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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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selbstverständlich gewesen war, nämlich Geld. Nachdem er zu stolz war, um sich an seinen Vater zu wenden, sah er die DGSE als eine Möglichkeit, doppelt so viel zu verdienen wie in der Legion, und dabei eine Aufgabe zu finden, die ihn forderte. Er war sich jedoch von Anfang an bewusst, dass auch das nur ein Schritt auf seinem Weg war und nicht mehr.
    Gould kannte ehemalige Kameraden, die als Sicherheitskräfte für große Firmen fürstlich bezahlt wurden. Er wusste jedoch, dass er sich in einem solchen Job zu Tode langweilen würde. Er brauchte eine Tätigkeit, bei der nicht nur das Geld stimmte, sondern die auch eine echte Herausforderung darstellte. Eines Tages wurde er fündig, als sie in der DGSE entdeckten, dass einer ihrer Informanten für beide Seiten arbeitete. Durch das doppelte Spiel dieses Informanten war ein anderer DGSE-Agent von der syrischen Geheimpolizei geschnappt worden. Im DGSE-Hauptquartier zweifelte man nicht daran, dass der Mann in einem syrischen Gefängnis saß und mit Gummischläuchen verprügelt wurde. Gould wollte den Informanten selbst töten, doch sein Vorgesetzter, ebenfalls ein früherer Fallschirmjäger, sagte ihm, dass solche Dinge anders geregelt wurden.
    Was er als Nächstes miterlebte, öffnete ihm die Augen für eine völlig neue Welt. Sein Chef rief einen Auftragsagenten an, und in nicht einmal zwei Minuten wurde vereinbart, dass der Informant ausgeschaltet werden sollte. Goulds Job war es, dem Auftragsagenten das Geld zu überbringen. Auf dem Weg zu dem »toten Briefkasten«, in dem er den Koffer deponieren sollte, zählte er das Geld; es waren zwanzigtausend Francs, mehr als die Hälfte dessen, was er in einem ganzen Jahr verdiente. Und die Gegenleistung bestand in nichts anderem, als irgendeinen hinterhältigen geldgierigen Mistkerl zu töten.
    Die Entscheidung fiel ihm nicht schwer. Er fuhr am vereinbarten »Dead Drop« vorbei und rief im Büro seines Chefs an, obwohl er wusste, dass der Mann jetzt, um acht Uhr abends, nicht mehr dort sein würde. Gould hinterließ ihm eine Nachricht und teilte ihm mit, dass er den Job wechseln und ihm per Fax seine Kündigung zuschicken würde. Dann suchte er eine Bar auf, in der sich der Informant gern aufhielt. Das Lokal war gut besucht, aber Gould hatte trotzdem keine Mühe, den Mann zu finden. Sie hatten sich mehrere Male in dieser verrauchten Kneipe getroffen. Gould nahm Augenkontakt mit dem Mann auf und signalisierte ihm, dass er ihm folgen solle.
    Sie trafen sich bei der Hintertür, und Gould sagte: »Sie sind Ihnen auf den Fersen. Ich muss Sie schnell wegbringen.« Gould trat in die enge dunkle Gasse hinaus, und der Idiot folgte ihm, ohne zu zögern. Nachdem sie ein paar Schritte gegangen waren, streckte Gould den Arm aus, so als würde er den Mann auffordern, sich zu beeilen. Blitzschnell packte er ihn mit der rechten Hand im Nacken und riss gleichzeitig die linke hoch. Sein Messer bohrte sich tief in die Brust des Mannes, und die beiden Männer standen sich, wie es ihm vorkam, eine Minute Auge in Auge gegenüber und hielten einander fest. Gould verspürte nicht das geringste Schuldgefühl, auch nicht, als der Mann ihn schließlich losließ und auf den schmutzigen Boden niedersank. Er wollte, dass der Kerl starb, dass er die Schmerzen spürte und dass er den Hass in den Augen seines Mörders sah.
    Wenn Gould an diese Momente zurückdachte, musste er peinlich berührt den Kopf schütteln. Was er damals getan hatte, war sehr dumm und impulsiv gewesen. Es hätte nur zu leicht schiefgehen können. Jemand hätte den Mann überwachen können, es hätte ihn jemand erkennen können, oder, noch schlimmer, der Mann hätte ihn in den Rücken schießen können, als sie zusammen auf die Gasse traten. Das alles kam ihm vor, als wäre es Jahrhunderte her, und was seine Fähigkeiten betraf, war es auch so. Damals hätte er gegen einen Mann wie Rapp nicht den Funken einer Chance gehabt, aber heute standen sie wohl annähernd auf einer Stufe, und mit dem Überraschungseffekt auf Goulds Seite sah es sehr gut für ihn aus.
     
    Das Taxi hielt vor dem Hyatt Hotel in der Innenstadt Montreals an, und Gould stieg aus. Es war 09:36 Uhr vormittags. Er blickte sich unauffällig in der Gegend um, während der Taxifahrer dem Hotelpagen seinen Koffer reichte. Gould bezahlte den Fahrer, gab dem Jungen ein Trinkgeld und folgte ihm in die Lobby. Die attraktive Frau an der Rezeption teilte ihm mit, dass sie in einer halben Stunde ein Zimmer für ihn bereit haben

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