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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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und morgen, wenn es Tag wird, am nächsten Städtchen zu landen und uns anzuzeigen. Nachher haben wir Sheriff und Konstabler warm vom Bäcker weg an Bord, und daß ich mich dem nicht aussetze, ich dächte, dafür würdest du mich kennen.«
    »Und das Kind wolltest du wirklich ausliefern?« sagte die Frau.
    »Wenn ich vorher gewußt hätte, wie die Sachen standen, hätt ich sie gar nicht an Bord gelassen. Jetzt ist aber noch nichts verdorben. - Der Overseer wird froh sein, wenn er sein Eigentum zurückhat, und wir schwimmen ruhig weiter. Alle Sklaven kann ich doch nicht freimachen, und um mit der einen anzufangen, riskier ich nicht mein Hab und Gut und meinen Hals. Rede nicht weiter, denn du weißt, es hilft dir nichts.«
    »Dann laß sie wenigstens ihr Boot nehmen und irgendwo an Land gehen!« bat die Frau.
    »Damit werden wir aber die Schufte nicht los«, brummte der Mann. »Entweder entdecken sie das Kanu mit dem hellen Kleid darin, und dann kann sie ihnen nicht entgehen, oder sie fahren hinter mir drein und machen mir dann Gott weiß was für Umstände im nächsten Ort.«
    »Liefert mich aus«, sagte da plötzlich das Mädchen selber mit leiser, aber entschlossener Stimme. »Ich fühle, daß ich kein Recht habe, Euch solcher Gefahr auszusetzen, und - ich bin doch verloren. Entkäme ich auch hier in den Wald, was hülfe es mir - ich müßte in der Wildnis verderben oder an bewohnte Stellen gehen, und überall gelten diese furchtbaren Gesetze, die mich verdammen. Liefert mich aus - mir bleibt doch keine andere Wahl, als zu sterben.«
»Vielleicht doch noch«, sagte da eine ernste und ruhige Stimme, und als sich alle erstaunt danach umsahen, trat Jack aus dem Dunkel des Raumes vor, wohin er sich bei des Händlers Ankunft zurückgezogen hatte. »Willst du dich mir anvertrauen, Mädchen?«
    »Dir, Jack?« sagte der Yankee. »Was fällt dir ein, Bursche! Das Boot ist für die Handlungen der Leute darauf verantwortlich, und ob ich sie hier versteckt hielte oder ein anderer, bliebe sich gleich.«
    »Das weiß ich«, sagte der Bootsmann ruhig. »Ich weiß auch, daß Ihr sie nicht retten könntet, selbst wenn Ihr wolltet, und in der ersten Angst um das arme Kind hatte es mir nur so den Kopf verwirrt, daß ich selber gar nicht daran dachte. Auch mit dem Kanu allein kann die Arme nicht entfliehen. So gut sie mit dem Ruder umzugehen weiß, so sind ihr die Glieder durch die Mißhandlung gelähmt, und sie würde bald ermüden. Ich habe mir die Sache aber überlegt und - werde sie begleiten.«
    »Unsinn«, brummte der Yankee, »und glaubst du, daß du mit dem Kanu dem von vier Riemen geführten Boot entgehen könntest? In einer halben Stunde hätten sie dich eingeholt, und was dann? Fang du hier mit den Sklavenhaltern etwas an! Durch unser Arbeiten im Norden gegen die Sklaverei sind sie überdies gereizt und wütend gemacht, und fielest du der richtigen Bande in die Hände, hängten sie dich an den nächsten Baum, allen Gerichten und Sheriffs der Welt zum Trotz.«
    »Wenn sie mich lebendig fangen, ja«, lachte der junge Bootsmann ingrimmig vor sich hin, »aber wer ist denn im Boot? Der eine weiße Halunke mit vier Negern - was ist das?«
    »Mehr, als du denkst, mein Bursche«, sagte der Alte, »der Aufseher hat sich wahrlich niemanden zum Rudern mitgenommen, auf den er sich nicht fest verlassen kann. - Und wohin willst du hier? - Rechts liegt Louisiana, links Mississippi - eins ein Sklavenstaat so gut wie der andere; einer die Gesetze desselben mit peinlicher Ängstlichkeit und Schärfe aufrechthaltend wie der andere. Erreichtest du aber selbst glücklich einen freien Staat, so wärst du selbst dort nicht geschätzt, denn unsere freien Staaten liefern ebenfalls entsprungene Neger aus.«
    »Ich weiß das alles«, sagte Jack ruhig, »ich habe mir auch alles überlegt, und mein Plan steht fest. Euch selber kann keine Strafe mehr treffen, wenn man das Mädchen nicht bei Euch findet. Ob sie an Bord gewesen oder nicht, kann Euch niemand beweisen, und nur um einer Unbequemlichkeit zu entgehen, wollt Ihr doch die Unglückliche nicht wieder dem fürchterlichen Elend anheimgeben? - Aber wolltet Ihr es auch«, setzte der junge Mann mit wilder Leidenschaft rasch und heftig hinzu, »verweigert Ihr mir selber Eure Einwilligung, so schwöre ich Euch, daß ich Euch und allen zum Trotz das Mädchen dennoch von hier mit fortnehme oder mit ihr untergehe. Mein Blut komme dann über Euch, und Ihr möget sehen, wie Ihr meinem Vater, der Euer

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