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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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wie er, von der Kugel eines fremden Mannes getroffen, nach mir hieb, ließ ich in Angst und Schreck den armen kleinen Hund los.«
    »So will ich dich künftig lehren, die Augen offenzuhalten!« rief die ältere der beiden Damen von der Veranda nieder. »Macht die Sache ab, Mr. Hoof, wenn ich bitten darf, die Sonne fängt an mich zu genieren.«
    »Oh, Miß Eugenie, bitten Sie für mich!« flehte die Unglückliche, die gebundenen Hände zu dem jüngeren der beiden Mädchen aufhebend.
    »Nein, du häßliche Sally«, rief aber diese mit fast noch kindischem Trotz, »weil du so schlecht auf meinen armen kleinen Joly achtgegeben, verdienst du auch Strafe. Ich möchte mir die Augen aus dem Kopf weinen, daß den einer von den garstigen Alligatoren gefressen hat - das arme, arme kleine Tier!«
    Mr. Hoof, der Aufseher, stand, wie Jack jetzt sah - und das Ganze kam ihm immer noch wie ein toller, wahnsinniger Traum vor -, dicht neben dem Mädchen und hielt seine Negerpeitsche in der rechten Hand. Mit der linken faßte er jetzt die Schulter der Unglücklichen und wollte zu einem Schlag ausholen.
    »Halt!« schrie da der junge Bootsmann und sprang in Angst und Wut mit einem Satz über das Geländer, das ihn von dem Garten trennte. »Halt! Wollt Ihr ein weißes Mädchen hier eines verdammten Hundes wegen peitschen?«
    Der Aufseher hielt allerdings ein, aber nur, um sich erstaunt und ärgerlich nach dem umzusehen, der es hier wagte, sich in seine Autorität zu mischen.
    »Was will der fremde Mann hier in unserem Garten?« rief da die ältere Dame von der Veranda zornig nieder. »Mr. Hoof, ersuchen Sie ihn, daß er augenblicklich den Platz verläßt.
    »Soll auch geschehen, Miß«, rief der Bootsmann trotzig zurück, »sobald ich nur erst einmal erfahren habe, wer Euch ein Recht in Louisiana gibt, ein weißes Mädchen zu peitschen. Verdammt will ich sein, wenn ich...«
    »Seid so gut und spart Eure Redensarten, mein Bursche«, unterbrach ihn aber mit einem verächtlichen Blick der Aufseher. »Es fällt hier niemandem ein, ein weißes Mädchen zu peitschen, die Dirne hier stammt von Niggerblut, und Ihr seid so gut und macht, daß Ihr fortkommt, denn zu Eurem eigenen Besten will ich hoffen, daß Ihr nicht mit zu den Abolitionisten gehört.«
    »Von Negerblut?« rief Jack, der wirklich halb betäubt war von der neuen Nachricht. »Und eine Haut wie frischgefallener Schnee?«
    »Wünscht Ihr sonst noch was?« sagte der Aufseher mit spöttischer Höflichkeit.
    »Warum geht er nicht?« rief von oben die ältere Dame nieder, während das junge unglückliche Mädchen mit todbleichen Wangen unter dem Griff des rohen Aufsehers zitterte.
    »Und wenn auch zum Teufel noch einmal!« rief da der junge Mann, als er den angstvoll bittenden Blick der Unglücklichen auf sich geheftet sah. »Allerdings will ich noch etwas, du verdammtes Schielauge du, und wären die Damen nicht hier, wollt ich dir Faust zu Faust beweisen, daß du ein nichtsnutziger, diebischer Halunke bist. Jetzt aber habe ich keine Zeit dazu, kann aber bezeugen, daß das arme Mädchen da unschuldig ist.«
    »Wir brauchen Eure Beweise nicht, Sir«, sagte aber hochmütig die Schöne oben auf der Veranda. »Seid so gut und verlaßt den Garten und mischt Euch nicht in Sachen, die Eures Amts nicht sind. Hat sie den Hund etwa nicht verloren?«
    »Allerdings«, rief der Bootsmann, »aber ich war dabei, wie es geschah. Der Alligator lag in ihrem Weg - sie trat fast auf ihn, und meine Kugel traf ihn hinten in den Kopf. Wie er aber mit dem Schwanz zurückschlug, fehlte kein Zoll daran, daß er sie mit sich hinab ins Wasser nahm. Er muß sie fast gestreift haben, und daß sie den kleinen Köter da fallen ließ, ist natürlich. Sie hätten ein Kind fallen lassen, wenn Sie es dort im Arm gehalten.«
    »Welche Roheit!« rief die Dame empört. »Fort mit Euch, oder meine Leute sollen Euch lehren, was hier Sitte in Louisiana ist. Wenn er nicht gutwillig geht, Mr. Hoof, schicken Sie augenblicklich nach dem Sheriff.«
    Jack stand wie vor den Kopf geschlagen - das Mädchen von Negern abstammend, und jetzt, nicht einmal eines Vergehens wegen, um eines Unglücksfalles nur, an dem er selber vielleicht die Schuld trug, in der Gewalt ihrer Henker. Wie mit eisernen Fingern hielt er den Lauf seiner Büchse umspannt. Was aber konnte er hier, nicht allein gegen die Menge, der hätte er vielleicht getrotzt, nein, auch gegen das Gesetz ausrichten? Dem Herrn stand das volle Recht, die volle Gewalt über seine

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