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Der ferne Spiegel

Der ferne Spiegel

Titel: Der ferne Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Tuchman
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Aktes als die Lords Appellant bekannt wurden. Als sie einen Regierungsausschuß unter Gloucester ernannten und ihn mit Vollmachten als Regent ausstatteten, versammelten Richard und Oxford eine Armee, um die königliche Souveränität mit Waffengewalt zu behaupten. In der sogenannten Schlacht auf der Radcot-Brücke kam es dann zur Konfrontation. Als Oxford sich überlegenen Truppen gegenübersah, floh er, sprang, nachdem er Teile seiner Rüstung abgelegt hatte, mit dem Pferd in den Fluß und galoppierte auf der anderen
Seite in die Dämmerung davon. Er nahm ein Schiff nach Flandern, wo er vorsichtigerweise bei lombardischen Bankiers in Brügge große Geldsummen deponiert hatte.
    Einen Monat später, im Februar 1388, erhoben die Lords in einer Sitzung, die als das Gnadenlose Parlament bekannt wurde, gegen Oxford und den Kanzler, Michael de la Pole, Graf von Suffolk, der auch geflohen war, die Anklage des Verrats. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, gegen den König konspiriert und geplant zu haben, seine Ratgeber auszuschalten, den Herzog von Gloucester zu ermorden, die Krone dadurch auszuplündern, daß sie in ihre eigenen Taschen und in die ihrer Verwandtschaft wirtschafteten, das Parlament zu übergehen und Calais dem französischen König als Gegenleistung für Hilfe gegen ihre inländischen Feinde anzubieten. Das Parlament verurteilte Oxford und Suffolk daraufhin zum Tod durch Erhängen. Dies geschah in Abwesenheit der Angeklagten; drei andere, die nicht entkommen waren, der Oberste Richter, der Bürgermeister von London und Richards früherer Erzieher, Sir Simon Burley, wurden hingerichtet. Richard blieb allein zurück, erniedrigt und des Freundes beraubt, den er lebend nie wieder sehen sollte. Aber einen König zu demütigen und ihn auf dem Thron zu belassen, hat seine Gefahren. Richard sollte seine Rache haben.
    Gegen Coucys heftigen Widerstand wurde Oxford noch im selben Jahr nach Frankreich eingeladen, weil man glaubte, daß es nützlich sei, von ihm über den neuesten Stand der Auseinandersetzungen am englischen Königshof informiert zu werden. Außerdem ist nicht auszuschließen, daß Oxford vielleicht wirklich die Übergabe von Calais angeboten hatte. So mußte sich Coucy der Einladung beugen, obwohl er Oxford »von ganzem Herzen haßte«. Oxford kam, wurde empfangen und gut behandelt, bis sich Coucy mit Hilfe von Clisson, Rivière und Mercier beim König durchgesetzt hatte und der Entehrer seiner Tochter aus Frankreich vertrieben wurde. In Brabant fand sich dann schließlich ein Wohnsitz für Oxford, wo er 1392 dreißigjährig bei einer Wildschweinjagd ums Leben kam. König Richard II. ließ den Leichnam nach England überführen, und während einer prunkvollen, einsamen Trauerfeier steckte er einen Ring an den toten Finger des großen Unruhestifters,
während er das einbalsamierte Antlitz lange und traurig ansah. In der Zwischenzeit war die Scheidung annulliert worden, und Philippa blieb die rechtmäßige Gräfin von Oxford.
    In dieser Zeit gewährte Karl VI. Coucy eine Schenkung, die die Narben, die Pest und Krieg in den letzten zwanzig Jahren hinterlassen hatten, deutlich macht. Im November 1388 wurde er zum Grand Bouteilleur (Haushofmeister) von Frankreich ernannt, was dem Amt des obersten Seneschalls oder Kämmerers der Krone entsprach. Gleichzeitig wurde ihm das Recht verliehen, jährlich zwei dreitägige Märkte abzuhalten, auf denen alle Handelswaren steuerfrei verkauft werden durften. Die Urkunde besagt, daß die Stadt von Coucy dreimal »von unheilvollen Feuern getroffen wurde, die sich in der gesamten Stadt aufgrund des Mangels an Arbeitern verbreiteten, denn während des großen Sterbens waren viele umgekommen. Außerdem sind die Einwohner und die Gemeinde der erwähnten Stadt, Burg und Ländereien von Coucy durch die vorangegangenen Kriege so verarmt und an Menschen, Häusern, Pacht, Einkünften und allen anderen Gütern so vermindert, daß zu befürchten ist, daß die besagte Stadt verlassen und unbewohnbar wird und damit die Weingärten, Felder und Äcker verwildern.« [Ref 344]
    Die Absicht dieses Gnadenerweises liegt klar auf der Hand. Er war das Ergebnis der Inspektion der Baronie durch den König im Jahr zuvor und sollte im Interesse des Königs genauso wie Coucys selbst dazu beitragen, einer so entscheidenden Domäne wieder zur Gesundheit zu verhelfen. In der Urkunde wurde die Baronie als »Grenze und Schlüssel« des Königreichs bezeichnet, deren Grenzen bis Flandern und zum

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