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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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verlasse, vergesse ich mich und besudle meine Hände mit Eurem elenden, nichtswürdigen Blut!«
    »Hallo!« sagte Poleridge, der in diesem Augenblick den Kopf aus seiner Kajüte steckte und, als er sich aufrichtete, auch mit der Hälfte seines langen Leibes über Deck emporragte. »Was ist nun los und wer ist tot?«
    »Sir - Ihr seid mein Zeuge«, rief da der Aufseher, der seine Wut kaum noch zu bändigen wußte und nur bis jetzt von der Furcht vor seinem Gegner im Zaum gehalten wurde. »Ihr seid mein Zeuge, daß ich hier von einem Eurer Leute auf das schändlichste behandelt werde. Meine Stellung erlaubt mir nicht, ihm anders darauf zu antworten, aber das Gericht mag entscheiden, ob ein Bürger von Louisiana, hier in unserem eigenen Staat, von einem Abolitionisten solches zu ertragen braucht.«
    »Jack, bist du denn ganz des Teufels?« rief Poleridge erstaunt aus.
    »Das Gericht?« rief aber dieser, den Einwurf des Bootsherrn gar nicht beachtend, mit höhnischem Lachen. »Und du, Bube, wagst mit dem Gericht zu drohen. Diebischer Halunke, der seinen Herrn massenhaft bestiehlt - nach oben kriecht und schwänzelt und an den unglücklichen Schwarzen dann seine bestialische Wut ausläßt? Geh, Kanaille, aber dein Blockhaus wollen wir dir dann auch durchstöbern und sehen, ob die Ballen Baumwolle alle eingetragen sind, die du dort versteckt hast. Wenn du aber nicht jetzt den Augenblick dies Deck verläßt, so schwör ich dir zu, daß ich nicht länger für mich einstehe.«
    Die Fäuste geballt, die Augen Feuer sprühend, trat er dem bestürzt Zurückweichenden ein paar Schritte näher. Poleridge hielt es jetzt aber ebenfalls an der Zeit, dazwischenzutreten, denn ihm lag wenig daran, die Behörden auf sein Boot aufmerksam zu machen oder gar Händel mit den Leuten an Land zu bekommen.
    »Jack«, rief er drohend, »laß mir den Mann zufrieden! Zum Henker noch einmal, ich möchte nur wissen, was in den Burschen auf einmal gefahren ist! Kannst du nicht Frieden halten?«
    Der Aufseher suchte aber auch seinerseits, dem Gereizten so rasch als möglich aus dem Weg zu kommen. Daß der Bursche von seinem Handel mit dem Bootsführer wußte, war ihm auch nicht recht und beunruhigte ihn mehr als alles andere. So den Augenblick benutzend, wo Poleridge zwischen ihn und seinen Angreifer trat, verließ er rasch das Boot und hielt noch einmal auf dem Damm, als ob er irgend etwas zurückrufen wollte. Aber auch das gab er auf, trat zu seinem Pferd, warf den Zügel ab und über den Nacken des Tieres, sprang in den Sattel und galoppierte im nächsten Augenblick die Straße hinab, der Plantage zu.
    »Na ja, jetzt haben wir die Geschichte«, sagte Poleridge, dem Davonsprengenden kopfschüttelnd nachschauend, »da geht er hin, und was hast du dich denn eigentlich in unseren Handel gemischt, he?« drehte er sich dann plötzlich wieder gegen seinen Bootsmann um. »Was geht dich das an, wenn ich ein vorteilhaftes Geschäft mit derartigen Herren machen kann? Glaubt ihr, ich kann euch eure teuren Löhne von dem zahlen, was ich an Mais und Whisky in New Orleans verdiene? Jetzt werd ich alle Hände voll zu tun haben, das wieder gutzumachen, was der Hitzkopf da mit seinem großen Maul verdorben. Was hast du eigentlich mit dem Burschen gehabt?«
    »Ich?« sagte Jack finster. »Gar nichts - aber wenn er mir noch einmal in den Weg läuft, so will ich verdammt sein, wenn ich ihm nicht den tückischen Schädel zerschlage und den rechten Arm aus dem Gelenk drehe.«
    »Wenn du das erste tust, kannst du dir das zweite ersparen«, sagte der Alte trocken. »Hast du übrigens so große Lust, des Sheriffs Bekanntschaft hier zu machen, so wär es mir sehr lieb, du wartest damit, bis du von meinem Boot bist, nachher, weißt du, kannst du eben tun, was dich gerade freut.«
    Jack schwieg und sah finster vor sich nieder; der Alte aber schob die Hände in die Taschen und ging, leise vor sich hinpfeifend, eine Weile an Deck auf und nieder. Nur manchmal warf er einen flüchtigen wie unschlüssigen Blick nach der Plantage hinunter, drehte sich dann plötzlich scharf auf dem Absatz herum und verließ das Boot, die Richtung nach der Pflanzung einschlagend. So verging der Tag; Mrs. Poleridge wollte noch ein paarmal ein Gespräch mit Jack anknüpfen. So freundlich und gefällig der junge Bursche aber auch sonst immer gewesen war, so düster und schweigsam und doch auch wieder ganz ineinandergebrochen schien er heute. Die Frau sah, daß ihm etwas am Herzen nage, und ums Leben gern

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