Der Flächenbrand der Empörung - wie die Finanzkrise unsere Demokratien revolutioniert
bereits außer Kontrolle war. In Italien gibt es seit über zehn Jahren kein Wachstum mehr, aber das wird erst dann zum Problem, als der Kapitalmarkt dem Land den Rücken kehrt.
Die Mechanismen der für die Kontrolle der weltweiten Finanzströme zuständigen Institutionen greifen nicht. Als der IWF endlich in der Asienkrise einschritt, richtete er noch mehr Schaden an, statt »unser« Geld zu retten. Genau dasselbe geschieht heute in Europa. Seit Griechenland und Portugal sich in den Händen der Washingtoner »Experten« befinden, schrumpft die Wirtschaft in Europa, und die Bevölkerung lehnt sich auf gegen die Unfähigkeit derer, die ihren Ruin beschleunigen, statt sie davor zu bewahren.
Die asiatische Bevölkerung begehrte 1997 nicht auf gegen ihre Regierenden, weil sie nicht wusste, was vor sich ging. Der Zusammenbruch der asiatischen Märkte war die erste richtige Krise der globalisierten Welt, die durch die neoliberalistischen Methoden der westlichen Hochfinanz und die Verflechtungen zwischen Geldadel und politischer Macht verschuldet war. Diese Zusammenhänge offenzulegen braucht eine gewisse Zeit.
Die Empörten Europas hatten diese Zeit. Sie wuchsen vor dem Hintergrund ähnlicher Krisen und Spekulationsblasen auf: die Krise des mexikanischen Peso, die Dotcom-Blase in den USA, die Pleite Argentiniens, auf die der wirtschaftliche Zusammenbruch anderer lateinamerikanischer Länder wie Ecuador folgte, die Schuldenkrise in Europa, die Insolvenz Islands und schließlich die Euro-Krise, die Irland und die europäischen Mittelmeerländer in Mitleidenschaft zieht. Verursacht haben sie die gleichen Individuen. Die Protestbewegung weiß: das Duo aus Demokratie und neoliberaler Finanzoligarchie fördert Strukturen, die den Staat aussaugen. Instrumente wie der IWF machen sich zu Helfershelfern dieses kranken Systems.
Was uns die Asienkrise (nicht) gelehrt hat
Dieselben »Rettungspakete«, die der IWF damals den asiatischen Ländern vorschlug, sollen heute die europäischen Nationen in Sicherheit bringen. Sie sind mittlerweile Standard geworden. Dazu gehören stets drastische Kürzungen der Haushaltsausgaben, ein umsetzbarer Plan für einen wirtschaftlichen Aufschwung aber fehlt. Anstatt die Staaten zu sanieren, liefert sie der Währungsfonds der Deflation und der Rezession aus. 1997 zum Beispiel gelang es den asiatischen Ländern trotz »Hilfsprogrammen« nicht, das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen. Doch damit nicht genug: Die Finanzmittel wurden nur unter der Voraussetzung gewährt, dass die Krisenstaaten eine strikte Sparpolitik gegenüber der Bevölkerung durchsetzten. So aber schrumpft das Bruttoinlandsprodukt. Damit versiegt das Lebenselixier einer darniederliegenden Volkswirtschaft, nämlich die Staatsausgaben.
In Spanien setzte Zapatero ab 2008 auf eine großzügige Ausgabenpolitik, um die Wirtschaft anzukurbeln und die höchste Arbeitslosenquote Europas reduzieren zu können. Doch 2011 wurde er vom IWF und der Europäischen Zentralbank an die Kandare genommen, sodass er einen Kurswechsel vornehmen musste. In der Folge begann die spanische Wirtschaft zu schrumpfen. Auch in Italien, das seit zwanzig Jahren kein Wachstum mehr aufweist und wo eine Industriepolitik schlicht fehlt, verstärken die Budgetkürzungen das Problem des schlechten Managements in der Wirtschaft noch zusätzlich.
Das unfehlbare Urteil des Währungsfonds lautet immer gleich: zu viele Schulden. Das ist natürlich wahr, aber wer ist dafür verantwortlich? Ganz bestimmt nicht die hintergangene Bevölkerung. Wussten etwa die Griechen oder die Italiener von den Tricksereien, die ihre Regierung zusammen mit den großen Investmentbanken ausgeheckt hatte? Natürlich nicht. Waren sie darüber informiert, dass sich der Geldadel einen Großteil der für die Staatskasse bestimmten europäischen Finanzmittel in die eigene Tasche steckt? No. In Anbetracht der Tatsache, dass es Aufgabe des IWF ist, die Stabilität der weltweiten Wechselkurse zu garantieren, und dass die übermäßige Verschuldung eines oder mehrerer Länder diese in Gefahr bringt, stellt sich die Frage: Hatte der Währungsfonds je überprüft, ob die Verschuldung noch zu kontrollieren war? Die Antwort ist auch hier ein simples Nein.
Ein Heer von Ratingagenturen, Unternehmensberatungen und Forschungsabteilungen von Banken, ganze Scharen von Wirtschaftswissenschaftlern beim IWF, der Weltbank oder der EU haben nie etwas bemerkt.
Die Empörten Europas haben also recht, wenn sie
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