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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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aus!«
    Die einfachen Fischer taten dies auch und zahlten oder ließen von Hannez ihre Zeche anschreiben. Als der Letzte von ihnen gegangen war, saß Berrell immer noch am Tisch. »Mein Krug ist noch fast voll. Den werde ich in Ruhe austrinken!«
    »Da Euer Exzellenz ein hoher Beamter der Krone ist, kann ich Euch nicht bitten, früher zu gehen. Das Gesetz aber muss befolgt werden!« Hannez verbeugte sich vor dem aufgeblasenen Steuerschätzer und schritt zur Tür. Mit zwei Handgriffen verriegelte er diese und drehte auch den Schlüssel um.
    »Unser wackerer Stadtgardist kann bezeugen, dass die Tür des ›Blauen Fischs‹ zur rechten Zeit abgeschlossen worden ist. Ich werde jetzt noch die Krüge einsammeln, und dann gute Nacht.« Ohne sich um Berrell zu kümmern, begann er damit, die Krüge zu holen und zu spülen, damit sie am nächsten Tag wieder gebraucht werden konnten.
    Der Büttel sah ihm zu und leckte sich die Lippen. »Wie wär’s mit einem Schluck, Hannez? Mir hängt die Kehle schon ganz trocken im Hals.«
    »Eben schlägt der Mitternachtsgong. Also kann ich dir kein Bier mehr verkaufen. Aber als altem Freund schenke ich dir einen halben Krug ein.« Hannez machte sich ans Werk und füllte den Krug beinahe bis zum Strich. Während der Büttel ihn mit einem »Ilyna soll’s dir danken« entgegennahm, plusterte Berrell sich auf.
    »Das ist ein Verstoß gegen das Gesetz. Die Wirtin muss Strafe bezahlen!«
    Der Büttel wusste genau, dass der Steuerschätzer sich oft genug zu seinen eigenen Gunsten verrechnete und sich Vorteile verschaffte, wo es nur ging. Obwohl er selbst nur ein einfacher Beamter war und Berrell einen hohen Posten einnahm, dachte er nicht daran, vor dem anderen zu buckeln.
    »Es tut mir leid, Herr Steuerschätzer, aber die Tür ist versperrt und außer der Wirtin und ihrem Schankkellner sind nur zwei Vertreter der Staatsmacht anwesend. Ich sehe da keinen Verstoß.« In seinen Worten schwang eine leichte Warnung mit, den Bogen nicht zu überspannen. Jemand wie Berrell, der sich auf Kosten der Wirtin vollfraß und sich den Krug immer wieder neu füllen ließ, hatte in den Augen des wackeren Mannes nicht das Recht, einem Büttel das Freibier zu vermiesen, das er von Zeit zu Zeit erhielt.
    »Ich werde dich melden«, rief Berrell zornig.
    »Dann werden wohl einige Sachen zur Sprache kommen«, antwortete der Büttel grinsend. Obwohl er selbst ein Vertreter der Staatsmacht war, hielt er es mehr mit den kleinen Leuten, die von Blutsaugern wie Berrell gequält wurden, während die hohen Herrschaften lächerlich geringe Steuern zahlen mussten.
    »Das wirst du bereuen!« Mit diesen Worten warf der Steuerschätzer seinen noch halb vollen Bierkrug um, so dass der Inhalt sich über den Tisch ergoss und auf den Fußboden tropfte, und stapfte zur Tür. Dort drehte er sich zu Hannez um. »Mach auf!«
    »Das darf er nicht«, erklärte der Büttel grinsend. »Auf Geheiß Ihrer allergnädigsten Majestät Ilna V. dürfen die Schenken im Fischersechstel nach dem Mitternachtsgong ihre Eingangstüren nicht mehr aufschließen. Einem Erlass der Königin werdet Ihr wohl nicht zuwiderhandeln wollen.«
    Berrell begriff, dass er in der Zwickmühle saß. Wenn er darauf bestand, dass Hannez ihm die Tür öffnete, würden es am nächsten Morgen die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass er es mit denVerordnungen der Königin nicht so genau nahm, und das würde Ärger für ihn bedeuten. Die Königin wollte, dass die Leute gehorchten, und für Ilna V. zählte auch er zum Volk.
    Mühsam schluckte er seinen Ärger hinunter. »Aber wie komme ich jetzt ins Freie?«
    Der Büttel trank aus und reichte Hannez den leeren Krug. Dann verbeugte er sich spöttisch vor dem Steuerschätzer. »So wie ich auch: durch die Hintertür. Kommen Sie, Euer Exzellenz, ich bringe Sie bis zur Brücke.«
    »Am besten auch hinüber!« Berrell hatte mehr Angst denn je, die wackelige Seilbrücke zu so später Stunde überqueren zu müssen. Inzwischen gab es genug Leute, denen es eine Freude machen würde, ihn des Nachts in den Fluss zu stoßen.
    Sowohl der Büttel als auch Hannez begriffen, dass der Mann sich fürchtete, und sahen sich vielsagend an.
    »Bis morgen! Sollte es wieder Probleme mit Gästen geben, die nicht gehen wollen, dann sag mir Bescheid!« Mit diesen Worten packte der Büttel den Steuerschätzer, der schon stark schwankte, unter den Armen und führte ihn zur Hintertür. Hannez leuchtete ihnen den Weg bis zur Straße aus, wartete, bis sie den

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