Der feine Unterschied
war.
Aber auch mit Ottmar Hitzfeld schaffen wir die Qualifikation für die Champions League nicht mehr. Stuttgart wird Meister vor Schalke, und den dritten Champions-League-Platz schnappt sich Werder Bremen. Wir sind schon zu weit weg von dort, wo die Musik spielt, und werden Vierter.
»Cup der Verlierer« hat Franz Beckenbauer die Europa League genannt, und das ist noch charmant gegen das Urteil von Tottenham-Manager Harry Redknapp, der zuletzt meinte, dass jeder gute Klub, der sich für die Europa League qualifiziert, schleunigst wieder rauswill, um seine Kräfte nicht zu vergeuden. Irgendwie hat er recht. Wenn am Samstag ein wichtiges Bundesligaspiel auf dem Programm steht, ist es nicht die beste Vorbereitung, am Donnerstag in Aserbaidschan gegen den FC Baku anzutreten.
Nach der unrühmlichen Saison 06/07 findet ein heftiger Austausch von Spielern beim FC Bayern statt. Roy Makaay, Hasan Salihamidzic, Roque Santa Cruz, Owen Hargreaves, Claudio Pizarro, Jens Jeremies gehen, dafür kommen Miro Klose, Franck Ribery, Luca Toni, Hamit Altintop, Ze Roberto holt man zurück.
Zum ersten Auftritt der neuen Mannschaft reisen wir nicht weit - nach Gern. Die FT ist der erste Sparringpartner der neuen Bayern, und es sind so viele Zuschauer da wie noch nie. Sie wollen die neuen Stars des FC Bayern sehen. Wir laufen uns warm, dann darf mein Papa den Anstoß machen. Wir gewinnen 18:0, ein Fest.
Genauso exzellent starten wir in die Meisterschaft — eine Bundesligasaison übrigens, in der wir nach jedem Spieltag an der Tabellenspitze stehen werden. In der Formel 1 nennt man so was Start-Ziel-Sieg.
Aber an den Donnerstagen müssen wir in der Europa Lea-gue spielen. Wir spielen gegen Os Belenenses, Crvena Zvezda, die Bolton Wanderers, Aris Saloniki, Sporting Braga, den FC Aberdeen, Anderlecht. Im Viertelfinale, gegen den Madrider Vorortklub Getafe - eine Extrastrafe, nach Madrid zu reisen, ohne im Bernabeu antreten zu dürfen —, erleben wir etwas wirklich Erstaunliches.
Wir haben in München nur 1:1 gespielt, Getafe geht in Madrid 1:1 in Führung, und Franck Ribery gleicht erst eine Minute vor Schluss aus: Verlängerung.
Oliver Kahn, der Titan, hält in der kurzen Pause nach der regulären Spielzeit eine strenge Ansprache. Konzentrieren, sagt er, kein Tor mehr kassieren, selbst eiskalt kontern und den Sack zumachen.
Haha. Zwei Minuten später kriegen wir das 1:2, wieder zwei Minuten später das 1:3. Toter als wir in diesem Spiel kann man nicht sein, aber dann macht LucaToni in der 115. Minute den Anschlusstreffer und in der Nachspielzeit der Nachspielzeit den Ausgleich. 3:3, wir sind weiter, und die schöne Party für die Ge-tafe-Fans, die schon seit einer Viertelstunde feiern, fallt ins Wasser. Wahnsinn. Eine Lehrstunde dafür, was im Fußball alles möglich ist, obwohl es eigentlich nicht möglich ist, diesmal sogar mit Happy End.
Im Halbfinale hört es dann freilich auf mit Happy Ends. Wir verlieren gegen Zenit St. Petersburg nach 1:1 im Hinspiel 0:4 und sind draußen. Aber das Gefühl ist anders als nach einer Klatsche in der Champions League. Ich möchte mir die Ansprache unserer Bosse nach einer 0:4-Niederlage im Cham-pions-League-Viertelfinale nicht vorstellen — in St. Petersburg gab es gar keine. Irgendwie waren alle froh, eine lästige Pflicht endlich erledigt zu haben, und ich denke, dieses Gefühl wäre nicht einmal nach einem Sieg im Finale wegzuleugnen gewesen.
Ich erzähle so lang von der Europa League, um klarzumachen, wie wichtig jeder einzelne Auftritt in der Champions League für uns ist. Die aufgekratzte Atmosphäre im Stadion, die späte Stunde, das Flutlicht, das Grollen des Publikums, die schönsten Stadien Europas, das Kribbeln vor dem Spiel - so macht Fußball Spaß, so geht Fußball ans Herz. Wenn sich ein Fußballspiel so ankündigt, stehen viele der besten Fußballer der Welt auf dem Platz und es geht um die Wurst: um den begehrtesten Titel und um sehr viel Geld.
Der FC Bayern hat eine große Tradition in denkwürdigen Champions-League-Auftritten, man muss nur an die Finalspiele gegen Valencia (gewonnen) und Manchester United (verloren) zurückdenken - aber diese Spiele haben in meiner Wahrnehmung vor einer Ewigkeit stattgefunden. Wichtig sind die Partien, die wir spielen - und wir spielen denkwürdige Partien, Partien, in denen es um Gedeih und Verderb geht, um alles oder nichts.
In der Saison 2009/10, als wir schließlich das Finale der Champions League erreichen, sind wir so oft schon
Weitere Kostenlose Bücher