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Der Fliegenfaenger

Der Fliegenfaenger

Titel: Der Fliegenfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Russell
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logen. Und nur deshalb nahm ich das Geld raus! Nicht weil ich stehlen wollte! Ich nahm es raus, damit ich besser in das Fach schauen konnte! Weil ich die Wörter anscheinend viel weiter unten reingeschrieben hatte, als ich dachte. Oder vielleicht war es ja gar nicht das hinterste Fach. Vielleicht hatte ich mich ja getäuscht und sie ins vorderste Fach geschrieben! Deshalb zog ich alles raus und ließ es einfach auf den Boden fallen: Babyfotos, Führerschein, Rezepte, Kreditkarten, Clubausweis, ein Päckchen Kondome, irgendwelche Zettel. Ich wollte nichts stehlen, Morrissey. Ich suchte nur nach den Wörtern; nach den Wörtern, die nicht da waren!
    Wenn ich etwas hätte stehlen wollen, Morrissey, dann wär ich doch weitergelaufen, oder? Aber als jetzt alle auf mich zugerannt kamen, fühlte ich mich wieder ganz schwindlig und benommen. Es war nicht schön, draußen in der Sonne zu sein. Sie stach mir in die Augen und kribbelte so unangenehm auf Armen und Schultern. Deshalb blieb ich einfach stehen, Morrissey. In einer Art Trance, mitten im rundrum verstreuten Inhalt der Brieftasche!
    Sie schimpften mich einen »fiesen, dreckigen Dieb«. Ich musste alles wieder einsammeln und zurücktun. Ich entschuldigte mich bei allen. Aber sie ignorierten mich. Als ich dem Mann die Brieftasche gab, drängten sie ihn nachzuschauen, ob nichts fehlte. Ich sah, wie er alles genau überprüfte und sein Geld zählte. Und komischerweise kam er mir jetzt daußen in der Sonne gar nicht mehr so fett vor. Und er trug auch keinen Ohrring. Draußen in der Sonne konnte ich es kaum noch glauben, dass ich ihn für das Fettmonster gehalten hatte! Ich entschuldigte mich noch mal bei allen. Aber sie beäugten mich argwöhnisch und schockiert. Da sagte ich zu dem jungen Bauarbeiter: »Ich hab einen Fehler gemacht. Aber ich bin kein Dieb, ehrlich! Denn eigentlich bin ich ein Morrissey-Fan, genau wie du.«
    Ich dachte, er würde mich verstehen. Aber stattdessen starrte er mich voller Ekel an und rief: »Wie?! Ich bin doch kein Morrissey-Fan! Bloß weil ich diesen jämmerlichen Mist gesungen hab? Scheiße, ich bin doch kein Morrissey-Fan! Das mach ich doch nur zum Spaß, um die zu ärgern!« Er zeigte mit dem Finger auf mich. »Behaupte nie mehr, dass ich auf diesen durchgeknallten Typen steh!«
    Er und seine Kumpels starrten mich an, als fänden sie mich jetzt noch unheimlicher und verrückter als zuvor. Der Mann mit der Brieftasche verkündete, dass anscheinend alles in Ordnung sei und kein Geld fehle. Dann diskutierten sie, ob sie die Polizei rufen sollten. Und in dem Moment kam der Kapo angerannt. Er hatte gehört, was passiert war. Und als er mich sah schimpfte er los: »Ich hätt es wissen müssen! Das liegt bei euch wohl in der Familie, wie? Genau wie dein scheiß Onkel! Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm!«
    Und dann, Morrissey, stieß er mich so heftig, dass ich stürzte. Er riss mich wieder hoch und trieb mich vor sich her, packte mich am Pullunder und zerrte mich den ganzen Weg bis vor zum Büro, und dort schrie er mich an, ich solle mein Zeug packen und abhauen, sonst rufe er die Polizei und lasse mich verhaften. Dann versetzte er mir noch einen Tritt, und ich stolperte durchs Tor, rannte taumelnd die kleine Gasse rauf und versuchte mich im Schatten zu halten. Denn ich hasste die Sonne! Mir wurde ganz schlecht, wenn ich das Licht sah oder die Hitze direkt auf der Haut spürte. Ich irrte ziellos weiter; ich torkelte von einer Seite der Gasse zur andern wie ein Betrunkener. Nach kurzer Zeit musste ich mich setzen und mich an die Bretter des Bauzauns lehnen. Und da saß ich nun, voller Angst, voller Panik und fragte mich, was mit mir los war. Ich versuchte mir zwar einzureden, dass es bestimmt nicht wieder losging. Aber leider ging es doch wieder los, Morrissey. Ich spürte es! Denn auf einmal war es wieder so wie in Swintonfield, als ich paranoid war und mir lauter Dinge einbildete, die es nicht gab, und Leute sah, die es nicht gab, so wie ich jetzt ganz deutlich das Fettmonster gesehen hatte, obwohl gar kein Fettmonster da war. Und am Morgen in Cleethorpes, da hatte ich mir auch schon Sachen eingebildet und hatte am Strand das Mädchen gesehen, obwohl es ja unmöglich da sein konnte, das Mädchen mit den Kastanienaugen.
    Und selbst der Mann, Morrissey, am Abend davor, der Amerikaner, der mich in Grimsby rausgelassen hatte. Selbst er existierte wahrscheinlich nur in meinem Kopf. Ich hätte es wissen müssen, ich hätte wissen müssen, dass es

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