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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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auch noch unsere Vorwürfe. Was glaubt ihr denn, warum die beiden hierher ins Pfarrhaus anstatt zu uns gekommen sind? Wahrscheinlich, weil sie genau diese Reaktion befürchtet hatten.«
    »Blablabla, kann ich da nur sagen! Wenn dir sonst nichtsdazu einfällt, dann sei lieber still! Außerdem werden sie erst richtig fertig sein, wenn ich mit ihnen fertig bin.«
    »Ich bin still, wann ich es für richtig halte!« brauste jetzt auch Obert auf. »Eines ist jedenfalls sicher, Caroline wird das Baby bekommen, und wenn es sein muß, auch ohne Vater. Eine Abtreibung kommt überhaupt nicht in Frage, niemals, hörst du! Und wenn die Leute sich tausendmal die Mäuler zerreißen, das Baby wird zur Welt kommen, und zwar hier in Waldstein!«
    »Der Teufel soll euch holen! Andy jedenfalls wird Caroline nicht wiedersehen, dafür werde ich sorgen. Kommt, wir gehen!« Merkel war aufgestanden, doch Andy blieb neben Caroline sitzen.
    »Ich habe gesagt, wir gehen! Das gilt auch für dich, du, du, du …!«
    »Nein, Vater! Ich werde nicht kommen. Das Baby ist von mir, und ich stehe dazu. Egal, was du sagst.« Andy sprach jetzt ruhig und gefaßt, alle Angst war aus seiner Stimme verschwunden. Caroline sprang auf, mit verzerrtem Gesicht, und schrie: »Was seid ihr bloß für Menschen?! Ihr tut so, als wenn es das schlimmste der Welt wäre, was passiert ist! Ist es aber nicht, nein, das ist es nicht! Es haben schon andere, jüngere als ich ein Baby gekriegt!« Sie rannte zur Tür, riß sie auf, stürmte in die Nacht hinaus. Andy wollte auch aufspringen, ihr nachlaufen, sein Vater schob ihn mit kräftigem Druck auf das Sofa zurück.
    »Du bleibst hier!« Er ballte die Fäuste und schnaubte wie ein wütender Stier; nach einem Moment sagte er: »So, jetzt darfst du deinen gottverdammten Arsch hochheben und mitkommen. Oder willst du, daß ich dich nach Hause prügle?«
    Andy machte noch immer keine Anstalten, mitzukommen, sein Vater brüllte noch lauter: »Was ist, soll ich dir erst Beine machen?«
    »Ich bin achtzehn und damit volljährig. Ich bleibe!«
    »Volljährig?« Merkel drehte seinen Kopf ein wenig zur Seite, die Mundwinkel verächtlich nach unten gebogen, sagte er böse grinsend: »Gut, wenn du volljährig bist, dann wird es dir sicherlich auch nicht schwerfallen, für deine . . . Familie . . . zu sorgen. Sieh zu, wie du deine Frau, den kleinen Bastard und dich über die Runden bringst. Sollte ich jemals einen Sohn gehabt haben, so kann ich mich nicht mehr daran erinnern!« Merkel nahm seine Frau bei der Hand, half ihr hoch, und ohne einen Blick zurückzuwerfen, verließen sie das Haus.
    »Andy, du kannst bei uns wohnen«, sagte Obert. »So lange du willst. Wir haben genug Platz, und Arbeit werden wir für dich auch finden. Aber laß uns jetzt nach Hause gehen und die Sache überschlafen. Bestimmt sieht morgen die Welt schon wieder freundlicher aus.«
    »Und Caroline?« fragte Andy. »Wo ist Caroline?«
    »Sie wird wohl nach Hause gegangen sein.«
    »Und wenn nicht? Ich meine, wenn . . .«
    »Du brauchst dir keine Sorgen um sie zu machen, ihr passiert nichts.«
    Engler reichte Obert die Hand. »Es tut mir so unendlich leid, daß das Ganze einen so unglücklichen Verlauf genommen hat. Das habe ich bestimmt nicht gewollt, glauben Sie mir. Ich hoffe, daß alles wieder ins Lot kommt. Es war bestimmt nur die erste Aufregung, der erste Schock. Bestimmt war es das.«
    »Sie brauchen sich keine Vorwürfe zu machen. Sie haben es nur gut gemeint.«
    Um kurz nach zehn war Engler wieder allein. Er stand in der Tür und sah den Oberts und Andy nach, die zu ihren Autos gingen. Der durchdringende Gesang der Zikadenmännchen, der die Weibchen anlocken sollte, erfüllte die Nacht.
    Engler setzte sich auf die Bank vor seinem Haus, atmete tiefdie noch immer ungewöhnlich schwüle, drückende Luft ein. Der Tag war ermüdend gewesen, er gähnte, rieb sich die Augen und stand auf. Er schloß die Tür, knipste das Licht aus, stieg langsam die knarrenden Stufen der alten Treppe nach oben zu seinem Schlafzimmer. Er zog sich aus, wusch sich notdürftig, legte sich ins Bett und zog an einer schmalen Schnur, mit leisem Klicken verlöschte das Licht.
    Die Kaltfront hatte sich weiter nach Süden vorgeschoben, während von Süden der Zustrom feuchtheißer Luft anhielt. Und von einem großen Haus auf einem Hügel beobachtete eine junge Frau im Norden das erste Wetterleuchten.

Kapitel 11
    Trotz bleierner Müdigkeit fand Brackmann keinen Schlaf. Er war überdreht, der

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