Der ferne Spiegel
zurückkehren. Mit seiner Frau und seinem Sohn Richard kehrte er nach Hause zurück und führte noch sechs Jahre lang das Leben eines hilflosen Invaliden. Da Frankreich nun die Initiative ergriffen hatte, beschränkten
die englischen Heerführer sich auf defensive Maßnahmen. Das Ziel von Sir Robert Knollys wildem Raubzug durch Nordfrankreich im Jahre 1370 war es, soviel Schaden und Verwüstung wie möglich anzurichten, um die französischen Kriegsanstrengungen zu schwächen und französische Truppen von Aquitanien fernzuhalten. Seine Truppen waren nicht in der Lage, befestigte Städte oder Burgen zu erobern, aber sie konnten Dörfer niederbrennen und Felder verwüsten. Da es ihnen nicht gelang, die Franzosen zur offenen Schlacht zu provozieren, wurden Knollys Ritter unruhig und undiszipliniert, dennoch stellten sie für Paris eine Bedrohung dar, die dazu führte, daß König Karl V. Du Guesclin nach Paris rief und ihn zum Constable ernannte.
Bertrand Du Guesclin war bereits viermal vom Feind gefangengenommen worden, und das verweist eigentlich auf einen entweder bedenkenlosen oder unfähigen Krieger, aber der neue Constable war im Gegenteil vorsichtig und gerissen. Er glaubte fest an eine Ermüdungsstrategie, die das feindliche Heer durch Entbehrungen schließlich zur Aufgabe zwingen sollte, und aus diesem Grund fiel Karls Wahl auf ihn. Seine erste Maßnahme als Constable war ein persönlicher Pakt mit einem gefürchteten Landsmann, dem einäugigen Bretonen Olivier de Clisson, genannt »der Schlachter«, weil er in der Schlacht seinen Feinden häufig Arme und Beine abschlug. Seine bretonische Kompanie verfolgte und störte Knollys Heer, und als sich dieses durch den Abfall unzufriedener Ritter teilte, schlug sie Knollys Resttruppen an der unteren Loire. Du Guesclins Einheiten zogen durchs Land und bissen hier und dort zu, bestachen und kauften auch englische Hauptleute, die zu stark erschienen, um sie zu besiegen, und befreiten so Stück um Stück die abgetretenen Territorien. [Ref 216]
Ein entscheidender Vorteil wurde im Juni 1372 von den Kastiliern auf See erfochten, als sie einen englischen Konvoi vor La Rochelle vernichteten. Die englischen Schiffe sollten Männer und Pferde bringen, um die Truppen in Aquitanien zu verstärken, und – was kritischer war – 20 000 Pfund Sold, angeblich genug, um dreitausend Reiter ein Jahr lang zu bezahlen. Durch seine Spione von dem englischen Konvoi unterrichtet, rief Karl V. König Heinrich II. von Taramastra auf, seiner Bündnispflicht nachzukommen. Die kastilischen
Galeonen von etwa 200 Tonnen wurden von 180 Rudern angetrieben, an denen freie Männer, nicht etwa angekettete Verbrecher saßen. Sie waren sehr viel wendiger als die englischen Rahsegler, die nicht kreuzen, sondern nur vor dem Wind segeln konnten. Die kastilischen Schiffe rammten die Engländer, besprühten die englische Takelage und die Decks mit Öl, das sie dann mit Pfeilen in Brand schossen. Von Mastkörben aus, die sehr viel höher lagen als auf den englischen Kauffahrteischiffen, warfen sie Steine auf die englischen Bogenschützen. In einer zwei Tage dauernden Seeschlacht wurden die englischen Schiffe verbrannt, in die Flucht getrieben oder versenkt. Auch das Fahrzeug, das den Sold trug, sank auf den Grund des Meeres.
Der Verlust des Geldes schwächte Englands Stellung in Aquitanien schwer. Die kastilische Seehoheit gefährdete die Verbindungen zwischen London und Bordeaux und – was schlimmer war – öffnete den Franzosen den Weg zu Überfällen an der englischen Küste. Diese Absicht bestimmte König Karls Plan, in Rouen Werften und einen Seehafen aufzubauen, aus dem auch die größten Schiffe mit dem Tidenhub die Seine hinunter auslaufen konnten. König Eduard, inzwischen sechzig Jahre, zog es vor, nach Frankreich zu gehen, statt den Angriff in England abzuwarten. Er entschloß sich, »mit solcher Macht hinüberzufahren, daß er die Schlacht mit ganz Frankreich suchen könnte«.
Er ließ mit den üblichen Maßnahmen der Beschlagnahmung von Kauffahrteischiffen samt Kapitänen und Mannschaften eine Flotte zusammenstellen, nahm den kranken Schwarzen Prinzen und Johann von Gaunt mit sich und segelte mit einer großen Streitmacht Ende August 1372 los. Aber er wurde vom Wetter besiegt – ungünstige Winde, die neun Wochen lang anhielten, warfen die Flotte immer wieder zurück oder zwangen sie in Häfen, so daß es schließlich zu spät wurde, noch vor dem Winter die Überfahrt zu riskieren. Auf Kosten
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