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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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trägt die gleiche Kleidung wie so viele in den Straßen von Paris, doch wir stellen fest, dass es sich um das Original handelt. Das Luftschiff fliegt über die Häuser und dann diagonal über den Boulevard Edgar Quinet, und ständig zieht es die Blicke der Passanten auf sich. Aber der Boulevard Edgar Quinet ist eine ruhige Straße, nur eine Kalesche steht vor einem Haus gegenüber vom Friedhof Montparnasse. Menschen schauen aus dem Fenster, und ein paar Diener laufen auf die Straße, um das Luftschiff vorbeifliegen zu sehen. Auch der Kutscher lässt sich ablenken, schaut nach oben und merkt nicht, dass eine junge Frau aus dem Haus kommt. Sie kümmert sich nicht um die Aufregung in der sonst ruhigen Straße. Sie steigt in die Kalesche und gibt dem Kutscher schroff Anweisung, seine Arbeit zu verrichten.
    Viele Jahre später  Der geräumige Salon der Penthousewohnung ist diskret geschmackvoll eingerichtet. An der Wand ein Ölporträt des noch jungen Alberto. Von der Wohnung aus hat man einen großartigen Blick über den Central Park in New York. Eine schöne Frau, im Chanel-Stil gekleidet, für ihre 47 Jahre noch gut aussehend, kämpft gegen die Tränen, die in ihre braunen Augen treten.
    Nein, ich trage nicht mehr den Familiennamen Breckinridge … Ich habe mich gerade scheiden lassen. Jetzt heiße ich wieder D’Acosta, wie damals, als er mich kennenlernte, wie in dem Sommer 1903 in Paris. Ich war 18 … Meine Familie ließ sich, auf Drängen meiner Mutter natürlich, keinen Sommer in Paris entgehen …
    Kaum zu glauben, aber seitdem sind fast 30 Jahre vergangen. 30 Jahre!
    In jenem besonderen Jahr  Ungeduldig sitzt die elegante junge Frau in der Kalesche und wartet darauf, dass der Kutscher von dem Wundergebilde ablässt, das über der Straße schwebt, und endlich die Pferde antreibt. Obwohl diese Erscheinung schon fast alltäglich ist, wird es den Leuten nicht langweilig, mit staunenden Augen hinaufzusehen.
    Maurice, wir können hier nicht den ganzen Tag stehen!
    Notgedrungen greift der Kutscher schließlich nach den Zügeln und wartet darauf, dass ihm gesagt wird, wohin die Fahrt gehen soll.
    Nach Neuilly, schnell …
    Sie warten ja nicht ab, Mademoiselle, bis die Pferde schneller laufen …
    Oh, was für ein Getrödel … Wenn du weiter schwatzt, werden die Pferde noch langsamer als eine Schnecke.
    Der Kutscher peitscht wütend auf die Pferde ein, die Kalesche rast die Straße hinunter.
    Mit voller Fahrt voraus  Alberto in seinem Luftschiff steckt das Taschentuch weg und setzt ein Lächeln auf. Er führt ein paar Kommandos aus, und die Nr. 9 ändert ihren Kurs und folgt nun der Kalesche, die in wilder Fahrt davonfährt. Nach ein paar Sekunden dieses für die Kalesche ungerechten Wettrennens führt Alberto weitere Kommandos aus, die Nr. 9 über dem Pariser Häusermeer ändert wieder den Kurs, wird schneller, steigt höher und verschwindet zwischen vereinzelten Kumuluswolken.
    Ein blühendes Mädchen  Die Kalesche befindet sich jetzt auf einer Landstraße. Die junge Frau kann ihre Ungeduld kaum verbergen.
    Maurice, Mama darf absolut nichts davon erfahren, hast du mich verstanden?
    Sie können sich auf mich verlassen, Mademoiselle. Aber ich finde es noch immer verrückt …
    Ich habe dich nicht um deine Meinung gebeten.
    Der Kutscher verzieht beleidigt das Gesicht. Auch ohne ihn von vorn zu sehen, weiß die junge Frau, dass sie ihn verletzt hat.
    Ist gut, Maurice. Ich entschuldige mich … aber manchmal bist du noch schlimmer als Mama.
    Wenn Madame D’Acosta das erfährt, zieht sie mir bei lebendigem Leib das Fell über die Ohren. Dann verliere ich meine Stelle, bin alles los …
    Werd nicht tragisch, Maurice. Mama denkt nur an die Einladungen, die sie bekommt, welches Kleid sie zu welchem Empfang anziehen und wen sie zu dem Fest einladen soll, das sie zum Abschluss der Saison geben will.
    Vielleicht, Mademoiselle. Aber ich verspreche Ihnen, dass Hauptmann Ferber gar nicht erfreut sein wird, wenn er hört, dass wir nach Neuilly fahren.
    Ferber! Dieser eingebildete Mensch. Ich glaube nicht, dass er sich für mich interessiert.
    Ihre Dollarmillionen, Mademoiselle, sind für ihn genauso verlockend wie ein Honigtopf für Fliegen.
    Maurice! Sei nicht gemein. Das hat sich doch alles nur Mama ausgedacht. Sie hat den armen Hauptmann Ferber überredet, mich in diesem Sommer zu begleiten.
    Aber Sie haben andere Pläne, Mademoiselle?
    Ja, ich will in diesem Sommer fliegen.
    Der Kutscher bekreuzigt sich, und

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