Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
Vom Netzwerk:
hätte sie gewußt, was das sei, aber es war eben nichts aus ihm herauszubekommen.
    Gegen Abend kam der Alte wieder zurück, er sah aber verdrießlich aus. Die übrigen Leute hatten sich größtenteils ebenfalls eingefunden und lachten und erzählten von dem, was sie heute erlebt und gesehen. Jack schützte Kopfweh vor, ging hinunter in seine Koje und legte sich zu Bett. Das Abendbrot war verzehrt, und die Leute krochen teils unter ihre Moskitonetze, teils schlenderten sie noch in der Nähe des Boots am Ufer auf und ab. Der Alte lag ebenfalls in seiner Koje und schlief, aber nur, um später wieder munter zu sein, wenn seine nächtlichen Kunden an Bord kommen würden. Da schüttelte ihn plötzlich jemand an der Schulter, und als er erstaunt die Augen aufschlug, stand Salomo neben ihm. So leise und geräuschlos war der Schwarze an Bord gekommen, daß ihn weder die am Ufer Stehenden gesehen, noch der kleine, übrigens von dem heutigen Marsch sehr ermüdete Hund gewittert hatte,
    »Hallo, Salomo?« sagte der Händler sich rasch aufrichtend. »Schon so spät? Ich muß schrecklich lange geschlafen haben.«
    »Nein, Massa«, flüsterte aber der Neger ängstlich, »noch nicht spät. Können aber heute nicht kommen - und morgen auch nicht!«
    »Ha!« sagte der Yankee, jetzt erst völlig munter geworden. »Was ist nun wieder im Wind? Haben sie etwas gemerkt?«
    »Ja, Massa«, nickte der Schwarze traurig mit dem Kopf, »Massa Hoof hat überall herumgespürt und große Kruke mit Whisky gefunden. Unglück ist los auf Plantage, und schwarze Mann bekommt viel Schläge, aber keinen Whisky mehr.«
    »Hm - verwünscht«, brummte der Alte zwischen den Zähnen hindurch, und seine eisernen Züge zogen sich drohend zusammen, »da ist niemand daran schuld als der tollköpfige Jack! Was dem Burschen nur heute kann in die Krone gefahren sein?«
    »Und an Bord wollen sie auch kommen«, sagte Salomo.
    »An Bord?« rief der Händler und drehte sich rasch nach ihm um. »Wer will an Bord kommen?«
    »Der Konstabler«, sagte der Neger, einen scheuen Blick über die Schulter werfend, »sie konnten ihn nur nicht gleich finden. Es hieß, daß er an den Atchafalaya geritten wäre, aber jeden Augenblick zurückkommen müßte, und da - da bin ich, so rasch ich konnte, hergekommen, Massa Poleridge davor zu warnen. Wenn sie die Schweine und Gänse an Bord finden...«
    »Möcht es euch schlecht gehen, he?« sagte der Händler, und eine Art von Lächeln zuckte ihm über das harte Gesicht.
    »Massa Hoof kennt alle Zeichen von Schweinen im ganzen Gebiet«, sagte der Schwarze schüchtern.
    »Du hast recht, mein Bursche«, rief da der Händler, mit beiden Füßen zugleich aus seiner Koje springend, »das wollen wir doch lieber nicht abwarten. Betsy - o Betsy - schläfst du?«
    »Nein, was gibt's?« sagte die Frau.
    »Füll dem Burschen da einmal eine Flasche Whisky - oder neben dem Faß müssen noch ein paar volle liegen. Und dann mach, daß du wieder an Land kommst, Salomo, denn ich denke, wir wollen in einer Viertelstunde flott sein. Nachher kann sich dein Konstabler und Massa Hoof den Platz besehen, wo wir gelegen haben.«
    »Das ist das beste«, sagte der alte Neger vergnügt, dem sich damit ein Stein von der Brust wälzte, denn was ihnen bevorstand, wenn das Boot untersucht und manches dann gefunden wurde, was nur durch die Hände der Neger seinen Weg dorthin gefunden haben konnte, wußte er recht gut.
    Der alte Poleridge hielt sich aber nicht mit weiteren Worten auf. Mit ein paar Schritten war er an Deck, schob die beiden Zeigefinger zwischen die Lippen und stieß damit einen scharfen, gellenden Pfiff aus, der weit hinausschallte. Salomo glitt indessen mit seiner Flasche rasch an Land zurück.

5. Die Abfahrt
    »Hallo«, rief Bill, der oben mit einem der Kameraden etwa hundert Schritt vom Boot entfernt auf der Levée saß, »was war das? Klang das nicht wie das Zeichen des Alten?«
    »Der Teufel wird ihn doch nicht plagen, daß er den alten Kasten noch heut abend in den Strom hinausschieben will?« sagte ein anderer.
    »Dem ist alles zuzutrauen«, meinte Bill, »aber dann... Wahrhaftig, da ist der zweite Pfiff!« unterbrach er sich rasch emporspringend. »Jungens, da muß was vorgefallen sein, und wir wollen machen, daß wir an Bord kommen.«
    Die Bootsleute zögerten auch nicht lange und hatten kaum den Fuß an Deck gesetzt, als der Alte mit seiner gewöhnlichen Ruhe sagte:
    »Seid ihr alle da?«
    »Ich denke, ja«, meinte Bill.
    »Wo ist

Weitere Kostenlose Bücher