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Der fliegende Weihnachtskater

Der fliegende Weihnachtskater

Titel: Der fliegende Weihnachtskater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wir uns mit unserem Partner auf das Innigste verstehen.«
    »Mhm. Ich hatte Kumpels. Und ein paar Liebchen.«
    »Sicher, die hat jeder. Aber ich hatte Amita. Und zwischen ihr und mir hatte sich das silberne Fädchen gesponnen. Sie war fast ein Kind noch, als sie mich auf der Straße aufgelesen hatte. Meine Leute hatten mich ausgesetzt, und drei Monate hatte ich mich recht unbeholfen durchgeschlagen. War erst knapp ein Jahr alt. Sie bot mir ein Heim und ihre Zuneigung. Ich erwiderte sie.«
    »Mitleid und Dankbarkeit«, knurrte ich.
    »Nein, Vertrauen und Liebe, Shardul. Sie hat ein gutes Herz. Sie hat mir nie meine Freiheit genommen, ich durfte kommen und gehen, wie ich wollte. Aber ich war glücklich, immer wieder zu ihr zurückkehren zu können.«
    »Wirklich? Ich meine, Menschen sind zwar ganz nützlich, aber ihnen vertrauen?«
    »Janina magst du auch.«
    »Ich mag sie nicht, ich benutze sie. Mit ihr kann ich Jagd spielen.«
    »Ja, so kann am es auch betrachten. Sie würde dir nicht fehlen, wenn sie plötzlich nicht mehr käme.«
    Eine solche Frage hatte ich mir noch nie gestellt. Würde sie mir fehlen? Vielleicht eine Weile. Aber Menschen waren austauschbar.
    Ich sagte das Meena, und die nickte.
    »Ja, manche sind das. Einige wenige nicht. Das Silberne Band kann man nicht erzwingen, es entsteht. Meines zu Amita ist gerissen, als ich starb. Es tat weh, Shardul, es war schmerzhafter, als du dir vorstellen kannst. Und darum bin ich hiergeblieben. Um über sie zu wachen. Denn auch ihr hat mein Tod wehgetan, und der Verlust schmerzt sie noch immer.«
    »Dann komm doch wieder zu ihr zurück.«
    »Geht nicht, ich hab’s ja nicht auf die Goldenen Steppen geschafft. Und hier kriege ich keinen neuen Pelz.«
    »Da ist was dran.«
    Ich sinnierte noch etwas über Silberfäden, während Meena ganz friedlich neben mir saß. Und da ich ein unwahrscheinlich kluger Kater bin, kam ich auch auf eine neue Gedankenspur.
    »Sag mal, Meena, dieser Silberfaden in dem Teppich …«
    »Du bist doch ein unwahrscheinlich kluger Kater, Shardul. Denk mal selber darüber nach. Und über deine Aufgabe. Du bist ja schon ganz nah dran!«
    Schwups hatte sich Meena in einen weißen Wirbel verwandelt und war in dem engen Hals der Messingvase verschwunden.
    Hinter die Bedeutung ihrer mysteriösen Worte war ich bis heute nicht gekommen.
     
    Kurzum, ich saß also auch jetzt wieder vor der Vase und beäugte die Lichter, die sich darin spiegelten. Im Nachbarhaus hatte man blinkende bunte Lämpchen ins Fenster gehängt, und sie zuckten auf der polierten Oberfläche gespenstisch auf. Gleichzeitig fing mein Fell wieder an der linken Flanke an zu zucken. Ich putzte vehement mit der Zunge darüber. Das half zunächst, aber kaum hatte ich mich wieder aufgesetzt, fing das dämliche Zucken wieder an. Diesmal kratzte ich mich herzhaft an der Stelle. Dann war Ruhe. Allerdings fegte mein Schwanz plötzlich heftig hin und her. Dieses verdammte Ende entzog sich häufig meiner Kontrolle, aber jetzt schien er außer Rand und Band zu geraten. Ich patschte drauf. Er gab Ruhe.
    Trotzdem – irgendwas stimmte nicht. Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht.
    Draußen heulte der Wind ums Haus, und die ersten Schneeflocken fielen.
    Der Teppich würde nass werden.
    Mhm.

15:40 Im Tower
     
     
    Remo sehnt sich nach dem Ende der Schicht. Gleich kam seine Ablösung, und er konnte sich aufmachen, seine Tochter in Empfang zu nehmen. Janina sollte mit dem Flug um halb fünf eintreffen, und vermutlich musste er nachher einen halben Kofferraum voll Geschenke vom Gepäckband klauben. Nun, das sei ihr gegönnt.
    Er gab einem startenden Piloten die letzten Anweisungen und sah hinter sich seinen Kollegen. Die Übergabe nahm einige Zeit in Anspruch, dann konnte er seine Konzentration lockern. Er stand auf und ging ein paar Schritte auf dem Gang vor dem Raum der Platzüberwachung auf und ab. Es lohnte sich nicht, nach Hause zu fahren, doch unten im Gewimmel der Ankunftshalle wollte er auch nicht warten. Er holte sich einen Kaffee aus dem Pausenraum und schaute aus dem Fenster. Auf dem Flugfeld bemerkte man nichts von Heiligabend. Es war wie immer hell erleuchtet, Tankwagen fuhren zu den Maschinen, Busse zum Rollfeld, Gepäck wurde verladen, ein Schlepper zog eine Maschine zum Taxiway, eine andere rollte zum Gate. Ein geschäftiger Tag wie jeder andere. Menschen wollten von hier nach da, Fracht musste von da noch dort geliefert werden. Tragflächen mussten enteist, Kerosin musste in Tanks

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