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Der Flirt

Titel: Der Flirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Tessaro
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ein wenig Elastizität, hoffe ich.«
    »Ich? Ich zähle auf dich!«
    Er lächelte zu ihr auf. »Und ich zähle auf dich. Ich liebe dich. Weißt du das?«
    »Ich weiß.« Sie beugte sich über ihn und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. »Und ich dich.«
    Leticia ging zurück in die Küche.
    Sie lehnte sich an die Arbeitsplatte und schaute aus dem Fenster auf die wunderschöne Fassade des Royal Opera House auf der anderen Straßenseite.
    Das letzte Mal, als sie dort gewesen war, hatte sie sich mit ihm zusammen Die Hochzeit des Figaro angesehen, ihre Lieblingsoper. Wunderbare Musik, und am Ende waren alle Paare hübsch ordentlich miteinander verkuppelt.
    Es war ein warmer Sommerabend gewesen, und sie hatten auf sehr teuren Plätzen im Parkett gesessen.
    Er war zurückhaltend gewesen an diesem Abend, abwesend. Er hatte zwar sehr stark abgenommen, hatte in seinem Blazer und dem marineblauen Hemd aber immer noch sehr gut ausgesehen.
    Sie zuckte zusammen.
    Es waren die Kleinigkeiten, die sie niederschmetterten.
Die Eiscreme, die sie sich in der Pause geteilt hatten; der hölzerne Fächer, den er ihr im Laden gekauft hatte. Er hatte sich so viel Mühe gegeben. Sie hatte gedacht, der Abend könnte für sie beide der Beginn von etwas Neuem sein.
    Sie hatte nicht wissen können, dass er − schon damals − jedem Augenblick eine besondere Bedeutung verleihen wollte, in dem dunklen Theater sitzend und ihre Hand haltend; dass er die Tage bis zum Ende zählte.
    Sie nahm einen Becher vom Abtropfgestell, füllte den Kessel und tat einen frischen Teebeutel in den Becher.
    Das Leben geht weiter. Jede Sekunde jedes Tages werden Herzen gebrochen. Doch das Leben marschiert ungerührt weiter.
    Sie hatte überlebt. Auch wenn sie zuweilen geglaubt hatte, sie würde es nicht überleben. Es hatte Tage gegeben, Wochen, da sie dachte, sie würde verrückt werden angesichts von Trauer und Verlust, angesichts der schieren Sinnlosigkeit des Ganzen.
    Doch sie war nicht verrückt geworden.
    Sie war weitergehumpelt, bis sie gehen konnte, sie war gegangen, bis sie laufen konnte, und seither lief sie so zäh und so schnell, wie sie nur konnte.
    »Und jetzt bin ich so gut wie neu«, ermahnte sie sich, goss das kochende Wasser in den Becher und drückte den Teebeutel mit einem Löffel an die Wand des Bechers.
    Ganz und gar nicht so gut wie neu war Leo.
    Er wurde alt. Sie versuchte, es zu ignorieren, doch in letzter Zeit wirkte er jedes Mal, wenn sie ihn sah, ein wenig zerbrechlicher als beim letzten Mal. Und das machte ihr Angst. Eine Brille machte ihr Angst, Medikamentenflaschen machten ihr Angst, ein schmutziger Küchenfußboden machte ihr Angst. Und am meisten Angst machte ihr, dass sie nichts dagegen tun konnte.

    Was war das für ein Geräusch?
    Sie schaute nach unten.
    Ihre Hände zitterten, der Teelöffel klapperte gegen die Wand des Bechers.
    Sie warf den Löffel in die Spüle und drückte die Handflächen aneinander. »Hör auf!«, sagte sie laut. »Hör auf damit!«
    »Was?«, rief Leo von nebenan. »Brauchst du mich?«
    Leticia atmete tief durch. »Nein. Es ist nichts«, rief sie.
    Es ist nichts, wiederholte sie in Gedanken. Es ist vorbei. Es ist alles vorbei.
    Leo hatte recht, das hier war nicht La Traviata . Alles, was sie tun musste, war, Tee aufzugießen, den Fußboden zu putzen und für die dicke Frau ein Nachthemd zu entwerfen.
    Dann hielt sie inne.
    Was war mit Hughie? Hatte Leo recht? Ließ sie zu, dass sie sich emotional an einen Mann band, der sie zweifellos auch verlassen würde? Das war das Letzte, was sie brauchte. Sie konnte es sich nicht leisten, wegen irgendeines jungen Burschen draufzugehen.
    Sie brachte Leo seinen Tee und stellte den Becher behutsam vor ihn auf den Tisch.
    Er lächelte zu ihr auf.
    Sie erwiderte sein Lächeln.
    Ich kann ihn nicht verlieren, dachte sie plötzlich entsetzt. Bitte, Gott, nicht ihn.
    »Geht’s dir gut?«, fragte er.
    »Ja.« Sie nickte. »Ganz gut.«
    Sie eilte zurück in die Küche, stellte die Stühle auf den Tisch und zog die Schuhe aus. Dann rollte sie die Ärmel ihrer makellos weißen Seidenbluse auf, nahm den Eimer mit heißem Wasser und ging auf die Knie.
    Leticia schrubbte.

    Sie schrubbte, bis der Fußboden fleckenlos war, bis ihre Hände rot und wund waren, bis ihr die Schultern schmerzten.
    Und dann schrubbte sie noch fester, bis ihr Geist stumpf geworden war.

Fünf-Uhr-Tee im Claridge’s
    Am Nachmittag saß Hughie in Valentines Wohnung in der Half Moon Street.
    »Nun.« Valentine

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