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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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stinkenden Zimmer stehen und geht.
    Herzflattern  Alberto schläft die ganze Nacht nicht und ist voller widersprüchlicher Gefühle. Ärger, weil er sich reingelegt fühlt, wechselt mit euphorischen Augenblicken, weil er sich für schlauer als Nana Lantelme hält. Niedergeschlagen und mit geröteten Augen kommt er zum Hangar und fängt an zu arbeiten, ohne sich viel um die Mechaniker zu kümmern. Um die Mittagszeit scheint er sich wieder gefangen zu haben und beschäftigt sich mit dem Bau seiner neuesten Erfindung, der Nr. 14, einem Schwerer-als-Luft vom Typ Canard mit zehn Meter Spannweite und zwölf Meter Länge. Es ist noch nicht ganz fertig, und sein Gerüst besteht aus einer Reihe von Kästen aus Kiefernholzstreben mit dünner Stoffbespannung und Versteifung durch Klaviersaiten. Ein Motor vom Typ Levavasseur-Antoinette mit 24 PS ist am Heck eingebaut.
    Gleich nach dem Mittagessen lässt er den Apparat hochziehen, bis er mitten im Hangar hängt, und beschließt, den Motor zur Probe laufen zu lassen. Die Mechaniker reagieren gereizt und fragen, ob der Probelauf wirklich nötig sei. Alberto überhört die Frage und bindet eines der sechs Taue fest, mit denen der Apparat gehalten werden soll, wenn der Motor läuft. Die Mechaniker machen sich daran, die anderen Taue festzubinden. Als der Apparat gut befestigt ist, steigt Alberto hinauf und zündet den Motor. Es ertönt ein ohrenbetäubendes Knattern, der Apparat erzittert und will sich von den vielen Tauen befreien, die ihn festhalten. Unzufrieden stellt Alberto den Motor gleich wieder ab und steigt hinunter. Voisin hat es eilig, mit ihm zu sprechen.
    Ich hab’s ja gesagt, das bringt nichts …
    Woher wissen Sie, dass es nichts gebracht hat?
    Ganz einfach! Wir müssen die Steuerung des Apparates testen, aber nicht die Motorkraft. Und wenn der Apparat so angebunden ist, erfahren wir nichts über seine Stabilität.
    Sie glauben, dass Sie viel wissen, Voisin. Aber auf diesem Gebiet weiß keiner etwas, ehe es in der Praxis erprobt ist.
    Aber genau das will ich doch damit sagen …
    Dann sagen Sie es nicht, tun Sie es …
    Die beiden gehen zum Tisch und vertiefen sich in die Baupläne. Die anderen Mechaniker blicken skeptisch auf den Apparat, der wie ein riesiger, unförmiger Drachen von der Decke hängt. Plötzlich explodiert Alberto und widerspricht heftig den Argumenten seines jungen Assistenten.
    Aber so lässt sich der Apparat nicht mehr lenken, das ist Selbstmord, warnt Voisin.
    Selbstmord … Angst haben Sie, Angst … etwas, was ich noch nie gehabt habe, Angst. Und so wollen Sie zum Erfolg kommen?
    Aber, Chef!
    Und sagen Sie nicht Chef zu mir.
    Ist gut … wir sind müde … ich habe kaum geschlafen, es gibt so viel zu berechnen …
    Wenn Sie müde sind … dann können Sie nach Hause gehen und schlafen …
    Voisin akzeptiert und geht.
    Alberto stellt sich unter den hängenden Apparat und bleibt dort in seine widerstreitenden Gefühle versunken stehen. Die anderen Mechaniker gehen schweigend hinaus.
    Verlorene Illusionen  Alberto ist erschöpft über dem Reißbrett bei sich zu Hause eingeschlafen. Durch das Fenster fällt mattes Tageslicht in das unaufgeräumte Atelier. Auf dem Reißbrett ein bizarrer Prototyp: der neue Apparat, verbunden mit einem konventionellen Ballon, ein monströser Zwitter.
    Nana Lantelme kommt herein, unauffällig gekleidet, einen Schleier über dem Gesicht. Als sie merkt, dass Alberto schläft, stockt sie. Aber er schlägt die Augen auf und springt bei ihrem Anblick fast vom Reißbrett auf.
    Sie hier?
    Ich wollte Ihnen für Ihre Hilfe danken …
    Wozu die ganze Komödie?
    Ich bin Ihnen keine Erklärungen schuldig, gar nichts bin ich Ihnen schuldig …
    Sie macht auf dem Absatz kehrt und verlässt den Raum.
    An der Ateliertür begegnet sie Sem, der gerade hereinkommt.
    Sie erwidert nicht einmal seinen Gruß.
    Mein Gott, was für ein Temperament …
    Alberto, übernächtigt, mit rot unterlaufenen Augen und unrasiert, starrt ausdruckslos seinen Freund an, der gerade hereingekommen ist.
    Was war denn hier los?
    Ich bin müde, Sem … ich habe die ganze Nacht gearbeitet …
    Was wollte sie hier?
    Wer?
    Mademoiselle Lantelme! Sie hat mich fast über den Haufen gerannt …
    Ich bin müde, ich muss etwas schlafen …
    Ich will ja nicht indiskret sein, mein Lieber, aber was wollte Nana Lantelme hier?
    Sie war hier, ja?
    Sem starrt seinen Freund erschrocken an.
    Aber natürlich, was ist mit dir, Alberto?
    Ich dachte, ich hätte

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