Der Flatbootmann
Jack?«
»Hier, Sir.«
»Gut - Planke ein...«
»Wollen wir fort?«
»Jawohl, mein Herz.«
»Jetzt wird's aber schon dunkel«, meinte Tom, einer der Leute, »und bei Nacht und Nebel werden wir wahrscheinlich auf das Holz da unten rennen.«
»Bill, kannst du die Leine an dem Stamm da oben festbringen?« sagte der Alte. »Nimm das Kanu - hier wirst du wohl gegen die Strömung aufkommen. Du tust mir aber einen Gefallen, wenn du dich ein wenig beeilst.«
»Kann ich? Gewiß, kann ich!« sagte Bill, dem es ordentlich unheimlich vorkam, daß ihn der Alte um etwas bat. Im Nu griff er auch die Leine auf, warf sie in das Kanu hinein, dessen Seil der Alte löste, und ruderte im nächsten Augenblick schon dem ihm bezeichneten Stamm zu, der etwas weiter im Strom draußen und höher, als sie sich befanden, festgeschwemmt saß. Es kostete allerdings einige Mühe, das schwankende Kanu gegen die starke Strömung zu stemmen. Bill war aber ein kräftiger Bursche und gewandter Ruderer und erreichte nach kurzer Arbeit einen der Äste, an dem er sich jetzt leicht hinaufziehen konnte. Sowie er den Stamm erreichte, schlug er das mitgebrachte Tau darum, und das andere Ende an seinem Kanu befestigend, war er mit wenigen Ruderschlägen wieder an Bord zurück. Die ganze Mannschaft hängte sich jetzt an das Tau. Das vom Ufer freie Boot wurde gegen die Strömung an- und mehr hinausgezogen, bis es außer aller Gefahr von dem unterhalb liegenden Holz war, dann stellten sich die Leute alle wieder an ihre Plätze, und während sich Bill mit dem Kanu rasch wieder an dem Tau hinaufzog, bis wo es befestigt war, löste es der Alte von Bord ab.
»Jetzt alle zusammen!«
Die ausgehobenen Ruder fielen zusammen ein, das Steuer knarrte, als es den breiten Bug herumwarf, und während Bill schon wieder mit der eingeholten Leine zurückkam und rasch an Bord kletterte, nahm die Strömung das schwere Boot mit hinaus in das offene Fahrwasser, in dem sie jetzt schnell und gefahrlos dahinglitten.
Zu gleicher Zeit sah übrigens der Alte, der mit seinen Augen das Ufer überflog, wie ein Reiter die Levée hinab der Plantage zusprengte. Der Aufseher war es nicht, es konnte möglicherweise der Konstabler sein, und er wandte sich langsam pfeifend und mit einem spöttischen Lächeln auf den schmalen Lippen dem Strom wieder zu.
Die Nacht brach allerdings jetzt ein, und von den Häusern der Pflanzer, an denen sie vorüberglitten, schimmerten ihnen schon einzelne Lichter entgegen.
Der Mond goß aber dafür sein helles Licht auf sie herab, und wenn sie sich nur aus der Nähe des Ufers hielten und keinen Nebel bekamen, konnten sie recht gut hier unten die Nacht durch unterwegs bleiben. Hier durften sie übrigens die langen, schweren Ruder noch nicht ruhen lassen, da die Strömung nach dem eben verlassenen rechten Ufer hinübersetzte und einige hundert Schritt weit, unterhalb der Plantage, eine scharfe niedere Landspitze vorsprang. Die aber einmal passiert, hatten sie auch nicht das geringste mehr zu befürchten, und breit und offen lag ihre Bahn dann mitten im mächtigen Mississippi hin.
Die Leute wußten das auch recht gut schon selber, denn sie waren alle lange genug auf dem Strom gefahren, um den sich ziemlich gleichbleibenden Charakter desselben zu kennen. Mit bestem Willen legten sie sich deshalb in die schweren Ruder, während der Steuernde den Bug fast ganz vom Land abhalten mußte.
Jack war natürlich ebenso rasch wie die anderen dem Zeichen an Deck gefolgt und hatte dort, was ihm oblag, mit bestem Willen verrichtet. Während sich die Kameraden aber bei ihrer Arbeit lebhaft miteinander unterhielten, sprach er kein Wort und blickte nur stumm und traurig nach den Gebäuden hinüber, an denen ihr Boot jetzt vorbeiglitt. Dort konnte er den Garten wiedererkennen, die düstere Baumgruppe bezeichnete den Platz, an dem die Unglückliche heute gepeitscht worden - in einer jener kleinen, niederen Hütten, die selbst jetzt mit ihren hellen Mauern durch die Dunkelheit zu ihnen herüberschimmerten, lag sie, von Schmach und Qual das Herz gebrochen - eine Sklavin, der Willkür der Tyrannen preisgegeben. Aber Sklavinnen werden von ihren Herren auch verkauft - wie nun, wenn er selber sein kleines Besitztum daheim veräußerte, zu Geld machte, was ihm gehörte, und sie befreite? Wie ein Messer stach ihm der Gedanke plötzlich durch das Herz, und die Glieder zitterten ihm ordentlich in dieser so jäh auftauchenden, neu gezeigten Hoffnung. Wenn er vor sie treten und sie als
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