Der Feuergott der Marranen
Angreifer unter dem Schutz ihrer Schilde bis zur Mauer vor.
Es begann ein erbitterter Kampf. Urfins Schleuderer schickten einen Hagel von Steinen
gegen die Mauer, und die Verteidiger mußten hinter den Zinnen Deckung suchen. Von
dort aus schossen sie ihre Pfeile ab und warfen Steine und brennendes Stroh auf die
Köpfe der Angreifer.
Durch die Schilde gedeckt, wälzten die Marranen Klötze heran, auf die sie lange Bretter
legten. Der Scheuch und sein Stab beobachteten dieses Treiben, das sie nicht verstehen
konnten.
Als entlang der Wand etwa 100 Bretter auf Klötzen lagen, ertönte ein Trompetensignal,
worauf mit Keulen bewaffnete Soldaten sich auf je ein Brettende stellten, wodurch das
andere, freie Brettende sich anhob. Bei diesem Anblick wurde Feldmarschall Din Gior
leichenblaß.
„Wir sind verloren… Das sind Schleudervorrichtungen!” murmelte er. „Ich habe davon
in alten Chroniken gelesen. Aber wie ist bloß Urfin daraufgekommen?”
Die Marranen waren sehr behende. Auf jedes freie Brettende sprangen auf einmal zwei
oder drei Soldaten, wodurch das entgegengesetzte Ende hochschnellte und die darauf
stehenden Männer emporschleuderte.
Mehrere Dutzend Marranen erreichten das Ziel. Sie klammerten sich an den Mauersims,
zogen sich hoch und fielen über die Verteidiger her.
Unter den Bürgern brach eine Panik aus. Viele sprangen von der Mauer und eilten auf
ihre Häuser zu, in denen sie Schutz zu finden hofften. Faramant und Din Gior kämpften
wie Löwen. Selbst der Scheuch versuchte, mit seinen weichen Stroharmen einen großen
Stein aufzuheben, den er den Angreifern entgegenschleudern wollte.
Die Übermacht war aber zu groß. Im Nu hatte man den Oberkommandierenden und
seinen Stab gefesselt. Der Scheuch wurde wieder Urfins Gefangener.
Der Eroberer bot ihm auf der Stelle das Amt eines Statthalters an. Wie der Holzfäller,
schlug aber auch der Strohmann das Angebot aus.
„Man führe diesen Dickschädel und seinen eisernen Freund in den Turm, wo sie schon
einmal lagen!” befahl Urfin.
„Sperrt sie aber nicht in das obere Gelaß, sondern in den nassen Keller! Wollen
mal sehen, wie lange sie es dort aushalten werden!”
Trotz des Unglücks, das über ihn hereingebrochen war, freute sich der Scheuch
über das Wiedersehen mit seinem Freund.
Der Holzfäller begrüßte ihn nur mit einem Kopfnicken, denn er konnte vor
Schwäche kein Wort hervorbringen.
Der Scheuch watschelte hinter dem Holzfäller her und dachte voller Gram an den
herrlichen Kasten: Wenn Urfin das Geheimnis des Kastens errät, wird er noch
mächtiger sein als bisher`, sagte er sich. Da fiel ihm jedoch ein, daß außer ihm
niemand die magischen Worte kannte. Ohne diese Worte ist
der Kasten aber nur ein Möbelstück. Mir wird Urfin die Beschwörung bestimmt
nicht entlocken`, entschied der Strohmann.
Man brachte’ die Gefangenen in den Keller, in dem der Scheuch einst an einem
Haken aufgehängt worden war, weil er gegen Urfin gemeutert hatte. Der Haken
stak noch in der Wand, nur daß er jetzt verrostet war.
„Von hier bin ich schon einmal ausgebrochen, das wird mir wohl auch ein zweites
Mal gelingen!” rief der Scheuch munter.
Der Eiserne Holzfäller schüttelte nur den Kopf.
Nach der Eroberung des Smaragdenlandes beschloß Urfin, die Holzköpfe wieder in
seine Dienste zu nehmen. Da sie unverwundbar waren und niemals müde wurden,
konnten sie ihm gewaltigen Nutzen bringen. Kaggi-Karr machte dem Eroberer
jedoch einen Strich durch die Rechnung. Kaum war die Stadt gefallen, rief sie die
Holzköpfe zu einer Versammlung in einer Lichtung des Waldes. Da eine Tribüne
nicht vorhanden war, setzte sich die Krähe auf den Kopf eines
hochaufgeschossenen Holzkopfs und hub an:
„Hölzerne Leute! Hört, was ich euch zu sagen habe! Ich eröffne euch, daß ich,
Kaggi-Karr, anstelle unseres guten Herrschers, des Weisen Scheuchs, die
Regierung im Smaragdenland übernommen habe! Wollt ihr schwören, daß ihr mir
als eurer rechtmäßigen Gebieterin gehorchen werdet?” „Wir schwören!” riefen die
Holzköpfe.
„Schön. Und jetzt paßt mal auf: Als man eure grimmigen Fratzen in freundlich
lächelnde Gesichter verwandelte, veränderte sich euer Charakter. Ihr konntet den
Menschen nichts Böses mehr antun, und jedermann achtete euch als wackere und
fleißige Arbeiter. Jetzt will der grausame Urfin Juice euch wieder mit seinem Meißel
bearbeiten und erneut in Scheusale und Bösewichter verwandeln. Wollt ihr das?” „Nein,
nein!
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