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Der Flirt

Titel: Der Flirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Tessaro
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aussehenden Italiener mit langem, dunklem Haar, grünen Augen und dem Lächeln eines verruchten Cherubs, und zu seiner Linken einen großen, muskulösen Schwarzen, der in schlichtem weißem T-Shirt und Jeans mit seinem olympiareifen Körper prahlte. Er hatte die klassischen Züge einer griechischen Statue, gekrönt von kurz geschnittenem, weißblondem Haar.
    »Willkommen an Bord!«, fügte Henry hinzu.
    Sie lächelten alle, schlugen ihm auf den Rücken und lachten. Ein frisches Pint stand plötzlich vor ihm, und Hughie hatte das seltene und wohltuende Gefühl, angekommen zu sein.
    Er wusste nicht so recht, wo er angekommen war und für wie lange. Doch er war entschlossen, es zu genießen, solange es andauerte.

Die Kameliendame
    Leticia drückte auf die Klingel von Leos Wohnung und nahm die Einkaufstüten, die sie bei sich trug, in die andere Hand. Sie hatte sie in ihren hochhackigen Schuhen den ganzen Weg von der Goodge Street hierhergeschleift.
    Nichts. Sie klingelte noch einmal und sah sich in der beneidenswerten Siedlung um. Leo lebte in einem kleinen edwardianischen Block mit Mietshäusern in einer schmalen Allee gegenüber dem Royal Opera House in Covent Garden. Ende der siebziger Jahre, als in der Stadt zu leben noch eine ungewöhnliche Vorstellung gewesen war, hatte er das ungeheure Glück und den Scharfblick besessen, die Wohnung zu kaufen. Jetzt wurden die Wohnungen über und unter ihm entkernt und in schicke, loftartige Refugien verwandelt, und die Preise schnellten in schwindelerregende Höhen. Doch bei ihm herrschte immer noch der moderne Komfort von 1982. Leticia neckte ihn immer, er müsse nur lange genug daran festhalten, dann würde die avokadofarbene Badezimmereinrichtung vielleicht sogar wieder in Mode kommen.
    »Ja?«
    »Ich bin’s!«
    Die Tür ging auf, und sie kämpfte sich die drei Treppen hinauf. Leo stand in einem roten Seidenmorgenrock, der Noël Coward würdig gewesen wäre, in der Tür, in der einen Hand eine Zigarette, in der anderen eine Kaffeetasse.

    »Endlich!« Er grinste.
    »Was meinst du damit, endlich!« Sie ging an ihm vorbei in die Küche und stellte die Tüten auf den Tisch. »Ich trabe durch die halbe Stadt, um deine Einkäufe zu erledigen, und das ist der Dank dafür?« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und runzelte dann die Stirn. »Du bist dünner geworden, alter Mann. Du kannst es dir nicht erlauben, Gewicht zu verlieren. Diese Erkältung setzt dir zu, was nicht verwundert. Wie lange hast du sie schon? Fast einen Monat?« Sie machte sich daran, ihre Einkäufe auszupacken. »Jetzt machen wir dir erst einmal etwas zu essen.«
    »Also, ich finde, ich sehe ziemlich gut aus«, sagte er und warf sich in Pose. »Ich habe neulich eine Hose anprobiert, in die ich seit 1983 nicht mehr reingepasst habe. Ich habe toll ausgesehen! Von Perry Ellis, grauer Flanell mit Bügelfalten, die du unglaublich finden würdest! Du erinnerst dich natürlich nicht an Perry Ellis, dazu bist du zu jung.« Er setzte sich. »Hast du Fischstäbchen bekommen? Und Mixed Pickles?«
    »Ja. Aber seit wann isst du Fischstäbchen? Oder Mixed Pickles?« Sie öffnete den Kühlschrank. »Sag’s mir ganz ehrlich, bist du schwanger?«
    Er lachte. »Diesen Monat nicht. Juan mag sie. Er findet sie exotisch. In Brasilien gibt es keine Fischstäbchen. Aber die süßen Sachen sind alle für mich. Ah! Du bist genial!« Er holte einen Becher Schokoladeneis mit belgischer Schokolade heraus. »Gib mir einen Löffel, ja? Es hat genau die richtige Konsistenz!«
    Sie suchte auf dem Abtropfbrett und reichte ihm einen Teelöffel.
    Er aß einen Löffel voll Eiscreme. »Himmlisch! Das war’s mit der Perry-Ellis-Hose für die nächsten zwanzig Jahre!«
    »Juan, was?« Leticia schüttelte den Kopf. »Du weißt aber
schon, dass du siebzig Jahre alt bist? Fünfunddreißigjährige männliche Nutten sind deiner Gesundheit nicht zuträglich. Hat dir das noch niemand gesagt?«
    »Halt dich an die Jugend, das färbt ein bisschen ab. Bleibst du zum Mittagessen?«
    »Was gibt’s denn? Mixed Pickles und Fischstäbchen?«
    »Also, ich esse Eiscreme. Aber wir könnten bei Bartolli’s um die Ecke anrufen und Minestrone bestellen, wenn du willst. Oder Spaghetti.«
    Leticia füllte die Zuckerdose auf. »Nein, lass mal. Es ist ein bisschen spät zum Mittagessen, es ist schon nach drei. Gott, Leo, wann wurde dieser Fußboden das letzte Mal geputzt? Das sieht dir gar nicht ähnlich.« Sie zog ihren Man - tel aus und warf ihn auf den

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