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Der Fliegenfaenger

Der Fliegenfaenger

Titel: Der Fliegenfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Russell
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betrachtete Janice mich sehr, sehr nachdenklich. Und dann sagte sie: »Hm … aber du weißt ja sicher … dass einige Leute, einschließlich deiner Mam … denken, du hättest gestern Abend … einen Selbstmordversuch unternommen.«
    Ich schüttelte den Kopf und sagte zu Janice: »Nein! Das stimmt überhaupt nicht. Ich hab es wirklich nur getan, damit der Nette Junge zurückkommen kann. Ich schwör es, Schwester Janice.«
    Da sagte Janice zu mir: »Ich bin Ärztin, Raymond. Keine Schwester.«
    »Oh«, sagte ich. »Entschuldigung. Das hab ich nicht gewusst.«
    »Schon gut«, meinte Janice. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.«
    Ich zuckte nur die Achseln. Und dann sagte Janice: »Du magst es nicht, wenn sich jemand über dich aufregt, Raymond, stimmt’s?«
    Ich wusste nicht, was sie meinte.
    »Zum Beispiel deine Mam«, erklärte sie. »Du magst nicht, wenn deine Mam sich über dich aufregt, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf, weil Janice Recht hatte. Ich sagte: »Nein, ich mag nicht, wenn meine Mam sich über mich aufregt. Mein Onkel Jason, über den muss sie sich dauernd aufregen, aber ich will sie nicht aufregen. Und als ich noch der Nette Junge war, hat sie sich nie über mich aufgeregt.«
    »Hat sie sich gestern über dich aufgeregt?«, fragte Janice.
    Ich nickte. »Sie regt sich jetzt eigentlich immer über mich auf«, sagte ich. »Seit ich der Falsche Junge bin. Anscheinend rege ich sie in letzter Zeit nur noch auf und sie weiß nicht mehr, was sie mit mir machen soll.«
    »Und das ist der Grund?«, frage Janice. »Das ist der Grund, warum du dich gestern Abend umbringen wolltest?«
    Ich schüttelte wieder den Kopf. »Wollte ich doch gar nicht!«, sagte ich. »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Ich wollte mich bestimmt nicht umbringen!«
    Janice saß eine Weile da und sah mich aufmerksam an. Und dann sagte sie: »Ja. Ich glaube, das wolltest du wirklich nicht, Raymond.«
    Und ich war furchtbar froh, als Janice das sagte, weil sie auf keinen Fall glauben sollte, dass ich log.
    »Wenn du dich hättest umbringen wollen«, sagte sie, »hättest du schließlich jeden Teil des Kanals wählen können, nicht wahr? Zum Beispiel den Abschnitt in der Nähe eures Hauses, stimmt’s?«
    Sie sah mich an. Ich wusste zwar nicht genau, was sie meinte, nickte aber trotzdem. Und dann sagte Janice: »Aber die Stelle, wo du gestern Abend reingesprungen bist, war eine ganz besondere Stelle, nicht wahr?«
    Ich nickte erneut, und Janice sagte: »Nicht allzu weit von der Schule entfernt.« Sie sah mich eine Weile an. Dann fuhr sie fort: »Und es musste genau diese Stelle sein, nicht wahr? Wo du hineingesprungen bist?«
    Wieder nickte ich und Janice sagte: »Weil du dort schon einmal etwas erlebt hast, genau an dieser Stelle?«
    Ich sah sie an und sagte stirnrunzelnd: »Sie haben mit meiner Mam gesprochen, stimmt’s?«
    Aber Janice schüttelte den Kopf. »Nein. Mit deiner Mam werde ich mich später unterhalten. Bis jetzt habe ich kein Wort mit deiner Mam gesprochen, Raymond.«
    Und ich wusste, dass Janice die Wahrheit sagte. Aber ich konnte mir einfach nicht erklären, woher sie wusste, dass ich dort »schon einmal etwas erlebt hatte«.
    Sie tätschelte meinen Arm und sagte: »Schon gut. Du musst es mir nicht erzählen.«
    Aber ich wollte es Janice erzählen, weil sie so nett war und weil ich sie mochte. Deshalb sagte ich: »Es musste deshalb genau diese Stelle sein, weil er dort verloren ging. Dort ist er damals verschwunden.«
    Janice sah mich einen Augenblick an. Dann sagte sie: »Der Nette Junge?«
    Ich nickte. Und Janice sagte: »Dort ist er in den Kanal gefallen, der Nette Junge?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nicht gefallen «, sagte ich. » Getaucht . Weil Albert Goldberg nicht schwimmen konnte und ertrunken wär, wenn der Nette Junge ihn nicht gerettet hätte.«
    Jetzt nickte Janice. »Aha, verstehe«, sagte sie. »Und was haben sie damals am Kanal gemacht, der Nette Junge und Albert … wie hieß er noch gleich?«
    Ich sah Janice an. Und dann starrte ich auf die Bettdecke. Und Janice sagte lachend: »Mein Gott, was für ein Riesenseufzer für so einen kleinen Jungen!«
    Ich starrte immer noch auf die Bettdecke und sagte: »Es waren nicht nur Albert und der Nette Junge. Es waren alle da; Darren Duckworth und Kevin Cowley und sogar Geoffrey Weatherby, und jetzt tut er so, als ginge ihn das alles nichts an, und er sagt ›fette Sau‹ zu mir und will nicht mehr mit mir spielen. Aber er hat es auch getan! Alle

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