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Der Feuerstein

Der Feuerstein

Titel: Der Feuerstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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ergreift meine Hand. Sein Daumen fährt sanft über meine Knöchel, und mein ganzer Arm beginnt zu kribbeln. Das Atmen fällt mir immer so schwer, wenn er in der Nähe ist.
    »Elisa.« Seine Stimme ist tiefer als sonst. »Danke, dass du mir heute mit Rosario geholfen hast. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, mich einigen sehr wichtigen Dingen zu widmen.
« Er lächelt, und seine schweren Lider zeigen, wie erschöpft er ist. »Mein Sohn ist ganz begeistert von dir.«
    Bei dem Gedanken an den kleinen Teufelsbraten finde ich meine Stimme wieder. »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Er hat heute Abend von nichts anderem geredet als von dir.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja.«
    »Nun, ich mag ihn auch sehr.« Das stimmt seltsamerweise sogar.
    »Du wirst eine großartige Königin sein.«
    Mein Mund klappt auf, und ich starre ihn an wie ein toter Tiefseedorsch.
    Er nickt einfach nur; meine Überraschung hat er gar nicht bemerkt. »Ich werde bald unsere Verlobung bekannt geben.« Damit beugt er sich vor, küsst mich auf die Wange, verharrt kurz. Seine Lippen sind warm und leicht feucht. Ich wünschte, er würde sie weiter nach unten bewegen, zu meinen Lippen.
    Als er sich verabschiedet, murmele ich etwas unverständlich Höfliches und halte den Blick auf seine langen Beine gerichtet, die ihn nun von mir entfernen. Die Tür zu Alejandros Gemächern fällt zu, und erst, als das Schloss ein leises Klicken von sich gibt, begreife ich, was er da gerade gesagt hat.
    Verlobung.
    Demnach hat er nicht die Absicht, dem Volk von Joya d’Arena mitzuteilen, dass wir bereits verheiratet sind.
    Heute war ich schon dreimal wirklich stark, ich habe mich im Quorum, bei Rosario und bei Cosmé durchgesetzt. Aber
in Alejandros Nähe verwandle ich mich jedes Mal in die personifizierte Hilflosigkeit. Er ist ein guter Mann, davon bin ich überzeugt. Und er ist so hübsch, dass es mich geradezu blendet. Aber mir gefällt die Person nicht, in die ich mich verwandle, wenn er bei mir ist.
    Ich habe es satt, wie ein Kind behandelt zu werden. Diese ganzen Geheimnisse gehen mir auf die Nerven. Und vor allem hasse ich mich selbst dafür, dass ich all das geschehen lasse. Zorn wallt in mir auf und flößt mir Mut ein. Mut genug, um laut zu rufen: »Ximena!«
    Sie eilt mit aufgelöstem Haarknoten durch das Atrium. »Was ist los? Ist alles in Ordnung?«
    »Ximena, in welcher Gefahr befinde ich mich? Wieso bin ich hier sicherer als in Orovalle?«
    Sie lehnt sich gegen den Durchgang und lässt die Schultern hängen. An ihrer gerunzelten Stirn und den zusammengekniffenen Lippen kann ich widerstreitende Gefühle ablesen. Als überzeugte Anhängerin der Vía-Reforma fällt es ihr schwer, mit mir über den Feuerstein zu sprechen. Andererseits würde sie das gern. Das weiß ich.
    Sanft sage ich: »Meinst du nicht, es wäre sicherer, wenn ich wüsste, was auf mich zukommt?«
    Ihre Züge verraten nun Resignation, und sie holt tief Luft. »Es gab verschiedene … Vorfälle. Zum Beispiel mit deiner Vorkosterin. Sie ist gestorben. An Gift.«
    »Meine Vorkosterin? Wann denn das?«
    »Einige Monate, bevor du mit dem König verheiratet wurdest.«
    »Ich hatte eine Vorkosterin?«
    Sie schweigt.

    Mein Herz beginnt wild zu schlagen. Jemand hat versucht, mich umzubringen. »Weil ich eine Prinzessin bin? Oder weil ich den Feuerstein trage?«
    »Vom Tod der zweitgeborenen Prinzessin konnte sich niemand etwas erhoffen, es sei denn, jemand wollte die ganze Thronfolge infrage stellen. Aber es gab keine Anschläge auf das Leben deiner Schwester.«
    »Ich hatte eine Vorkosterin.« Da hat jemand täglich sein Leben für mich aufs Spiel gesetzt und ist tatsächlich für mich gestorben. Jemand, den ich nie gekannt habe. »Kein Wunder, dass du immer so böse warst, wenn Aneaxi und ich heimlich in die Küche geschlichen sind.«
    »Ja. Dir ist sicherlich aufgefallen, dass Aneaxi dir das Essen stets persönlich gebracht hat? Das war deswegen, weil sie bei diesen nächtlichen Ausflügen als Vorkosterin einspringen musste.«
    Das Gewicht, das sich plötzlich auf meine Brust senkt, erschwert mir das Atmen. Ximena eilt zu meinem Bett und schließt mich in die Arme. »Es tut mir so leid, mein Himmel. Wir wollten das alles vor dir verbergen, damit du so unbeschwert und normal wie möglich aufwachsen konntest. Hier bist du sicher, denn hier folgen weniger Menschen dem Weg Gottes, und die meisten kennen nicht einmal den Namen des Trägers.«
    »Aber wieso? Wieso sollte man mich töten wollen, nur

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