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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Sklavinnen zu, und Erbarmen? War von den Henkern Erbarmen zu hoffen? Die Negertreiber, von einer Anzahl Sklaven unterstützt, kamen jetzt ebenfalls auf den Wink des Aufsehers herbei, und Jack gedachte der Warnung der Mrs. Poleridge: sich um Gottes willen in nichts einzumischen, was die Gesetze und Einrichtungen der Sklaverei betraf. Er war auch klug genug, einzusehen, daß er hier weder mit Gewalt noch Überredung etwas ausrichten könne, warf deshalb noch einen verächtlichen Blick über die ganze Szene und stieg dann langsam wieder über die Fenz zurück, an der auswendig ein schmaler Weg vorbeilief. Dort aber blieb er stehen, fest entschlossen, das Ende dieses Treibens abzuwarten.
»Bitte, Sir, Ihr habt da nichts weiter zu suchen«, rief ihm aber auch hier der Aufseher zu, »verlaßt die Pflanzung, oder man wird Euch Beine machen!«
    »Du wohl, du gelbhäutiger Schuft?« knirschte aber der junge Mann zwischen den zusammengebissenen Zähnen hindurch. »Hier steh' ich auf einem Fahrweg, außerhalb deiner Fenz, und komm jetzt heraus zu mir und wag es, mir ins Gesicht zu sagen, daß ich von hier fortgehen muß. Wenn ihr euch schämt, vor einem weißen Mann das Mädchen zu peitschen, gut, dann geht woanders hin, womöglich in ein dunkles Zimmer, oder wartet die Nacht ab; von dieser Stelle aber weich ich und wank ich nicht.«
    Der Aufseher warf ihm einen boshaft-tückischen Blick zu, die Dame vom Balkon aber rief gereizt:
    »Laßt den Hoosier da stehen, wenn ihm das Freude macht, und geht an Eure Arbeit. Soll ich es Euch zum viertenmal befehlen?«
    Jack sah zu ihr auf - das sonst wirklich schöne, regelmäßige Gesicht war von böser Leidenschaft entstellt, und ihm kam es vor, als ob sie eher einem Teufel als einem Weibe gliche.
    Der junge Fremde, der gestern abend mit den beiden Damen ausgeritten war, trat jetzt heraus auf die Veranda er hatte bis dahin in der offenen Tür gestanden. Er neigte sich auch zu den beiden Schwestern und schien angelegentlich mit ihnen zu flüstern; beide aber machten abwehrende Bewegungen, und die ältere winkte gebieterisch mit der Hand. Der Aufseher hatte sein Opfer wieder gefaßt, und Jack sah, wie er dem unglücklichen Mädchen etwas ins Ohr flüsterte; aber mit Abscheu wandte sich dieses von ihm ab und rief: »Tue dein Schlimmstes!«
    »Gut, mein Täubchen«, lachte der Schuft, »das kann dir werden.« Und im nächsten Augenblick traf seine Peitsche die zitternde zarte Gestalt, daß ein blutiger Streifen in dem weißen dünnen Stoff die Spur der schweren Peitsche gleich darauf verriet.
    Jack fühlte, wie ihm das Herzblut zu Eis erstarrte, und es zuckte ihm in den Gliedern, die Büchse in die Höhe zu reißen und den Henker, wie vorhin den Alligator, niederzuschießen. Er fühlte, daß dies die größte Bestie sei. Aber nicht allein, daß er dann den Gesetzen des Landes verfallen gewesen wäre, in dem er sich nun einmal befand, er hätte auch dem armen Mädchen doch nicht helfen können. Ein anderer hätte dessen Stelle eingenommen - es war ja nur eine Negerin, die man peitschte. Aber die Blicke wandte er von dem furchtbaren Schauspiel ab und sah jetzt, wie die beiden jungen Damen dort oben, denen kleine Negermädchen mit großen Pfauenfederfächern Kühlung zuwehten, lächelnd auf der Brüstung lehnten und der Bestrafung der ›Schuldigen‹ zuschauten. Der Älteren Auge schweifte dabei einmal zufällig nach dem Bootsmann hinunter, als sie aber dessen Blick voll Haß und Verachtung traf, wandte sie sich stolz wieder ab und ihrem Besuch von New Orleans zu, an den sie einige Worte richtete. Aber auch dieser schien mit seinen Gedanken abwesend. Er gab ihr keine Antwort, und als sie sich erstaunt und beleidigt nach ihm umdrehte, machte er den Damen eine stumme, höfliche Verbeugung und verließ die Veranda.
    Das Mädchen klemmte die feine Unterlippe zwischen die Perlenzähne, während unten Schlag nach Schlag auf den Rücken der Unglücklichen fiel. Da plötzlich, wie mit einem raschen Entschluß, hob sie den Arm und rief:
    »Genug - bindet sie los, Mr. Hoof, ich hoffe, sie wird sich die Lektion merken und künftig aufmerksamer sein.« Und ohne den Blick wieder hinunterzuwerfen, trat sie, von ihrer Schwester gefolgt, ebenfalls in das Haus zurück.
    Das Mädchen hatte die Schläge wie ein Held ertragen. ihr Körper zitterte, aber ihr leichenbleiches Antlitz verriet mit keinem Zucken den Schmerz, der ihre Glieder durchwühlte. Nun erst, als der Aufseher die Hand von ihrer Schulter nahm und

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