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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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vorher durch sein langes Feilschen und Spektakeln geärgert, dachte ihm eine kleine Lektion zu und suchte und suchte so lange in seinem Geld herum, bis richtig die Arbeitsglocke wieder läutete.
»O Golly, Golly! » schrie der arme Teufel und sprang in peinlichster Ungeduld von einem Bein aufs andere. »Arme Nigger geht's schlecht, geht's schlecht, o Massa Poleridge schnell, Massa Poleridge schnell!«
    »Na, du bist ja jetzt auf einmal in schrecklicher Eile«, sagte der Händler, ohne eine Miene dabei zu verziehen, »und vorher hattest du das größte Maul von allen - na hier, Schneeball, ist dein Geld; und nun mach, daß du an Land kommst, und glückliche Reise.«
    »O Golly, Golly!« schrie der Schwarze, war mit einem Satz an Deck und flog mehr, als er lief, an dem neben der Planke stehenden Negertreiber vorbei. Dieser aber hatte die willkommene Beute unten schon gewittert und war fertig, und wie der Bursche an ihm vorbeisetzte, zog er ihm mit aller Kraft einen Hieb über die Lenden. Mit beiden Händen fuhr der Getroffene zurück nach dem leidenden Teil, sah sich aber gar nicht um und setzte unter dem lauten Lachen der Kameraden die Flucht nach der Plantage fort. Der Treiber war heute in guter Laune und der Hieb, wenn er auch eine dicke Schwiele zog, doch eigentlich mehr ein freundlicher Scherz gewesen - er hätte den Burschen sonst nicht mit dem einen Schlag davongelassen.
    Am Land war es indessen wieder ruhig geworden. Die Neger benutzten die kurze Zeit, die ihnen bis zur zweiten Glocke blieb, um hastig ein paar Bissen zu essen, um dann wieder zu ihrer Arbeit bereit zu sein, und Weiße ließen sich in der Mittagssonne nicht gern im Freien blicken. Mr. Poleridge war indessen unten in seinem Boot beschäftigt, die durcheinandergeworfenen Gegenstände wieder aufzuräumen, und Jack lag noch immer auf seinem alten Platz an Deck, nicht einmal die heißen Sonnenstrahlen achtend, die auf ihn niederbrannten.
    An der Levée kam langsam ein Reiter, hielt, als er das Orangenwäldchen erreichte, sein Pferd an, stieg ab, warf den Zügel über einen durch die Fenz ragenden Zweig und kam über den Damm herüber an Bord des Boots. Als Jack die Schritte auf den Brettern hörte, drehte er den Kopf danach um, sprang aber, wie von einer Natter gestochen, in die Höhe, als er den Aufseher, Mr. Hoof, in dem Kommenden erkannte.
    »Ist der Kapitän unten?« fragte der Aufseher, das Erstaunen des Bootsmanns nicht weiter beachtend. Dieser antwortete ihm aber nicht, sondern sah ihn nur mit glühenden Blicken bitteren Hasses starr und stumm an, und der Negerpeitscher, dem das unbehaglich wurde, sagte lächelnd:
    »Ah - unser alter Bekannter vom Land drüben! Lieber Freund, Ihr scheint mir hier noch fremd zu Land und unsere Sitten und Gesetze nicht genau zu kennen. Wenn Ihr von jemand, der es gut mit Euch meint, einen Rat annehmen wollt, so mischt Euch nicht wieder in solche Niggerhändel. Es kommt für einen Fremden nichts dabei heraus als Unannehmlichkeit, und Ihr versteht auch nicht und könnt nicht verstehen, wie man hier mit dem Niggergesindel umgehen muß, daß es uns nicht über den Kopf wächst und die Sicherheit aller gefährdet.«
    »Und Ihr habt wirklich die Unverschämtheit«, sagte da Jack, der sich von seinem Erstaunen noch immer nicht erholen konnte, »einem ehrlichen weißen Mann ins Auge zu sehen und ihm von Sitten und Gesetzen zu sprechen?«
    »Unverschämtheit? lieber Freund, ich verbitte...«
    »Freund? Der Teufel ist Euer Freund!« schrie aber Jack, bei dem der Zorn die Oberhand gewann. »Und wenn es mir je in den Knochen gezuckt, einen feigen, nichtswürdigen Halunken zu Boden zu schlagen, so ist es in diesem Augenblick.«
    »Ich möchte Euch doch raten, Euren Übermut ein wenig zu zügeln«, sagte der Aufseher, der allerdings totenbleich geworden war, aber trotzdem seine volle Ruhe bewahrte. Nur die rechte Hand, an der die Negerpeitsche hing, fuhr langsam unter die Weste, dort eine jedenfalls verborgene Pistole zu fassen und zu halten. Er dachte gar nicht daran, sich mit dem rauhen Burschen in einen Faustkampf einzulassen.
    »Wohl weil Ihr den Puffer in der Tasche tragt?« entgegnete ihm aber mit verächtlichem Lächeln der Bootsmann, der die Bewegung vollkommen gut verstand. »Glaubt Ihr, das Ding würde mich schrecken? Da Ihr aber so rasch mit gutem Rat bei der Hand seid, so will ich Euch auch den meinigen nicht versagen, und der ist: daß Ihr Euch mir aus der Nähe haltet, oder beim ewigen Gott, ehe ich diesen Boden

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