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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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klarzumachen, was mit ihr, Girdhan und den anderen geschehen war.
    Zunächst waren ihre Gedanken nur ein Wirbelsturm verzerrter Bilder, die sie weder festhalten noch verstehen konnte. Mühsam versuchte sie, sich zu erinnern. Sie war von Ilyndhir aus aufgebrochen, um ihre Großmutter zu suchen, die wahrscheinlich von Gurrländern entführt worden war. Doch der magische Faden, dem sie gefolgt war, hatte sie an eine Küste der geheimnisvollen Inseln der Runier geführt. Das wunderte sie auch jetzt wieder, denn dieses Volk hielt sich von den Menschen und Gurrländern gleichermaßen fern. Für einen Augenblick nahm sie an, die Truppen des Kaisers hätten diese Inseln erobert und ihre Großmutter aus irgendeinemunerfindlichen Grund hierher verschleppt. Doch dann hätte sie magisches Schwarz spüren müssen. Außerdem waren die Runier so mächtig, dass nicht einmal die übermenschlich starken Gurrländer es wagen konnten, sie anzugreifen.
    Vielleicht war sie einer List der unbekannten Entführer aufgesessen und in eine Falle gelockt worden? Aber dazu hätten diese von Timpo und dem magischen Band zwischen ihrer Großmutter und dem Tierchen wissen müssen. Und das war unwahrscheinlich, denn schließlich hatte es auf Ilyndhir sonst niemanden gegeben, der die Entführer verfolgen konnte. Soweit Kip erfahren hatte, war selbst die Zweite Hexe der Königin nicht in der Lage gewesen, die Spur der beiden Verschleppten aufzunehmen.
    Wahrscheinlich war sie selbst einem Hirngespinst aufgesessen und hatte nur geglaubt, einen Faden zu sehen, rein aus dem Wunsch heraus, die Großmutter zu finden.
    Diese Überlegung war alles andere als angenehm, half ihr aber, wach zu werden und sich auch an das zu erinnern, was zuletzt geschehen war. Sie und ihre Freunde waren von Runiern gefangen genommen und in eine Höhle eingesperrt worden, wohl als Strafe dafür, dass sie in deren Gebiet eingedrungen waren.
    Hatten die Runier vielleicht die Entführer ihrer Großmutter gefasst und diese ebenso wie ihre Opfer festgesetzt? Oder waren ihnen die Entführer entkommen? Mera sah sich so vielen Rätseln gegenüber, dass sie am liebsten wieder in den Schlaf gesunken wäre. Aber ihre Angst, niemals wieder aufzuwachen, war zu groß. Zudem hatte sie das Gefühl, es würde jemand nach ihr tasten, der sich zwar weiß anfühlte, aber doch weniger feindselig war als diejenigen, die sie hier eingesperrt hatten.
    Sie stemmte sich gegen die betäubende Magie, und ihr Geist warf mit einem Ruck die letzten Fesseln ab, die ihm einen ewigen Schlaf aufzwingen wollten. Nun spürte sie Girdhans Anwesenheit. Er kämpfte ebenfalls gegen den Erstarrungszauber an, allerdings mit weniger Erfolg als sie. Dann nahm sie die fremde Präsenz deutlicherwahr und zuckte zurück. Es musste sich ebenfalls um einen Runier handeln.
    »Kannst du mich hören, Hexe?« Das Wesen rief sie in seinen Gedanken.
    »Wer bist du?«, fragte Mera.
    Als Antwort kam ein für sie unverständliches Symbol, gefolgt von normalen Worten.
    »Du musst mir helfen, Hexe. Allein wird es mir nicht gelingen, den Zauber zu lösen, der euch festhält. Es besteht die Gefahr, dass ihr im Fels erstickt. Ich bin noch lange nicht so stark wie Sianderilneh, und selbst die hat ihn zusammen mit einigen Helfern weben müssen.«
    »Wie kann ich dir helfen? Ich verstehe noch nicht genug von Magie – eigentlich fast gar nichts.«
    Hekendialondilan begriff, dass sie keine ausgebildete Hexe vor sich hatte, sondern ein junges Mädchen mit viel Talent. Gerade das erregte ihr Mitleid und gab ihr das Gefühl, richtig zu handeln. Schnell sandte sie der Blauen auf magischem Weg ein Lächeln. »Keine Sorge! Zu zweit schaffen wir das schon. Du musst nur tun, was ich dir sage. Vor allem aber versuche deinen schwarzmagischen Freund zu beruhigen. Das unkontrollierte Aufwallen seines Geistes stört meine Konzentration.«
    »Er hat wohl deine Gegenfarbe, was?« Mera kicherte in Gedanken, denn sie konnte sich vorstellen, dass Girdhans schwarze Ausstrahlung auf ein Geschöpf der weißen Farbe arg störend wirken musste. Sie vergaß jedoch nicht, was sie ihrer so unerwartet aufgetauchten Helferin schuldig war, und überlegte, wie sie sich Girdhan bemerkbar machen könnte.
    Hekendialondilan bekam mit, wie ängstlich und unsicher die junge, blaue Hexe herumtastete, und wunderte sich über diese seltsamen Menschen. Bei ihrem Volk lernten bereits die Kinder im Mutterleib, wie sie ihre Kräfte benutzen mussten. Sie erinnerte sich noch gerne an den

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