Der Fetisch-Mörder
gerade mit solchem Vergnügen zu demonstrieren versucht haben. Mein Vater war Detective Inspector, und …«
»Ach, tatsächlich?« Sie glaubte in seinen Augen einen Anflug von Interesse zu erkennen. »Und jetzt ist er pensioniert?«
»Ja, aber darum geht es nicht. Ich habe Sie nicht um eine Lektion in Obduktionsmethodik gebeten. Ich möchte lediglich klarstellen, dass ich die Leiche eindeutig identifizieren konnte. Und jetzt zu meinem eigentlichen Anliegen: Ich glaube, ich habe Informationen für Sie, die für Ihre Ermittlungen von entscheidender Bedeutung sein könnten.« Flynn beugte sich ein Stück vor. Endlich schien er ihr seine volle Aufmerksamkeit zu widmen. Was sollte sie sagen? Vielleicht war Catherines geheimnisvoller Liebhaber ja nichts weiter als ein ganz gewöhnlicher Ehebrecher.
»Catherine Gerber hatte eine Affäre«, begann sie. »Eine, die sie geheim zu halten geschworen hatte.«
Detective Flynn beugte sich noch weiter vor. Eine derartige Intensität ging von ihm aus, dass sie es ein wenig mit der Angst zu tun bekam, vor allem, wenn sie sich vorstellte, wie er den Stuhl gegen die Wand geschmettert hatte. Unauffällig schob sie ihren Stuhl ein paar Zentimeter zurück.
Sie schluckte einmal schwer. »Catherine hat mir vor etwa einem Jahr zum ersten Mal von dieser Affäre erzählt. Nicht dass sie irgendwelche Details preisgegeben hätte – sie hat lediglich fallen lassen, dass der Mann älter sei als sie, und außerdem reich und mächtig. Da sie ja selber erst neunzehn war, gehe ich davon aus, dass er um einiges älter war. Außerdem glaube ich, dass er verheiratet war. Jedenfalls haben sie die ganze Geschichte streng geheim gehalten.«
Flynn hatte sich wieder ein Stück zurückgelehnt. Seine Körpersprache ließ deutlich erkennen, dass er mehr erwartet hatte.
»Gut, wir werden der Sache nachgehen.« Er bedachte sie mit einem herablassenden, starren Lächeln. »Haben Sie mir sonst noch etwas zu sagen?«
Makedde konnte kaum fassen, dass sie so abgespeist wurde. Sie blieb sitzen, musterte ihn noch ein paar Sekunden und versuchte zu analysieren, wie er die Dinge sah.
Ich hätte warten sollen, bis ich mehr in der Hand habe; einen Namen, Daten, Orte, an denen sie sich getroffen haben.
Sie fühlte sich gedrängt, das unangenehme Schweigen zu brechen. »Ich weiß nicht, warum ich geglaubt habe, das würde Sie interessieren. Aber Sie haben mich schließlich selbst aufgefordert, mich an Sie zu wenden, wenn …«
»Es interessiert mich ja. Es interessiert mich insofern, als jegliche Information wichtig ist. Selbst ein auf den ersten Blick vollkommen unbedeutendes Detail kann dazu beitragen, das große Ganze zu erkennen.«
»Unbedeutend?«, wiederholte Makedde ungläubig. Sie wusste, dass sie einfach gehen sollte, dass es nichts brachte, mit ihm zu diskutieren, doch sie konnte sich nicht zurückhalten. »Darf ich Ihnen vielleicht kurz ein mögliches Szenario vor Augen führen, damit Sie noch einmal darüber nachdenken, wie unbedeutend diese Information ist? Nehmen wir mal an, der Mann ist verheiratet. Und nehmen wir ferner an, dass für ihn mehr auf dem Spiel steht als nur seine Ehe … vielleicht ist er Politiker oder sonst irgendjemand Hochkarätiges. Und dann bekomme ich diese Briefe hier.« Sie schob ihm die ordentlich gefaltete Korrespondenz hin. »Catherine schreibt mir darin: ›Es wird nicht mehr lange ein Geheimnis bleiben.‹ Was ist, wenn sie ihm das gesagt hat? Wenn sie gedroht hat, das Geheimnis zu lüften? Wäre das nicht vielleicht ein Mordmotiv?«
Detective Flynn erhob sich mit unbewegter Miene. Dass er ihr nicht einmal antwortete, brachte Makedde noch mehr auf die Palme. Er wandte ihr den Rücken zu und ging zu dem großen Spiegel hinüber. Wahrscheinlich verdrehte er für seine Kollegen die Augen. Sie empfand eine Mischung aus Wut und Erniedrigung. Offenbar hatte sie ihre Zeit verschwendet.
»Miss Vanderwall, wir gehen nicht davon aus, dass es sich um einen einzelnen Rachemord handelt. Ob Sie es glauben oder nicht, wir glauben, dass der Kerl, den wir suchen, diese Verbrechen begeht, weil es ihm Freude macht. Ich danke Ihnen nochmals für die Information, und nun überlassen Sie alles Weitere den Profis.«
»Heißt das, Sie haben einen Verdächtigen?« fragte sie überraschend ruhig. »Jemanden, auf den Sie sich schon eingeschossen haben?« Und der alle anderen ausschließt? Oh, es tut mir ja so Leid, dass ich Ihre Ermittlung mit einer neuen Spur zu verkomplizieren drohe,
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