Der Fetisch-Mörder
etwas ein. »Der Nagellack gehört seiner Mutter.«
»Wir wissen nicht, ob er sie sich wirklich geschnappt hat«, meinte Jimmy, der das Gesicht seines Partners aufmerksam musterte. »Vielleicht ist er einfach abgehauen.«
»Er hat sie sich nicht geschnappt? Das glaubst du doch wohl nicht im Ernst!«
»Skata! Tut mir Leid, Kumpel. Das sind nur die Fakten. Du nimmst an, dass er sie hat. Aber wissen tun wir es nicht.« Jimmys schwarzes Haar war völlig zerzaust, und seine dunkle Haut wirkte blass. »Kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen?«, flüsterte er.
Andy nickte und folgte Jimmy aus Eds Schlafzimmer in das kleine Bad. Es war ebenfalls sauber und der einzige Ort, wo es nicht von Polizisten wimmelte, die Plastikbeutel mit sichergestelltem Beweismaterial abtransportierten. Andy wollte das Bad ebenfalls auf der Stelle durchsuchen lassen, doch Jimmy hob seinen Mund an sein Ohr und sagte leise: »Dieser Verrückte ist verdammt durchgeknallt. Ich schätze, er ist besessen von dir. Er hat deine Frau umgebracht und es darauf angelegt, dir den Mord anzuhängen. Bestimmt hat er ein kleines Andenken oder etwas in der Art mitgehen lassen. Wenn wir es finden, kann es helfen, dich zu entlasten.«
Dafür hatte Andy jetzt keine Zeit. Er musste Ed davon abhalten, erneut zu morden.
»Und falls es darauf hinauslaufen sollte«, fuhr Jimmy fort, »dass wir nichts finden …« Er zog einen kleinen Beutel aus der Tasche und zeigte darauf. Der Beutel enthielt einen wohl bekannten goldenen Ehering.
Seine Augen wurden groß.
Da sich Schritte näherten, ließ Jimmy den Beutel schnell wieder in seiner Tasche verschwinden. Inspector Kelley ging am Bad vorbei und blieb stehen.
»Inspector …« Andy brach der Schweiß aus.
»Flynn, man hat mich informiert, dass Sie hier sind. Ich habe Sie vor einer Woche von dem Fall abgezogen, und der Tod Ihrer Frau sollte Grund genug für Sie sein, sich an meine Anweisung zu halten.« Er machte eine Pause. »Haben Sie eine Waffe?«
»Äh, ja, Sir.« Die Frage überraschte ihn. »Jimmys .40 Smith and Wesson.«
»Ich habe Ihnen Ihre Glock mitgebracht.« Kelley reichte ihm seine Glock, Modell 17.
»Danke, Sir«, entgegnete Andy und bemühte sich, nicht verblüfft zu klingen.
»Ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse. Wir reden später darüber.«
»Jawohl, Sir.«
Kelley sah ihn mit festen Augen an. »Nehmen Sie sich in Acht«, warnte er ihn. »Dieser verdammte Fall könnte Ihnen das Genick brechen. Ich halte es nicht für klug, wenn Sie sich hier länger herumtreiben. Wir halten Sie auf dem Laufenden.«
Damit verschwand Kelley in Eds Schlafzimmer. Der Inspector ließ ihn nicht an vorderster Front mitmischen, aber er hatte ihn auch nicht hinausgeworfen. Andy wusste, dass er mit äußerster Vorsicht vorgehen musste.
In dem stinkenden Flur wurde wild durcheinander geredet. Weitere Beamte waren eingetroffen. Andy hörte jemanden sagen: »Glaubst du an Zahlenkunde? Weißt du, was Achtzehn bedeutet? 6-6-6.«
Dann hörte er jemanden laut aus Eds Schlafzimmer rufen. »Hey, ich hab was gefunden!« Der Ruf kam von Hunt, der zur Hälfte in Eds Schrank verschwunden war und die Zeitschriftensammlung unter die Lupe nahm.
Andy stürzte in das Zimmer, wobei er vergeblich versuchte, nach außen hin ruhig zu wirken. Wo hat er Makedde hingebracht? Dann war plötzlich Inspector Kelley vor ihm und versperrte ihm den Weg.
»Was?«, rief Andy.
»Sie sollten nicht hier sein.« Inspector Kelley packte ihn fest an den Schultern. An Kelleys großer Gestalt vorbei erhaschte er einen Blick auf Hunt. Der Constable starrte völlig ausdruckslos ins Leere, alles Blut war aus seinem Gesicht gewichen. Er wich rasch Andys Blick aus, wandte sich ab und hielt sich instinktiv eine Hand vor den Mund, um den Brechreiz zu unterdrücken.
Der Wohnblock in Redfern war von durch die Nachtluft zuckenden Lichtblitzen erleuchtet, wie eine Tanzfläche. Vor dem Haus schwärmten Fotografen und Fernsehteams und versuchten auf der Jagd nach einer Exklusiv-Story verzweifelt, hinter die Absperrung zu gelangen. Über ihnen kreiste der Helikopter eines Nachrichtensenders. Andy beobachtete das Chaos aus seinem Auto, das etwas weiter unten an der Straße geparkt war. Inspector Kelley hatte jemanden geschickt, um seinen Wagen zu holen – eine weitere Art, ihm mitzuteilen, dass er nach Hause fahren solle.
Zwischen den Seiten von Eds FETISH -Sammlung waren über hundert Polaroid-Fotos gefunden worden. Brüste. Rümpfe. Füße. Körperteile.
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