Der feine Unterschied
sollten realistisch sein. Es hat keinen Wert, sich die Latte so hoch zu legen, dass man zwangsläufig darunter durchspringt. Wenn ein Ziel aber realistisch ist, also in Reichweite, musst du mit aller Konsequenz daran arbeiten.
Wenn es in meiner Karriere ein strategisches Element gibt, dann ist es mein gesunder Realismus. Als ich beim FC Bayern in der U11 spielte, war es mein Ziel, nächstes Jahr in der U12 spielen zu dürfen. Als ich in der U17 spielte, wollte ich zu den Amateuren kommen. Als ich bei den Amateuren spielte, war das Ziel sowieso klar: ich wollte Profi werden. Aber ich nahm mir nicht automatisch vor, Profi beim FC Bayern zu werden - das blieb fürs Erste ein Traum. Als ich dann Profi beim VfB Stuttgart wurde, war ich hochzufrieden und nahm mir als nächstes Ziel vor, den FC Bayern davon zu überzeugen, mich nach München zurückzuholen.
Aber ich erlebte am eigenen Leib, dass nicht jedes Ziel ohne Umwege zu erreichen ist. Als ich mich verletzte, musste ich mich über jede Menge Zwischenziele wieder zurück in die Mannschaft kämpfen, und es dauerte viel länger, als ich gedacht hatte, wieder reif für die Bundesliga zu sein. Zu große Ziele hätten mich in dieser Zeit bestimmt demoralisiert. Aber mit dem System, immer zuerst den einen und erst dann den nächsten Schritt zu gehen, holte ich mir Belohnung, Motivation und Sicherheit.
Man muss zwischen Zielen und Träumen jederzeit unterscheiden können. Natürlich war es auch schon in der U12 mein Traum, einmal Profi zu werden. Es war auch ein Traum, irgendwann einmal in der Nationalmannschaft zu spielen, wobei die Geschwindigkeit, mit der dieser Traum wahr wurde, so groß war, dass ich mir das Ziel, Nationalspieler zu werden, noch gar nicht konkret gesetzt hatte.
So war meine Strategie, als ich ein Junge war, und sie ist die gleiche geblieben.
Ich träume noch immer davon, mit Deutschland Weltmeister zu werden. Ich träume davon, mit Deutschland Europameister zu werden. Aber es ist mein erklärtes Ziel, mit dem FC Bayern in dieser Saison die Deutsche Meisterschaft zu gewinnen.
Das Finale der Champions League wird übrigens im nächsten Frühjahr in München ausgetragen.
Der Traum, ein Ziel.
EPILOG
Ich bin 27 Jahre alt, man sagt: im besten Fußballalter. Meine Karriere wird vielleicht noch fünf, vielleicht noch sieben Jahre dauern, wenn ich Glück habe und von schweren Verletzungen verschont bleibe. Wenn ich mir also Ziele setze, die ich als Fußballer erreichen möchte, müssen sie nicht irgendwann verwirklicht werden, sondern - wie sagt Jogi Löw so gern? - »zeitnah«.
Was meine Zukunft beim Verein betrifft, ist die wichtigste Entscheidung getroffen. Ich werde meine besten Jahre als Fußballer beim FC Bayern verbringen. Ich habe einen langfristigen Vertrag unterschrieben, und dafür gibt es gute Gründe. Der FC Bayern ist mein Heimat- und mein Herzverein. Mit dem FC Bayern habe ich in Deutschland schon alle Titel gewonnen. Der FC Bayern ist der einzige deutsche Verein, der die Champions League gewinnen kann, und das ist mein deklariertes Ziel.
Aber es ist nicht einfach, die Champions League zu gewinnen. Dass man sich auch mit unlimitiertem Budget nicht den Champions-League-Titel kaufen kann, hat der FC Chelsea vorgemacht, wo selbst aus der Kombination von außerordentlichen Einzelspielern und einem der besten Trainer der Welt kein Titel resultierte.
Niemand kann sich einen Titel kaufen. Aber man kann die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Mannschaft, konkurrenzfähig ist. Ob man dann im entscheidenden Spiel im Elfmeterschießen gewinnt oder verliert, ist am Ende keine Frage des Budgets und der Planung mehr, zum Glück.
Ein Team, das die Champions League gewinnen kann, muss aus einer sehr speziellen Gemengelage entstehen. Es braucht den richtigen Trainer, der mit den Spielern, die ihm zur Verfügung stehen, das richtige Spielsystem entwickelt.
Es braucht viel Fingerspitzengefühl, bis eine Mannschaft das System spielen kann, das ihr passt wie ein Anzug. Es braucht die fachliche und persönliche Autorität des Trainers, aber auch seine Bereitschaft zum Dialog mit den Führungsspielern, die genauso ihre Qualitäten und ihren Charakter in die Waagschale werfen müssen. Das beste System funktioniert nur, wenn es ständig weiterentwickelt und verbessert wird, wenn es locker genug ist, um die Individualisten nicht zu behindern, aber streng genug, um der Mannschaft ein gemeinsames Denken plausibel zu machen. Das muss von der
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