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Der Feuerstein

Der Feuerstein

Titel: Der Feuerstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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Ihr mir sagen, wo Ihr Euch in den letzten Monaten versteckt habt.«
    Der Gedanke an Jaciáns Dolch, der in meinem Stiefel steckt, erfüllt meinen Kopf. Treviño ist schon fast nahe genug.
    »Lady Elisa? Wenn Ihr nichts sagt, wird Euer Freund sterben.«
    Voll Anspannung merke ich, dass er nicht näher kommen wird. Also springe ich nach vorn und lasse mich vor ihm auf die Knie fallen. Hinter mir höre ich, dass ein Schwert gezogen wird. »Oh, Durchlaucht!«, schluchze ich. Die Tränen fließen so leicht. »Ich muss es von Euren Lippen hören!«
    »Was müsst Ihr von meinen Lippen hören?« Zumindest weicht er nicht zurück.
    Und jetzt sehe ich die Dolche, deren Scheiden außen an seinen Stiefelschäften befestigt sind. Klingen, viel länger als meine eigene. »Bitte sagt mir, dass Ihr das Leben meiner Freunde verschonen werdet, wenn Ihr erfahren habt, was
Ihr wissen wollt.« Verzweifelt umklammere ich seine Knöchel, und gleichzeitig schiebe ich den rechten Fuß vor, um mit Schwung hochfedern zu können.
    Ein Klopfen ertönt von der Tür. Der Wächter sagt etwas zu Treviño, aber ich höre nicht zu. Stattdessen hebe ich die Hände zu seinen Waden, zu den Griffen der Dolche.
    »Ja, ja«, antwortet der Conde gut gelaunt. »Führt ihn herein! Er wird sicher gern Zeuge dieses besonderen Augenblicks werden.«
    In diesem Moment reiße ich die Dolche aus ihren Scheiden und springe auf. Die Klingen berühren seinen Hals, schmiegen sich unterhalb seines hübschen Kinns gegen die Haut, noch bevor er blinzeln kann.
    »Keine Bewegung«, zische ich. »Denkt nicht einmal daran, Euch zu bewegen. Und befehlt Euren Wachleuten, Benito in Ruhe zu lassen, sonst schneide ich Euch die Kehle durch.« Sein großer Anhänger funkelt zu mir empor. Solides Gold, grob geschmiedet. Es fällt mir schwer, den Blick davon zu lösen.
    »Ihr seid keine Kriegerin«, stößt er hervor, aber ich sehe die Angst in seinen Augen, denn inzwischen habe ich ihn gegen seinen Schreibtisch geschoben, und er kann mir nicht mehr entkommen.
    »Erinnert Ihr Euch an gestern, als mein Freund sein Blut über Euren Teppich vergoss? Daran, wie seine Augen glasig wurden, wie ein unreiner Edelstein?« Treviño ist mittelgroß, wie ich auch, und recht zierlich.
    Was ich nicht bin. Ich schiebe ihm mein Knie gegen den Schritt und verstärke den Druck auf die Klingen.
    Sein Mund öffnet sich. Und schließt sich wieder. »Tut,
was sie sagt. Lasst den Jungen in Ruhe.« Seine Oberlippe zittert, seine Augen weiten sich. Ich sollte mich daran freuen, ihn so in sich zusammenfallen zu sehen. Aber es ekelt mich nur an.
    »Befehlt Euren Wachen, meine Freunde freizulassen.«
    »Macht schon!«, zischt er. »Sofort!« Hörbare Schritte sagen mir, dass zumindest ein Wachmann den Raum verlässt.
    Natürlich weiß ich, dass der Wächter meine Gefährten nicht freilassen wird. Und ich weiß auch, dass ich nicht viel Zeit habe, denn der Mann wird schon bald zurückkommen und Unterstützung mitbringen, und dann wird ein Pfeil in meinen Rücken dringen. Oder vielleicht auch ein Langschwert.
    »Die Inviernos wissen schon, dass Ihr hier seid«, sagt der Conde nun bemüht entgegenkommend. »Ich könnte Euch dabei helfen, ihnen zu entkommen.«
    Vielleicht sollte ich so tun, als sei ich bereit, seinen Vorschlag anzuhören, zumindest bis mir eine Möglichkeit einfällt, wie ich die anderen befreien kann, bevor ich sterbe.
    Aber hinter mir ertönt eine andere Stimme. »Das wird nicht nötig sein.«
    Unwillkürlich zucke ich zusammen, und die Dolche zittern kurz in meinen Händen. Die Stimme kenne ich. Tief und selbstbewusst. So vertraut …
    »Ist das die Anführerin des Aufstands, von der Ihr spracht?«, fragt die Stimme. Ich wage es nicht, den Conde loszulassen und mich dieser neuen Bedrohung zu stellen.
    Treviño schluckt, und sein Adamsapfel zuckt unter meinen Klingen. »Ja.«
    Mit einem leisen Wispern gleitet ein Schwert aus einer
schärfenden Scheide. Das war’s dann wohl, denke ich. Ich sollte den Conde töten, jetzt, bevor die Möglichkeit dazu vertan ist.
    »Ich übernehme jetzt, Hoheit«, sagt die Stimme. Eine Schwertspitze erscheint über meinen beiden Dolchen und trifft mit leisem Pling auf die Klingen. Ein winziger roter Tropfen erscheint an der Stelle, an der sie die helle Haut des Conde ritzt.
    Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, mein Atem geht viel zu hastig, aber ich zwinge meine Hände, sich allmählich zu entspannen und die Dolche zu senken. Jemand rettet mich. Jemand, der mich

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