Der Feuergott der Marranen
weiß Frau Kaggi-Karr nicht zu erklären, darum läßt sie es Euch
mitteilen.”
Der Scheuch berief sofort einen Kriegsrat ein. Feldmarschall Din Gior äußerte die
Vermutung, der Feind wolle die Balken zum Rammen des Stadttores verwenden. Wozu
er aber die Bretter brauche, konnte Din Gior nicht sagen. Der Leiter des
Versorgungsdienstes, Faramant, meinte, die Bretter und Balken würden für Lagerfeuer
verwendet werden, damit die Soldaten sich nachts wärmen und ihr Essen darauf kochen
könnten. Die vornehmen Bürger schwiegen.
Dann ergriff der Scheuch das Wort.
„Und ihr wollt Strategen sein?” sagte er verächtlich. „ist es euch denn nicht klar, daß
Urfin von unserem Kanal weiß? Damit Menschen über ein Wasser gehen, müssen sie
doch eine Brücke bauen. Zu diesem Zweck schleppen die Feinde die Bretter und Balken
mit!”
Die Ratsmitglieder schwiegen beschämt.
Am dritten Tag nach der Ratssitzung überschwemmten Urfins Horden das Vorland der
Smaragdeninsel.
Auf ihrem Marsch hatten die Marranen die Bevölkerung ausgeplündert, und jetzt
stolzierten sie in den violetten Kleidern der Zwinkerer und den grünen Mänteln der
Farmer des Smaragdenlandes einher. Die mit Schleudern und Knüppeln bewaffnete
Truppe sah bedrohlich aus.
Urfin ließ seine Augen über das breite Wasser schweifen. Er hatte natürlich vom Bau
des Kanals um die Smaragdenstadt gehört, denn das Gerücht hatte sich überall
verbreitet und war bis zu den Zwinkerern gedrungen. Aber der Eroberer hatte sich die
Breite des Kanals nicht vorgestellt. Er hatte nicht gedacht, daß es ein so ernstes
Hindernis sein würde. Jetzt lobte er sich in Gedanken dafür, daß er für Baumaterial
vorgesorgt hatte.
Beim Auftauchen der Feinde wurde die Fähre sofort zur Stadtseite abgeschleppt und auf
Befehl Faramants mit Stroh gefüllt, das der Hüter des Tores ansteckte.
Der Bretterbelag verbrannte binnen wenigen Minuten, und kurze Zeit später versanken
die angekohlten Tragboote. Nach der Fähre wurden auch alle Segel- und Ruderboote
verbrannt.
Urfin hatte vorausgesehen, daß die Verteidiger gerade so verfahren würden, und
wunderte sich daher nicht über die Fährenverbrennung. Er beschloß, sofort mit dem
Brückenbau zu beginnen, obwohl er wußte, daß das viel Mühe kosten werde. Urfin war
aber nicht der Mann, der so schnell vor Schwierigkeiten zurückwich.
Am Tag arbeiteten die Marranen, nachts aber schliefen sie wie betäubt. Oh, hätte der
Führungsstab der Belagerten das gewußt! Kaggi-Karr hatte nichts davon erwähnt-vielleicht, weil sie diesen todesähnlichen Schlaf der Marranen für normal hielt. Auch ist es
fraglich, ob die Belagerten einen Ausfall versucht hätten, denn für sie war der Kanal
doch auch ein Hindernis.
Bangen Herzens sahen die Verteidiger, wie die schmale Brücke mit jedem Tag länger
wurde, sie konnten aber nichts dagegen tun, denn zwischen der Stadtmauer und dem
Kanal lag der breite Park, in dem sich ihre Pfeile verfingen.
So verging ein Monat. Die Brücke zog sich jetzt von einem Ufer des Kanals zum
anderen. Der erste Zug der Marranen passierte sie im Gänsemarsch, ihm folgten andere.
Mit Schleudern bewaffnete Soldaten trugen lange Bretter und zersägte Baumstämme.
Bald füllten sie den ganzen Park. Unter dem Schutz der Bäume stießen sie bis zur
Stadtmauer vor, doch hier prasselte ein Hagel von Pfeilen auf sie nieder, der viele
Soldaten verwundete. Die Getroffenen krochen stöhnend zurück. Da ließ Urfin die
Trompeter zum Rückzug blasen. Die Soldaten verschanzten sich in Stellungen, in denen
die Pfeile sie nicht erreichen konnten.
Urfin schickte mehrere Hundert Marranen nach Ruten in den Wald, aus denen die
Soldaten Schilde zu flechten begannen. Am Abend befiel sie wie gewöhnlich der
Schlaf, worüber der Feldherr sehr besorgt war, da die Belagerung daran scheitern
konnte. Da rief er den Bären, und während die Armee schlief, machten sich beide an die
Arbeit…
Aber auch Din Gior und Faramant schliefen nicht in dieser Nacht. Sie hatten sich einen
kühnen Plan ausgedacht. Als es finster wurde, schlichen sie sich geräuschlos aus der
Stadt. Mit Stroh und brennenden Fackeln in den Händen liefen die beiden zur Brücke,
um sie anzuzünden. Am Ufer blieben sie jedoch wie angewurzelt stehen, denn was sich
ihnen darbot, war nicht das Brückenende, sondern der Widerschein der Fackeln im
dunklen Wasser. Urfin und der Bär hatten nämlich das Ende der Brücke abgetragen!
Am Morgen stießen die
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