Der Fetisch-Mörder
Hüften quoll aus dem winzigen Korsett hervor. Ihr eingeschnürter und verrenkter Körper schien sich in einem verzweifelten, stillen Kampf gegen die ihn einzwängenden Fesseln zu wehren. Auf Makedde wirkte das Foto nicht erregend, sondern eher beängstigend. Mit ein bisschen Bondage hatte sie keine Probleme. Doch diese aufdringliche Zurschaustellung absichtlich zugefügten Schmerzes fand sie einfach nur abstoßend.
Sadistische Fantasien. Wie weit geht er im richtigen Leben?
»Raffiniert, wie du die Bilder entwickelt hast«, stellte sie vage fest. »Die Sepia- und Tabaktöne schaffen eine außergewöhnliche Stimmung …«
»Danke«, entgegnete Tony stolz. »Ich dachte, so bringe ich die Struktur des Leders am besten zur Geltung.« Er lallte ein wenig, sagte ›Stuktur‹ statt ›Struktur‹ und machte sich nicht die Mühe, sich zu verbessern.
Offenbar hatte die Polizei gute Gründe, Tony ins Visier zu nehmen. Er war es gewesen, der La Perouse als Location für das Shooting ausgewählt hatte, und möglicherweise wusste er auch, dass Makedde und Catherine befreundet gewesen waren. Ganz offenkundig hatte er eine Vorliebe für abnormale sexuelle Praktiken. Sie musste mehr über ihn herausfinden.
Auch die übrigen, kunstvoll in Szene gesetzten Fotos der Ausstellung zeigten Fesselszenen, Dominapraktiken und sadomasochistischen Sex. Als sie alle gesehen hatte, ließ sie sich mit Tony an einem Tisch nieder. Mit einem neuen Bier in der Hand verkündete er laut, dass die Polizei »Kunst nicht einmal dann erkennen würde, wenn sie ihnen das Hosenbein hochkriecht und sie in die Eier beißt«.
»Sag mal, Tony«, wagte Mak sich beiläufig vor, »du hast dich doch mit einem Polizisten gestritten, als Catherine gefunden wurde. Ich erinnere mich, dass er deine Kamera in der Hand hatte. Worum ging es da eigentlich?«
»Dieses Arschloch! Detective Wynn …«
»Flynn?«
»Ja, genau. Dieser Wichser hat all meine Filme von dem Shooting als Beweismaterial eingesackt. Der Auftraggeber hat vor Wut geschäumt.«
»Das gibt’s doch nicht! Was will er denn mit den Filmen?«
Tony war offensichtlich immer noch fuchsteufelswild. »Keine Scheißahnung. Was für ein aufgeblasenes Arschloch!« Sein Gesicht zuckte beim Sprechen.
Was verheimlichst du, Tony?
»Sitzt dir die Polizei immer noch im Nacken?«
»Ja.« Er wechselte abrupt das Thema. »Du bist aus Kanada, eh?«
»Eh. Volltreffer.« Hätte sie jedes Mal einen Dollar kassiert, wenn jemand in ihrer Gegenwart einen Witz über einen kanadischen Ausdruck riss, wäre sie längst steinreich. »Hast du Catherine häufiger gesehen, bevor sie … vor ihrem Tod?«
»Nein. Bist du allein hier?«
Makedde hatte es kommen sehen.
»Allein«, antwortete sie ehrlich.
»Hmm«, murmelte er. Sie sah, wie es in seinem angetrunkenen Hirn langsam Klick machte. »Hast du Interesse an einem Probeshooting? Wir könnten machen, was du willst – Kopf aufnahmen, Körperaufnahmen, wozu du Lust hast.«
»Nein, danke. Ich habe im Augenblick genug gute Fotos in meinem Portfolio. Trotzdem, vielen Dank.« Sie schob ihren Stuhl zurück. »Ich glaube, ich muss jetzt los. Ich … ich habe morgen ein Shooting – ganz früh.«
»Wollen wir uns ein anderes Mal treffen? Vielleicht …«
»Ich bin bereits liiert«, fiel sie ihm schnell ins Wort.
Mit mir selbst.
»Wir könnten doch mal einen Kaffee zusammen trinken oder so«, drängte er weiter.
»Nein, danke!«, wiederholte sie im Gehen.
Hinter sich hörte sie ihn rufen: »Verdammt noch mal, ich hab die blöde Zicke nicht umgebracht!«
Makedde drehte sich um, sah ihn scharf an und fauchte: »Ich gehe jetzt!« Sie bahnte sich erneut einen Weg durch die tanzende Menge. Hinter sich hörte sie Tony brüllen: »Tut mir Leid, Macayly! Ich hab’s nicht so gemeint! Entschuldigung!«
»Ich heiße Makedde, du Arsch!«, murmelte sie und schob sich durch die wippende Masse. »Ma-kay-dee.«
Sie stürmte hinaus und sog die frische klare Nachtluft ein. Der kalte Wind, der durch die Straße fegte, war eine angenehme Abkühlung. Sie schüttelte den Kopf und winkte das nächste Taxi heran. Innerhalb weniger als einer Stunde hatte Tony es geschafft, sich auf Makeddes ständig länger werdender ›Arschlochliste‹ auf Platz eins zu katapultieren.
Um kurz nach zwei hielt das Taxi vor dem Häuserblock auf der Campbell Parade. Makedde gab dem Fahrer ein Trinkgeld und hievte sich aus dem Wagen. Sie grübelte immer noch über Tonys flapsige Bemerkung nach, doch sie war
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