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Der Feuerstein

Der Feuerstein

Titel: Der Feuerstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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lassen.«
    Eigentlich will ich protestieren, aber die Wachleute haben uns schon umringt und geleiten uns hinaus. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Conde Treviño einem Diener etwas zuflüstert, dann teilt sich die Menge vor uns und gibt den Blick auf eine Seitentür frei. Wir werden in einen dunklen Korridor gebracht, während im Saal ein spekulierendes Summen anhebt.
    Sorgenknoten ziehen sich in meiner Brust zusammen, als man uns erst einen Flur hinunterführt, dann eine knarrende Treppe hinauf. Der Wachmann öffnet eine Tür, hinter der sich ein Gemach mit eierschalenfarbenen Ziegelmauern und hölzernen Stützbalken befindet. Es hat keine Fenster und ist sehr schmucklos, aber mit dem abgerundeten Kamin und den breiten Betten ausreichend für vier oder fünf Gäste. Allerdings schiebt der Wächter uns alle hinein und schlägt dann die Tür zu. Wir hören das laute Knirschen, mit dem ein Riegel zugeschoben wird.
    Völlig verblüfft stehen wir da, bis Cosmé ihre Kapuze abnimmt. Sie lacht.
    Wir starren sie an.
    »Was habt ihr denn erwartet?«, fragt sie. »Wir haben ihn auf alle Fälle überrascht. Ein solches Zucken habe ich nicht mehr in seinem Gesicht gesehen, seit ich ihn von unserem bedauernswerten Verwandtschaftsverhältnis in Kenntnis setzte.« Sie lässt sich auf das nächste Bett fallen und grinst selbstzufrieden.
    »Er hat dich nicht erkannt«, sagt Humberto.

    »Ich hatte meinen Kopf bedeckt und außerdem gesenkt gehalten. Er hatte ohnehin nur Augen für unsere Prinzessin.«
    »Was wird er als Nächstes tun?«, fragt der kleine Benito mit leicht erstickter Stimme.
    »Sobald er sich ein wenig gesammelt hat, wird er nach Elisa und ein oder zwei anderen schicken. Er wird euch befragen, erst zusammen, dann getrennt. Wir anderen werden als Druckmittel hier festgehalten.«
    »Du kennst ihn gut«, sage ich.
    Sie meidet meinen Blick. »Ja.«
    Also finden wir uns damit ab, dass wir warten müssen, und versuchen, wegen unserer ungeplanten Gefangenschaft nicht in Panik zu geraten. Ich hoffe, dass sie recht hat und dass ich eine Möglichkeit haben werde, mit dem Conde zu sprechen, bevor er uns an Invierne ausliefert.
     
    Abwechselnd schlafen wir ein bisschen. Die Wachen draußen ignorieren unsere wiederholten Fragen nach etwas zu essen, und der Hunger wütet heftig in mir, als wir endlich hören, wie der Riegel zurückgezogen wird. Diejenigen, die sich kurz hingelegt hatten, springen auf. Wir alle sehen zur Tür. Cosmé hält sich im Hintergrund und hat sich wieder die Kapuze über den Kopf gezogen.
    Zwei kräftig gebaute Männer treten ein. Sie tragen kurze Schwerter, die leicht von ihren Hüften abstehen, und an ihren Stiefelschäften stecken Dolche in nietenbeschlagenen schwarzen Lederscheiden. »Lady Elisa von den Malficio?«, fragt einer.
    Ich trete vor. »Ich bin Lady Elisa.«

    »Kommt mit uns. Ihr auch.« Er deutet auf Humberto und Benito.
    Ein Wächter reiht sich hinter uns ein, und ich höre das typische Klappern von Stahl auf Stein, als er sein Schwert zieht. Humberto nimmt meine Hand, als sie uns durch mehrere Flure führen, und ich bedanke mich mit einem sanften Druck.
    Als wir vor einer reich verzierten Mahagonitür ankommen, bete ich voller Inbrunst. Die Tür öffnet sich, und wir werden in eine Art Dienstzimmer gedrängt, das von einem polierten Schreibtisch und einem riesigen Kamin beherrscht wird. Die überladene Üppigkeit des Raums stößt mich ab, die leuchtend vergoldeten Rahmen, der dicke Teppich und die gerafften Vorhänge. Es stinkt nach parfümierten Räucherkerzen wie im Zelt des Animagus. Nur knapp kann ich ein Husten unterdrücken. Die Wachmänner führen uns zu einem der Sofas, die dem Schreibtisch gegenüberstehen, und zwingen uns mit einem weiteren Schubs, dort Platz zu nehmen.
    Eine kleinere Tür hinter dem Schreibtisch öffnet sich. Ein groß gewachsener Mann mit faltigem Gesicht und schlichtem Gewand gleitet hindurch, gefolgt von Conde Treviño. Der Conde wirkt schmal neben seinem hoch aufragenden Begleiter, aber sein Gesicht ist wachsam und angespannt, stets in Bewegung.
    »Lady Elisa«, sagt der Conde mit melodiöser Stimme. »Ich freue mich sehr, dass Ihr gekommen seid.«
    »Wieso habt Ihr uns dann gefangen genommen?«, frage ich und füge schnell noch hinzu: »Durchlaucht.«
    Sein Lächeln ist aalglatt und nett. »Zu Eurer eigenen Sicherheit natürlich.«

    Ich lasse seine Lüge so stehen. »Das war dann sehr freundlich von Euch.« Aber ich fühle, dass Humberto neben mir

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