Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
Vom Netzwerk:
gezogen hatten.
    Jack hörte sie kommen, rührte sich aber nicht, bis ihn das Lachen und Schwatzen unten im Boot aus seinen Träumen weckte. Waren das die Neger, aus deren Mitte vor wenigen Minuten erst eine die Peitsche des Treibers gefühlt? Waren das die Sklaven, deren Nacken das Joch beugte und wundscheuerte? Das war ein Singen, Lachen, Schreien und Jubeln, wie er es nie gehört, und kopfschüttelnd, auf den Ellbogen gelehnt, horchte er eine Weile dem wilden, ausgelassenen Lärm.
    Einzelne kamen noch immer herbei, während andere schon mit gekauftem Gut an Deck stiegen und dort in toller Fröhlichkeit umhersprangen. Hier probierte ein junges, hübsches, rabenschwarzes Mädchen ein neues Tuch, dort hängte sich eine andere ein paar buntschillernde, aber wertlose Ohrringe ein, während ihr ein junger Neger einen kleinen, mit rotem und vergoldetem Papier beklebten Nürnberger Spiegel vorhielt. Einer der Schwarzen hatte sich Tabak gekauft und ließ einen der Kameraden zur Probe ein Stück abbeißen, schrie aber laut auf, als dieser mit dem prachtvollen Gebiß eine zu große Ecke erwischt hatte und nun trotz allem Reißen und Zerren des Eigentümers nicht wieder loslassen wollte. Bunter, grellroter und gelber Kattun kam ebenfalls zum Vorschein, und seidene Bänder selbst und wohlriechende Wasser und Seifen wurden vorgeholt: lauter Dinge, um wenigstens am Sonntag in diesen fremden Genüssen zu schwelgen. Selbst die Negerburschen verschmähten den Staat nicht, um am freien Tag durch irgendeinen Tand den Nebenbuhler in den Augen der Geliebten auszustechen. Der schlaue Yankee kannte dabei ihren Geschmack vortrefflich, und bunte Westen und Hemden, bronzene Uhrketten und unechte Ringe vergaß er nie auf solche Reisen mitzunehmen.
    Der alte Salomo war ebenfalls zwischen der Schar, hütete sich aber wohl, ein einziges Wort, was nicht eben ihren jetzigen Kauf betraf, mit dem Händler zu wechseln. Einer der Negertreiber überwachte den ganzen Verkehr, und dessen Verdacht durfte er, um Gottes willen, nicht erwecken. Er kaufte sich deshalb ein Stück Tabak und ein kleines Taschenmesser und ging wieder langsam an Land zurück.
    Einer der jungen Burschen hatte sich ebenfalls ein Messer gekauft, aber mit einem Korkzieher daran, und oben an Deck betrachteten es seine Kameraden. Der Negertreiher, ein feister Mulatte mit einem Gebiß, dessen sich ein Hai nicht hätte zu schämen brauchen, stand nicht weit davon und sah es.
    »Zeig mir einmal dein Messer, mein Bursche«, sagte er und trat zu der Gruppe.
    »Hier, Massa«, erwiderte der Käufer und reichte es ihm. Taschenmesser zu tragen, war ihnen nicht verboten.
    »Hm, sehr hübsch! Aber wozu hast du den Korkzieher daran - wozu brauchst du den, mein Herzblatt?«
    »Brauch ich den?« lachte der Bursche etwas verlegen. »Oh, zu gar nichts - war einmal dran und kann ihn nicht abmachen.«
    »So? Kannst ihn nicht abmachen? Nun, vielleicht kann ich's«, sagte der Mann, öffnete den Korkzieher, hielt ihn aufs Deck, trat mit dem Fuß dagegen, daß er abbrach, und gab dem etwas verdutzten Jungen das Messer wieder.
    »So, mein Herz«, sagte er dabei, »ich hab es dir ein bißchen bequemer gemacht. Jetzt hast du nicht so schwer daran zu schleppen.«
    Die anderen lachten laut auf, und der arme Teufel schob sein verstümmeltes Messer etwas beschämt in die Tasche zurück.
    »Jetzt ist's aber genug!« rief da der Treiber, nach einer riesigen silbernen Taschenuhr sehend, die eine Kette trug, an der man einen Alligator hätte halten können.
    »Die Zeit ist um. An Land, ihr da unten, an Land! Wenn die Glocke drüben läutet und ich erwische noch einen einzigen an Bord hier, so kann er sich freuen. Habt ihr's gehört?«
    »Ja, Massa, ja«, schrien die Neger und eilten mit flüchtigen Sätzen, dem Befehl Folge zu leisten. Sie wußten, der Bursche spaßte nicht, und es zuckte ihm ordentlich in der Hand, wenn er die lange, schwere Peitsche eine Weile müßig getragen hatte. Der Handel war dadurch kurz abgebrochen, und Mrs. Poleridge hatte sogar nicht geringe Mühe, ein paar der vergeßlichsten Burschen daran zu hindern, daß sie selbst ohne Bezahlung das Boot verlassen wollten. Ein armer Teufel wurde solcherart länger als die übrigen aufgehalten, denn er hatte sich ein rotseidenes Halstuch gekauft und bekam das Geld darauf, was er zuviel bezahlt, nicht schnell genug von dem ›Alten‹ wieder heraus. Mit Zittern und Zagen stand er, die Hand ausgestreckt, vor ihm; Jonathan Poleridge aber, den der Bursche

Weitere Kostenlose Bücher