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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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Situation.
    An dem Abend im Maxim’s kam ein Mann. Sie haben mich ohne jede Erklärung stehen lassen. Warum?
    Ich wusste, dass Sie das ansprechen würden. Ach! Die Männer sind doch alle so berechenbar … Das war mein Bruder …
    Ihr Bruder?
    Er kann sich nicht damit abfinden, dass ich Schauspielerin bin. Für ihn sind Schauspielerinnen das Gleiche wie … wie diese Frauen … Und sie macht eine vage Handbewegung.
    Und Ihr Bruder, was macht der?
    Er arbeitet bei einem Schlachter in der Rue Dauphine.
    Ein Schlachter.
    Ein einfacher Mann, er hätte nie in die Stadt kommen dürfen. Er verfolgt mich … Wenn er trinkt, nimmt er mir mein Geld weg …
    Nana fängt an zu weinen, was Alberto noch verlegener macht.
    Nein, nicht weinen … Was kann ich für Sie tun?
    Der Arzt hat gesagt, dass mein Zustand sich vielleicht bessern würde, wenn ich in eine Klinik nach Vichy ginge. Aber sie ist sehr teuer, und ich habe nicht das Geld dafür. Ich bin verzweifelt … Sie werden es nicht bereuen, ich bezahle auch …
    Wieder weint sie, jetzt noch heftiger.
    Wie viel brauchen Sie?
    Ich weiß, dass Sie reich sind. Was ich brauche, ist für Sie fast nichts.
    Wie viel?
    20 000 Francs …
    Alberto wird blass, seine Hände streichen nervös über sein Jackenrevers.
    Ich bin nicht so reich, wie Sie meinen.
    Aber ich brauche es … Wenn Sie mir nicht helfen, bin ich verloren … Womöglich tue ich noch etwas Unbedachtes …
    Ich will sehen, was ich tun kann …
    Alberto erhebt sich vom Stuhl, die Luft im Raum scheint ihm auf einmal unerträglich stickig zu sein und nach diversen Körperausdünstungen zu riechen.
    Wann bekomme ich Bescheid?
    Morgen.
    Ich melde mich bei Ihnen.
    Wozu? Ich kann herkommen.
    Nein, vielleicht bleibe ich nicht hier … Meine Mutter ist sehr alt, es belastet sie zu sehr, wenn ich hier bin.
    Ist gut, antwortet Alberto misstrauisch.
    Ein paar Sekunden lang zögert er, dann hat er sich wieder in der Gewalt, ergreift Nanas Hand und beugt sich, um sie zu küssen. Aber sie steht auf, wirft sich auf ihn und küsst ihn auf den Mund. Verblüfft weicht Alberto zurück, verliert fast das Gleichgewicht. Sie gibt ihn mit fieberndem Gesichtsausdruck frei und lässt ihn gehen. Alberto nimmt jeweils zwei Treppenstufen auf einmal und verlässt das Haus.
    Komplizierte Buchhaltung  Der besorgte Gesichtsausdruck, mit dem Antônio Prado nach Hause kommt, entgeht seiner Frau nicht. Sie sitzt bequem am Kamin und liest Zeitungen aus São Paulo, als ihr Mann von der Arbeit kommt.
    Mein Gott, was machst du für ein Gesicht! Was ist passiert, haben wir die Beziehungen zu Frankreich abgebrochen? Ist unsere Regierung gestürzt?
    Nein, es ist nichts passiert, ich bin nur müde.
    Es ist nichts passiert, und dann siehst du so aus?
    Antônio Prado wirft seine Ledermappe auf einen Schreibtisch, ein Hausdiener hilft ihm aus dem Überzieher, nimmt Schal und Jackett entgegen und reicht ihm den Hausrock. So lange bewahrt Antônio Prado Schweigen und achtet nicht auf die Fragen seiner Frau, was nur dazu führt, dass sie vollends neugierig wird. Sie legt die Zeitungen weg und geht zu ihrem Mann. Ein Kuss auf die Wange genügt noch nicht, um seine Stimmung zu verändern, also zieht sie ihn an der Hand zu einem Sessel am warmen Kamin.
    Geht’s dir besser?
    Antônio Prado nickt bejahend mit dem Kopf und schaut in die Flammen, die flackernd die Holzscheite im Kamin verzehren.
    Willst du es mir wirklich nicht erzählen? Ist es ein Staatsgeheimnis?
    Schließlich lächelt ihr Mann, entspannt sich aber nicht ganz. Er hat sich etwas zu trinken eingegossen und schaut auf die Tagespost, die auf dem Tisch liegt.
    Es geht um Alberto, stöhnt er und verrät damit, wie ratlos er ist.
    Um Alberto? Was ist mit ihm?
    Er hat mich heute Nachmittag angerufen … mir irgendetwas Mysteriöses erzählt und gesagt, er brauche 20 000 Francs.
    20 000 Francs! Dieses neue Projekt scheint eine Menge Geld zu verschlingen. Wie viel hat er schon in diesem Monat abgehoben?
    80 000 …
    Und? Was hast du gemacht?
    Du weißt, mich geht das nichts an, er kann sein Geld nach Belieben ausgeben, ich mische mich da nicht ein. Meine Rolle ist nur die des Freundes, der seine Einkünfte verwaltet, die hier eingehen … Das Problem ist, dass er nicht so viel Geld hat …
    Ist er ruiniert?
    Ruiniert? Nein, Alberto geht es noch immer sehr gut, aber die Überweisungen aus Brasilien kommen nach einer bestimmten Regel … Ich habe ihm das erklärt …
    Warum machst du dir dann

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