jugend für ihn
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