Der Feuergott der Marranen
Wir wollen gut sein!”
„Dann müßt ihr in den Tigerwald fliehen und dort in tiefen Schluchten abwarten, bis
Urfins Macht zu Ende ist. Ich, die Gebieterin des Landes, verspreche euch, daß ihr nicht
lange werdet warten müssen.”
Grinsend stapften die Holzköpfe dem Tigerwald zu. Urfins Hoffnungen brachen
zusammen. Nur unter den ehemaligen Polizisten fanden sich etliche, denen es einerlei
war, wem sie gehorchten, und die in Urfins Dienste traten.
DIE NÜSSE DES NUCH-NUCH-BAUMS
Als die Stadt gefallen war, strömten die Springer in die Häuser und Geschäfte und in
den Palast. Alles rief bei ihnen Staunen und Begeisterung hervor. Lachend rissen die
Soldaten den Bürgern die grünen Brillen von den Nasen und setzten sie sich auf. Wie
staunten sie aber erst, als plötzlich alles ringsum grün wurde!
Über die Smaragde zwischen den Pflastersteinen und in den Dächern und Wänden der
Häuser wunderten sie sich nicht, denn Smaragde gab es ja auch in den Bergen ihrer
Heimat. Dafür aber starrten sie mit offenen Mäulern die Häuser an, deren Dächer sich
oben fast berührten, und die prächtigen Zimmer mit den weichen Teppichen und
schönen Möbeln. Beim Anblick dieser Herrlichkeiten gingen den
Strohhüttenbewohnern die Augen über.
„Jetzt haben sich die großherzigen Versprechungen des Feuergottes erfüllt!” jubelten
die Marranen. Brüllend stürzten sie in die Häuser der reichen Handwerker und
Kaufleute und jagten die Einwohner auf die Straße. Jammernd verließen diese die Insel.
Jetzt sehnten sie sich sogar nach der Zeit zurück, da Urfin mit seinen Holzköpfen die
Stadt zum erstenmal erobert hatte. Die Holzköpfe hatten wenigstens fremdes Eigentum
nicht geraubt, denn sie brauchten weder ein Dach, noch Essen, noch Kleidung. Zwar
hatte Urfin den Bürgern schwere Steuern auferlegt, aber aus den Häusern hatte er sie
nicht vertrieben.
Urfin begann, Ordnung in der Stadt zu schaffen. Vor allen Dingen befahl er den
Soldaten, den Palast zu räumen. „Der Palast ist die Wohnstätte des Gottes!” rief er.
„Hier dürfen sich nur die Leibwachen des großen Urfin aufhalten - er wird sie aus den
Reihen der wackersten Kämpfer auswählen. Wer den Herrscher besuchen will, muß sich
vorher anmelden lassen.”
Die Leibwachen rechtfertigten aber nicht sein Vertrauen. Schon in der ersten Nacht
fielen sie in einen bleiernen Schlaf. Wären Din Gior und Faramant nicht in Gefangenschaft, hätten sie Urfin schon in dieser ersten Nacht überrumpeln können. Erst bei
Tagesanbruch atmete Urfin, der die ganze Nacht kein Auge zugemacht hatte, erleichtert
auf.
Wie erstaunt aber war er, als durch das offene Fenster des Thronsaals seine alte
Freundin und Zaubergehilfin, die Eule Guamokolatokint, hereinflatterte.
„Guam!” rief Urfin aus.
„Guamoko!” korrigierte ihn streng die Eule. „Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt,
haben wir vereinbart, daß du mich zumindest beim halben Namen nennst.”
Urfin wunderte sich über den Starrsinn des Vogels, der trotz der vergangenen zehn
Jahre nichts von seiner Gespreiztheit eingebüßt hatte.
„Meinetwegen, Guamoko!” sagte Urfin. „Jedenfalls freut es mich, dich wieder wohlauf
zu sehen, alte Freundin!”
„Weißt du übrigens, daß ich gleich an dem Tag, an dem deine Armee die Insel
belagerte, von deinem Eintreffen erfuhr?”
„Warum bist du nicht gleich zu mir gekommen?” wollte Urfin wissen.
„Ich bin eben alt und nicht mehr so reisefreudig wie früher. Jeden Tag nahm ich mir
vor, dich zu besuchen, und schob es immer wieder auf.”
In Wirklichkeit hatte die schlaue Eule nur abgewartet, wie die Belagerung ausgehen
werde. Wäre Urfin zurückgeschlagen worden, hätte Guamoko ihn gewiß nicht besucht,
jetzt aber, da er gesiegt hatte, beschloß sie, die alte Freundschaft wiederaufzunehmen.
„Ich habe für dich ein nettes Geschenk”, fuhr die Eule fort. „Weißt du, daß ich jetzt die
Gebieterin aller Eulen und Uhus der Umgebung bin? Aus Achtung vor meinem Wissen
und meiner Erfahrung füttern sie mich mit Mäusen und kleinen Vögeln…”
„Na, sag schon, worauf du hinauswillst”, unterbrach Urfin die Eule ungeduldig.
„Laß mich doch ausreden. Einmal konnten meine Untergebenen die fällige Portion
Mäuse nicht aufbringen und boten mir statt dessen Nüsse des Nuch-Nuch-Baums an.
Süße Nüsse sind für unsereins natürlich kein Essen, wie du weißt, aber ich mußte mich
eben zufriedengeben. Ich hatte nur eine Handvoll davon gegessen, und -
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