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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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kleine Tür ein und blickte sich um. Die Kneipe verströmte eine Atmosphäre von verschüttetem Bier, Fertiggerichten und Zigarettenrauch – eine richtige Bar vom alten Schlag mit einem unverwechselbaren Flair.
    Es war kurz vor drei Uhr nachmittags, und das Lokal war nahezu leer. Am anderen Ende der Bar fand Rapp schließlich seinen Mann. Mit seiner etwas lächerlich wirkenden Frisur – er trug die noch vorhandenen Haare quer über den großteils kahlen Schädel gekämmt – und den übergroßen Ohren war er unschwer zu erkennen. Es überraschte Rapp nicht, dass der Mann mit dem Rücken zur Tür saß. Rapp ging die hölzerne Bar entlang und nickte dem Barkeeper zu, der ihn interessiert betrachtete.
    Der Senator saß auf dem letzten Hocker und las ein Buch. Rapp blieb stehen und versetzte dem klapprigen Hocker einen ordentlichen Tritt.
    Senator Hartsburg griff nach dem Tresen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, und drehte sich mit wütender Miene um. »Sind Sie noch bei Trost? Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen?«
    Na, und wenn schon , dachte Rapp. »Wir müssen reden«, sagte er.
    Hartsburgs stets mürrische Miene verfinsterte sich noch mehr. »Rufen Sie in meinem Büro an und vereinbaren Sie einen Termin«, sagte er und drehte sich wieder um.
    »Das werde ich nicht tun«, entgegnete Rapp hartnäckig. »Wir müssen jetzt reden.« Er war kein geduldiger Mensch, deshalb war er durch die ganze Stadt hierhergefahren. Irene Kennedy hatte offenbar wenig Lust auf eine Auseinandersetzung mit ihrem neuen Chef, und Rapp hatte das unangenehme Gefühl, dass sie rasch handeln mussten, wenn sie Coleman das Finanzamt noch vom Hals schaffen wollten. Es war Zeit, einen kleinen Beitrag von seinem neuen Verbündeten zu verlangen.
    Der Barkeeper trat zu ihnen. »Ist alles in Ordnung, Carl?«, fragte er.
    Bevor Hartsburg antworten konnte, sagte Rapp: »Ich nehme ein Bier.«
    Der Barkeeper sah den Senator an, um zu sehen, ob ihm das recht war. Hartsburg murmelte etwas vor sich hin und wandte sich wieder seinem Buch zu.
    »Ein Guinness, bitte«, sagte Rapp mit einem gezwungenen Lächeln.
    Der Barkeeper zögerte einen Augenblick und ging dann weg, um das Bier zu holen. Rapp blickte Hartsburg über die Schulter und fragte: »Was lesen Sie denn?«
    »Geht Sie nichts an.«
    Rapp las den Titel oben auf der Buchseite. » 1984 … George Orwell.« Das hätte er nie im Leben erwartet. »Ich bin beeindruckt.«
    »Können Sie sich sparen«, brummte Hartsburg. »Ich lese es wieder mal, damit ich besser verstehe, wie Typen wie Sie denken.«
    Rapp lachte. »Nun, wenn Sie fertig sind, müssen Sie unbedingt auch Animal Farm lesen, damit Sie auch verstehen, wie Typen wie Sie denken.«
    Der Senator klappte das Buch zu. »Also, wenn es Ihnen nichts ausmacht … Ich bin hier, um zu essen, etwas zu trinken und allein zu sein. Wenn Sie etwas von mir wollen, rufen Sie mein Büro an.«
    Rapp griff sich den Hocker neben Hartsburg. »Immer mit der Ruhe, Carl.« Er dachte sich, wenn der Barkeeper den Senator mit dem Vornamen ansprechen konnte, dann durfte er das auch. »Glauben Sie mir … es wäre Ihnen gar nicht recht, wenn ich in Ihrem Büro anriefe.« Rapp nahm seinen BlackBerry zur Hand, drückte ein paar Tasten und legte ihn auf die Bar.
    Das Gerät weckte die Aufmerksamkeit des Senators, und er schob seinen Teller zur Seite. »Was wollen Sie hier?«, fragte er. »Ich will wirklich nicht mit Ihnen in der Öffentlichkeit gesehen werden. Wie zum Teufel haben Sie mich überhaupt gefunden?«
    »Soll das ein Witz sein?«, erwiderte Rapp. Er hatte nicht vor, ihm zu verraten, dass es seine Frau war, die ihn aufgespürt hatte. Der Senator sollte lieber glauben, dass Rapp die umfangreichen Möglichkeiten der CIA in Anspruch genommen hatte.
    Hartsburg nahm einen Schluck von seinem Drink und blickte zum Fernseher hinauf. Rapp hatte nicht erwartet, dass es dem Senator so unangenehm sein würde, dass er ihn hier aufsuchte.
    »Herr Senator«, begann Rapp und beugte sich zu ihm hinüber, »Sie waren es, der unser kleines inoffizielles Treffen wollte. Sie waren es, der dieses Abkommen zwischen uns vorgeschlagen hat. Wenn Sie aussteigen wollen, dann gehe ich auf der Stelle, und glauben Sie mir, ich bin heilfroh, wenn ich Sie nie wieder zu Gesicht bekomme.«
    Einige Augenblicke herrschte peinliche Stille zwischen ihnen, ehe Hartsburg sagte: »Aber nicht hier, bitte. Hierher komme ich, wenn ich Abstand von alldem brauche.«
    Da war etwas seltsam Melancholisches

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