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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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paar Dollar mehr, denn ich habe den Monat für voll gerechnet - werd es von deinem Alten schon wiederbekommen, wenn sie dich hängen sollten. - Schon gut - deine Büchse ist doch in Ordnung?«
    »In bester, und Kugeln hab ich auch genug, auch noch ein Stück Blei in der Tasche, frische zu gießen, wenn sie nicht ausreichen sollten.«
    »Und dein Pulverhorn?«
    »Gefüllt...«
    »Na, dann mit Gott, und nun leb wohl und halte dich tapfer - ich muß hinauf an Deck.«
    Er drückte dem jungen Burschen derb die Hand und wollte dann die Kajüte verlassen, blieb wieder stehen, besann sich einen Augenblick; drehte sich wieder um und reichte auch dem Mädchen die Hand. Es war nur ein Nigger, und das Vorurteil konnte er nicht so leicht besiegen, das selbst in den Herzen der nördlichen Amerikaner wurzelt. Aber sie sah so ganz genau wie eine Weiße aus, und der blutige Rücken der Armen fiel ihm auch wieder ein, daß er die Hand des Mädchens nahm und fast herzlich schüttelte.
    »Leb wohl«, sagte er dabei, »ob du recht getan, weiß ich nicht - ich selber mache einen dummen Streich - aber wir wollen das Ende abwarten.« Und ohne sich wieder umzusehen, stieg er langsam nach oben.

7. Im Kanu
    Bill, der einem anderen das Steuer überlassen, hatte indessen vorn vom Boot aus einen scharfen Ausguck gehalten. Der Mond stand allerdings schon ziemlich tief am Himmel, aber es war noch hell genug, eine weite Strecke aus zu sehen. Der Alte überlegte sich dabei, ob die beiden Leute nicht doch am besten täten, den Untergang des Mondes abzuwarten; dann aber waren sie auch der Gefahr ausgesetzt, daß sich ihre Verfolger ganz dicht beim Flatboot hielten und sie, sowie sie ihre Flucht bemerkten, unfehlbar augenblicklich eingeholt hätten. Jetzt blieben diese doch ein Stück davon entfernt, und wenn sie, einmal unter der Insel, zurück hinter das Flatboot ruderten, hatten sie noch die Hoffnung, ihnen zu entgehen. Wenigstens mochten sie soviel Vorsprung gewinnen, daß sie das Ufer des Mississippistaates erreichen konnten. Im Wald war Jack daheim, und der Aufseher hätte dort außerdem vorher einen Warrant bei einem dortigen Sheriff beantragen müssen, um die entlaufene Sklavin gerichtlich verfolgen zu können und ausgeliefert zu bekommen.
    Das Boot hatte, wie Bill nicht entgangen war, allerdings an der Spitze der Insel auf sie gewartet, um vor allen Dingen erst zu sehen, welches Fahrwasser das Flatboot annehmen würde, das rechte oder linke. Die Insel war zwar nicht groß, aber mit hohen Baumwollholzbäumen und Weiden dichtbewachsen, und die durften sie nicht zwischen sich und das verfolgte Boot lassen. Mr. Hoof übrigens, mit Wut und Haß im Herzen seine Beute überwachend, wußte recht gut, daß hier eine günstige Stelle zur Flucht sei. Trotz aller Vorsicht Jacks hatte er, oder vielmehr einer seiner mitgenommenen Negertreiber, das Ausschöpfen des Kanus gehört und kannte die Bedeutung des Lautes. Die Weißen wollten den Tag nicht abwarten, sondern, um jeder Verantwortung ledig zu werden, jedes Zeugnis gegen sich abzuschütteln, das Mädchen wahrscheinlich hier im Schatten der Insel an Land schicken, von wo aus sie dann später, sobald sie selber außer Sicht wären, ihre Flucht ungehindert fortsetzen könnte. Das mußte er zu verhindern suchen, und deshalb blieb er jetzt hier auch ruhig auf seinen Rudern, im Schatten eines in den Strom gestürzten Baums liegen, um sich von da an nur einfach zwischen der Insel und dem Boot zu halten. Sowie sie weiter unterhalb wieder freies Wasser erreichten, hatte er kaum zu fürchten, daß ihm das Kanu ungesehen entkommen könnte.
    An Bord des Boots war ihnen das aber ebenfalls nicht entgangen, und Jack baute darauf seinen Plan. Mr. Hoof hatte nicht bedacht, daß die Flüchtige nicht wagen durfte, an einer Insel zu landen, wo sie, wenn entdeckt, ihren Verfolgern gar nicht mehr entgehen konnte. Die Insel lag nun ziemlich in der Mitte des Stroms, aber fast noch mehr nach der Mississippiseite als gegen Louisiana zu, so daß die Entfernung nach jenem Staat auch nicht so groß war. Das Kanu schien außerdem vortrefflich gebaut und lag leicht auf dem Wasser, und mit zwei Rudern konnten sie, wenn selbst verfolgt, ihre Entfernung schon eine Weile halten. Das Mädchen mußte deshalb den Platz vorn im Kanu einnehmen, das Gesicht dem Bug zugekehrt, um im schlimmsten Fall ihr Ruder ebenfalls zu gebrauchen. Jack dagegen, mit einem anderen sogenannten Paddel, das er vom Bord des Flatbootes mitgenommen, stand daneben

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