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Der feine Unterschied

Titel: Der feine Unterschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philpp Lahm
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wie es bei mir im Wohnzimmer aussieht.
    Bei Interviews über mein Privatleben bin ich in gewissen Grenzen großzügiger. Prominenz verpflichtet eben auch. Es gibt viele Menschen, die sich für Fußball interessieren. Sie geben viel Geld dafür aus, ins Stadion zu kommen oder ihren Kindern T-Shirts des FC Bayern oder der Nationalmannschaft zu kaufen, und ich glaube, dass sie ein gewisses Anrecht darauf
    haben, auch die privaten Seiten ihrer Fußballstars kennenlernen zu können.
    Aber auch hier will ich bestimmen, wie viel ich preisgebe. Bevor Claudia und ich der »Bunten« ein großes Interview zur Hochzeit geben, besprechen wir penibel, was wir erzählen wollen und was nicht.
    Prominenz verpflichtet, schon wahr. Aber nicht zu einem Leben ganz ohne Privatheit.

    16. Kapitel
    EIN TRAUM IST KEIN ZIEL
    Was ein Spitzenfußballer heute können muss
    Talent und Spaß - wie du dich gegen Konkurrenz durchsetzt- warum du keine Schwäche zeigen darfst — der Wert deines Umfelds — wie Leistung und Respekt Zusammenhängen - wie du lernst, öffentlich aufzutreten — wie du deine Leistung richtig bewertest— wie du deine Ziele richtig steckst
    Am Anfang steht das Talent. Ohne Begabung wirst du nicht Fußballer. Deine Begabung ermöglicht es dir, Spaß am Fußball zu haben, und ohne diesen Spaß wirst du auch nicht auf die Idee kommen, eine Karriere als Fußballer einzuschlagen. Ich kann über jedes einzelne Jahr, in dem ich Fußball gespielt habe, sagen, dass ich auf dem Platz Spaß hatte. Über jedes.
    Die Begleitumstände Reisen, Interviews, Besprechungen, Geschäftstermine waren manchmal anstrengend und mühsam. Aber das Kicken selbst macht immer Spaß, egal ob es ein Trainingsspiel an der Säbener Straße ist, Soccer five in der Halle mit meinem Papa oder ein WM-Halbfinale in Südafrika. Der Spaß am Spiel steht immer im Mittelpunkt. Der Spaß ist so was wie das spirituelle Zentrum meines Berufs. Immer wenn mir das Rundherum lästig ist, gehe ich auf den Platz und habe Spaß mit dem Ball und den Jungs. Dann bin ich glücklich und zutiefst dankbar, dass ich einen Beruf habe, der mir täglich so viel Freude macht.
    Der Spaß ist deshalb so wichtig, weil er die Grundlage für alles andere ist. Sonst könntest du die Disziplin, die es braucht, um Fußballprofi zu sein, nicht aufbringen. Kaum jemand muss mit so strengen Regeln leben wie wir Profis: pünktliche Bettruhe, vernünftige Ernährung, nie über die Stränge schlagen, stets die Gebote des Trainers im Ohr. Und trainieren, trainieren, trainieren.
    Fußball geht immer vor. Das ist vielleicht für einen achtjährigen Jungen nicht schwer, aber wenn du als erwachsener Mensch die Anweisung deines Trainers bekommst, um halb elf das Licht abzudrehen und zu schlafen, dann fragst du dich manchmal schon, auf was für einen Beruf du dich eingelassen hast. Diese Frage ist automatisch beantwortet, wenn du am nächsten Tag ausgeschlafen auf dem Platz stehst und Fußball spielen darfst.
    Der Spaß am Kicken entspringt deiner Begabung und wird durch deinen Ehrgeiz veredelt. Nur wer ehrgeizig genug ist, arbeitet so intensiv an der eigenen Entwicklung, dass er irgendwann daran denken kann, Profi zu werden. Du musst deine eigenen Stärken kennen, und du musst täglich an ihnen arbeiten. Nur so entwickelst du deine spezifische Begabung, bis du als Fußballer ein Niveau erreichst, das ein Profi haben muss.
    Je besser die Spieler, mit denen du spielst, desto stärker musst du selbst sein. Stark genug zum Beispiel, um Kritik auszuhalten. Kompetente Kritik ist der Ausgangspunkt dafür, dass ein Spieler sich verbessert - kein Spieler wird aus sich selbst heraus besser, oder sagen wir: nur sehr wenige. Das geschulte Auge des Trainers aber sieht, was der Spieler richtig, was er falsch macht, und seine Korrekturen helfen dir dabei, das Spielfeld neu sehen zu lernen, Zusammenhänge zu erkennen, deine Position auf dem Feld zu finden.
    Fußball ist permanente Konkurrenz. Konkurrenz mit anderen Mannschaften, klar, aber vor allem auch in der eigenen Mannschaft. Wer darf am Wochenende spielen? Wen stellt der Trainer auf? Wen stellt der Trainer auf welcher Position auf? Darfst du auf der Position spielen, auf der du dich selbst am wohlsten fühlst? Wo deine Qualitäten am besten zur Geltung kommen? Oder erwächst dir in einem Mitspieler, der sich plötzlich erstaunlich entwickelt, ein Konkurrent? Was kann er besser als du? Was kannst du besser als er?
    In einer Zeit, in der diese Fragen noch nicht

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