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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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fantasiert … Plötzlich stand sie hier vor mir und sagte Sachen, die ich nicht begriff … und dann, wie durch einen Zaubertrick … Komisch, dann verwandelte sie sich in dich, Sem … und du … du standst hier vor mir …
    Schade, dass meine Metamorphosen nicht so faszinierend sind.
    Ist sie wirklich hier gewesen, Sem?
    Ja, sie war hier, als ich kam … und lief wütend raus … Was ist los, Alberto?
    Ich weiß nicht, ich bin mir nicht sicher … Diese Frau … kennst du sie?
    Sie macht sich gerade beim Theater einen Namen. Sie ist jung, hübsch …
    Aber sie verwechselt anscheinend das Theater mit dem Leben.
    Alberto steht vom Reißbrett auf, streckt seinen Körper und klopft Sem freundschaftlich auf den Rücken. Der Franzose zuckt zusammen.
    Diese Manie von euch Brasilianern, den Leuten auf den Rücken zu schlagen! Hier macht man das, wenn sich einer verschluckt hat, aber wenn in diesem Haus einer etwas in der Kehle stecken hat, dann nicht ich …
    Alberto lacht und klopft ihm noch einmal auf den Rücken.
    Wir in Brasilien fassen unsere Freunde gern an. Wir finden, Freundschaft ist etwas so Schönes, dass wir uns immer vergewissern wollen, ob unsere Freunde auch wirklich existieren.
    Eine merkwürdig mystische Form des Materialismus.
    Alberto hört Sems Kommentar und scheint einem Gedanken nachzuhängen.
    Sem, irgendetwas passiert mit mir …
    Ja? Und was?
    Das kann ich nicht erklären … Etwas sehr Merkwürdiges, es schmerzt …
    Es schmerzt? Was willst du damit sagen?
    Es ist kein richtiger Schmerz, weißt du. Etwas, wie ich es noch nie gefühlt habe … so als ob etwas zerbrochen wäre …
    Was immer da zerbrochen ist, wahrscheinlich ist es geschehen, nachdem Mademoiselle Aída abgereist ist?
    Ich weiß nicht, vielleicht hast du recht. Aber es macht mir zu schaffen, die Dinge bedeuten mir nicht mehr dasselbe. Ich bin zum ersten Mal unsicher.
    Das ist normal, Alberto. Kein Grund, in so eine Stimmung zu verfallen. Du stehst kurz davor, etwas vollkommen Neues zu machen, und du bist kein junger Draufgänger mehr … Wir werden reifer, mein Freund.
    Bedeutet Reife das? Ich dachte, Reife wäre eine Art von Gelassenheit, von ruhiger Sicherheit …
    Sem zündet sich eine Zigarette an und bläst ein paar Rauchwolken aus.
    Ruhige Sicherheit! Gelassenheit! Du bist und bleibst naiv, Alberto! Reif werden ist entsetzlich … Das ist so, als ob man aus einem Albtraum erwacht und feststellt, dass der Albtraum weitergeht. Der Schock ist fast immer brutal, und am Ende sind wir zerrissen, aber da das Erwachen langsam geschieht, zieht der Schmerz sich hin, wird immer heftiger …
    Dann geht dieser Schmerz also nie vorüber, richtig?
    Ja, leider. Aber du hast Glück, du hast von Geburt an das beste Linderungsmittel, das es dagegen gibt: deine Naivität. Lass nie deine Naivität in Skepsis untergehen. Niemals …
    Jetzt sag mir eins, Sem. Aber ich will die Wahrheit hören.
    Sem sieht seinen Freund mit einer Mischung aus Ironie und Zärtlichkeit an.
    Hältst du mich für naiv, weil ich etwas erfinden will, mit dem der Mensch sicher fliegen kann? Ist es das?
    Nein, nicht deshalb.
    Dann vielleicht, weil ich so beharrlich an Dingen festhalte, an die ich glaube?
    Du bist naiv, Alberto, weil du glaubst, dass die Menschen diese Maschinen allein wegen der Freude am Fliegen lieben werden.
    Alberto zuckt bei den Worten seines Freundes zusammen.
    Ich bin kein Idiot, Sem. Hin und wieder sehe ich mir auch meine Umwelt an, und was ich da sehe, gefällt mir gar nicht. Wenn du glaubst, dass ich die Absicht habe, der Menschheit etwas zu schenken, um ihren Ruhm zu mehren, irrst du dich glattweg. Das wäre töricht von mir. Und wenn mein Vermächtnis noch so gut und noch so harmlos wäre, die Menschheit würde einen Weg finden, um es zu pervertieren. Hast du schon vergessen, welche Verwendungsmöglichkeiten die Presse für meine Ballons vorgeschlagen hat? Um Bomben auf die Buren zu werfen?
    Wozu dann diese ganze Anstrengung? Wozu? Das ist doch absurd!
    Ja, es ist absurd, alles ist absurd, wenn man es hier von der Erde aus betrachtet. Aber von dort oben. Ach, von dort oben, Sem, sieht alles ganz anders aus: die Magnaten, die Generäle, die Könige, lauter Ameisen. Ameisen! Und in meiner Heimat, Sem, sagt man, wenn eine Ameise ins Verderben gehen will, schafft sie sich Flügel an …
    Die anspruchsvolle Maschine  Die Nr. 14 bringt neue Herausforderungen mit sich. Ein Fluggerät, das schwerer als Luft ist, braucht neben

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