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Der Fliegenfaenger

Der Fliegenfaenger

Titel: Der Fliegenfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Russell
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Hunger fast die Gedärme zerriss. Als ich mich in der Hütte an die Theke stellte, wusste ich, dass ich das Weiterschaufeln nachmittags vergessen konnte, wenn ich nicht wieder ein bisschen Kraft sammelte. Und deshalb wollte ich mir das üppigste Mittagessen meines Lebens gönnen, wie ein Hochleistungssportler, mit massenhaft Kohlenhydraten und mit Nachschlag und einer extra Portion Chips, mit pfundweise Brot und dem dicksten, klebrigsten Pudding, den es gab.
    Ich steckte die Hand in die Tasche, und da fiel mir ein, dass von Cindy-Charlenes Geld ja nur noch 65 Pence übrig waren! Und schon eine einzige Portion Chips kostete 35 Pence!
    Ich stand da, starrte die Kreidetafel mit den Speisen an und kam zu der Erkenntnis, dass ich mir nur Chips mit Soße und eine dünne Scheibe Brot leisten konnte. Oder vielleicht Chips mit Erbsen statt der Soße. Oder Chips mit zwei Scheiben Brot. Und ich dachte gerade, dass ich vielleicht am besten Erbsen und fünf Scheiben Brot nehmen sollte – als ich ihn sah! Weiter vorn, im vorderen Teil der Schlange! Ihn! Den Fernfahrer, der mir mein ganzes Geld geklaut hatte! Den Fettsack, der mir meine Brieftasche gestohlen hatte! Und da hielt er sie ja auch schon in seinen feisten Pranken, zog einen Zehnpfundschein heraus und gab ihn dem Mädchen an der Kasse. Meine Brieftasche!
    Dann sah ich, wie er die Schlange mit einem vollen Tablett verließ. Und da fiel mir wieder ein, dass er erwähnt hatte, sein Job führe ihn manchmal bis an die Ostküste. Das Fettmonster, die Speckfresse! Dieser Dreckskerl, der mir meine Brieftasche gestohlen und mich ohne einen Penny sitzen gelassen hatte! Und ich hatte per Anhalter fahren und betteln müssen, um nach Grimsby zu kommen. Nicht mal die Anzahlung für mein Zimmer hatte ich gehabt und nun konnte ich mir kein anständiges Mittagsessen leisten!
    Jetzt entfernte er sich von der Schlange, das Tablett in seinen feisten Pranken; und auf dem Tablett stand ein großer Teller, auf dem sich Chips, zwei Eier, dicke Blutwurstscheiben, geviertelte Tomaten, Bohnen und Pilze türmten und dann noch ein halber Laib Brot mit dick Butter drauf und daneben stand eine dampfende Schüssel mit Pudding. Und das alles hatte er mit meinem Geld bezahlt!
    Ich weiß, Morrissey, ich weiß, ich hätte vorsichtiger zu Werke gehen sollen. Aber ich hatte so fürchterlichen Hunger; und jetzt leerte er sein überquellendes Tablett und stellte die Sachen auf den Tisch. Ich beobachtete, wie er sich setzte und mit den andern Männern am Tisch redete und lachte. Es waren die Bauarbeiter, mit denen ich zusammen geschuftet hatte. Ich sah, wie er die Brieftasche, meine Brieftasche neben seinen Teller legte. Und ich brauchte mir überhaupt keine Sorgen zu machen, Morrissey, denn ich konnte beweisen , dass es meine Brieftasche war. Ja, tatsächlich! Denn er wusste ja nicht, dass ich mit rotem Filzstift etwas ins hinterste Fach hineingeschrieben hatte, Morrissey; eine Zeile von dir. Es war in der Nacht, bevor ich Failsworth verließ. In der Nacht, in der ich wusste, dass ich dich aufgeben musste, Morrissey – dich aufgeben und nach Grimsby fahren und es unbedingt packen musste. Und ich hatte in die Brieftasche hineingeschrieben: »Will nature make a man of me yet?«
    Und deshalb scherte ich jetzt aus der Schlange aus und bahnte mir einen Weg zwischen den Tischen hindurch. Dabei fixierte ich ihn die ganze Zeit, sah, wie er sein Riesenmaul aufriss und über irgendeine Bemerkung lachte, genau wie damals mit vollem Mund, sodass man den Brei aus halb zerkauten Chips und Blutwurst sah, vermischt mit Eigelb, Soße und Spucke. Aber er bemerkte mich nicht. Überhaupt schien mich keiner zu bemerken, nicht mal, als ich schon am Tisch stand. Die Arbeiter redeten durcheinander, sie lachten und rissen Witze. Ich achtete gar nicht auf sie. Ich starrte Speckfresse an und wartete darauf, dass er endlich aufschaute und mich erkannte. Aber einer der Arbeiter, der mit den Schlangentattoos, bemerkte mich zuerst. »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    Aber ich antwortete nicht. Ich fixierte unablässig den Brieftaschendieb. Und der schaute erst von seinem Teller auf, als ihn der junge Arbeiter anstieß. Er starrte mir ins Gesicht. Er starrte jemandem ins Gesicht, von dem er geglaubt hatte, dass er ihn in seinem ganzen Leben nie wiedersehen würde: dem Jungen, dem er die Brieftasche gestohlen hatte.
    »Ja! Genau«, sagte ich. »Ich bin’s.«
    Er tat, als würde er mich nicht kennen! Er starrte mich verblüfft an, mit tiefen

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