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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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auf den Befehl der Herrin die Peitsche sinken ließ, schwankte sie, tat ein paar Schritte vorwärts und brach dann ohnmächtig zusammen.
    Mr. Hoof winkte ein paar Frauen, die bis jetzt in dem Garten gearbeitet hatten, sie auf ihr Bett zu tragen, riß eine Handvoll Blätter von dem nächsten Busch, mit denen er seine Peitsche abtrocknete, und schritt gleichgültig, als ob er die gewöhnlichste Arbeit verrichtet hätte, seiner eigenen kleinen Wohnung zu.
    Jack schwindelte der Kopf, daß er sich an der Fenz halten mußte; niemand kümmerte sich aber weiter um ihn, und wie in einem Traum schwankte er den schmalen Pfad hinab, an dem Haus vorüber und dem offenen Strom wieder zu. Hinter ihm läutete die Mittagsglocke, die Arbeiter vom Feld zu ihrer kurzen Rast hereinrufend, ihm aber klang der Ton wie das Grabgeläute eines schönen Traums, und er kam auch erst wieder zu sich, als ihm die kühle, über den Mississippi ziehende Luft entgegenwehte. Nur mechanisch wanderte er aber am Ufer fort, bis er sein Boot erreichte. Stumm und ohne ein Wort zu sagen, legte er dort seine Büchse auf ihren alten Platz, auf zwei über seiner Schlafstelle eingeschlagene Pflöcke, hing die Kugeltasche daneben, warf sein Messer auf das Bett - die Alligatorhaut hatte er an dem Gartenzaun vergessen - und legte sich dann lautlos an Deck, um in den Strom hinauszustarren.
    Die Leute waren alle an Land, nur der ›Alte‹ saß vorn im Boot und hatte sein Gewehr auseinandergeschraubt, um es ordentlich zu reinigen; war auch so mit der Arbeit beschäftigt, gar nicht auf den Mann weiter zu achten. Mrs. Poleridge dagegen fiel das stille Wesen des jungen, sonst so lebensfrohen Burschen auf. Sie hob erst den Kopf über Deck, und als sie ihn dort so still vor sich hinbrütend liegen sah, stieg sie ebenfalls hinauf und trat zu ihm. Aber er hörte sie gar nicht und regte und rührte kein Glied.
    »Jack!« sagte die Frau da endlich, die neben ihm stehengeblieben war. »Jack! Was ist denn vorgefallen?« Jack hob langsam den Kopf und sah sie an, und erschreckt rief sie aus: »Herr, du mein Gott, was fehlt Euch? Ihr habt ja ein ganz kreideweißes Gesicht. Seid Ihr krank, oder habt Ihr den Gottseibeiuns irgendwo gesehen?«
    »Ja«, sagte Jack leise, »den hab ich allerdings gesehen - wenn nicht gar noch etwas Schlimmeres.«
    »Was habt Ihr nur? Was ist denn geschehen?« rief die Frau wirklich besorgt.
    »Nichts - gar nichts«, sagte aber Jack leise und sank wieder in seine frühere Stellung zurück, »ich bin nur an Land gewesen und habe mir ein Stück von unserem freien, schönen Amerika betrachtet - weiter gar nichts - ich gebe Euch mein Wort.«
    »Aber es muß Euch da etwas ganz Absonderliches begegnet sein«, sagte die Frau, die sich nicht so leicht wollte abfertigen lassen. »Ihr seid so sonderbar - ich weiß gar nicht - darf ich's nicht wissen?«
    »Und was hilft's?« sagte der junge Mann. »Wir beide können's doch eben nicht ändern - wie es nun einmal ist.«
    »Also ist doch etwas vorgefallen? Ich habe es Euch angesehen.«
    »Nichts Besonderes wahrscheinlich, hier in Louisiana«, sagte Jack, »ich habe nur zugesehen, wie sie ein weißes Mädchen peitschten, daß ihr das Blut den zarten Rücken hinunterlief, weil ihr ein Alligator einen jungen Hund gefressen hatte.«
    »Ein weißes Mädchen?« rief die Frau erschreckt und ungläubig aus.
    »Sie war wenigstens so weiß wie Ihr oder irgendeine andere Frau in Illinois, die Leute aber sagten, daß sie Negerblut in den Adern hätte.«
    »Das wird ein Quadroon gewesen sein«, nickte die Frau, »die sehen manchmal allerdings ganz weiß aus, gehören aber doch noch immer mit zu den Negern. Ja, lieber Gott, das dürft Ihr Euch hier nicht zu Herzen nehmen! Ich bin nur froh, daß Ihr nicht hineingeredet habt. Das können sie gar nicht leiden, und man macht die Sache gewöhnlich nur noch schlimmer.«
    »Schlimmer?« sagte Jack eintönig und sah dann wieder still vor sich hin in den rasch vorbeifließenden Strom. Die Frau schüttelte langsam den Kopf. Sie hätte gern noch mehr von Jack erfahren; der schien aber nicht besonders aufgelegt, sich auf ein weiteres Gespräch einzulassen, und da auch jetzt von der Plantage eine Anzahl Neger herbeikamen, den in dieser Zeit erlaubten Handel an Bord zu beginnen, mußte sie wieder hinunter in ihr Boot, um dem Mann im Verkauf beizustehen und das Geld einzukassieren. Am Tag wurde fast nur für Geld oder solche Sachen gehandelt, die sich die Neger in ihren kleinen Gärtchen selber

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