Der Flirt
ließ sich in dem großen Ledersessel neben dem Kamin nieder. »Meine Frage an Sie, Mr. Venables-Smythe, lautet, sind Sie bereit?«
»Ja, Sir. Ich denke, ich bin bereit.«
»Gut. Sie müssen noch sehr viel lernen, junger Mann, und dafür haben Sie nicht viel Zeit. Ein Repertoire aufzubauen braucht Zeit, aber ich fürchte, die Nachfrage ist derzeit so groß, dass Sie einfach Ihr Bestes tun müssen. Henry wird sich um Sie kümmern. Hören Sie auf alle Anweisungen und halten Sie sich strikt daran. Wir werden eine beträchtliche Summe aufbringen, um Sie umzumodeln. Sie brauchen einen neuen Haarschnitt, einen anständigen Anzug, ein Paar manierliche Schuhe und eine gute Uhr. Hier.« Er stand auf und holte ein Elfenbeinkästchen vom Kaminsims, öffnete es, wählte aus einer Reihe von fünf oder sechs Uhren eine goldene Rolex und warf sie ihm zu. »Unterschätzen Sie niemals die Details. Frauen bemerken sie sofort.«
Hughie schob sich die Uhr über das Handgelenk. Sie war schwer, schimmerte, ein protziges Accessoire, das ihn sofort an seinen Vater erinnerte. »Das ist sehr großzügig von Ihnen.«
»So großzügig nun auch wieder nicht.« Valentine drückte auf seinem Tisch einen Knopf, und die Türen des Schranks
hinter ihm glitten zur Seite und gaben einen großen Bildschirm frei. »In der Uhr ist ein Sender.« Er drückte einen zweiten Knopf, und der Bildschirm erwachte zum Leben und eine Anzahl glühender Punkte vor dem Hintergrund einer Londoner Straßenkarte blinkte auf. »Ich weiß gerne, was meine Burschen gerade im Schilde führen.«
»Verstehe.« Er kam sich vor wie James Bond, Mitglied einer geheimen Untergrundorganisation. Valentine schob Hughie einen hochmodernen PDA über den Tisch. »Sorgen Sie dafür, dass der immer aufgeladen ist. Es ist ein Telefon mit Internetzugang und vor allem ein Satellitennavigationsgerät. Sie wären überrascht, wie viele Zielpersonen vom Weg abkommen.«
Hughie schaltete es ein. »Großartig.«
»Rauchen Sie?«
Hughie gab sich Mühe, verantwortlich und ernst zu klingen. »Ich habe ernsthaft vor aufzuhören.«
»Tun Sie’s nicht.« Valentine warf Hughie ein silbernes Feuerzeug zu. »Ja, es ist ein Feuerzeug, aber es ist auch ein höchst effektives Abhörgerät. Nicht unbedingt notwendig, aber gelegentlich sehr nützlich. Und bevor Sie gehen, brauche ich Ihre Maße. Geben Sie sie Flick. Und jetzt zur Sache. Ihr Honorar beträgt tausend Pfund pro Erfolg. Abgebrochene oder unvollkommene Missionen werden nicht bezahlt. Was die Steuer angeht, Sie müssen Ihre eigene Einkommenssteuererklärung abgeben, und Sie werden als persönlicher Berater geführt. Ein letzter Punkt noch: Ihre Karriere bei uns steht und fällt mit Ihrer uneingeschränkten Diskretion. Niemand darf wissen, was Sie tun oder wer Ihre Kunden sind. Eine einzige undichte Stelle könnte die Sicherheit des ganzen Unternehmens unwiederbringlich aufs Spiel setzen. Was Ihre Freunde und Familie angeht, haben Sie von jetzt an eine Stelle bei einer Agentur, die Trainingsvideos
für Firmen produziert. Sollten Sie sich nicht an die Bedingungen unserer Vereinbarung über Vertraulichkeit halten, werden Sie sofort entlassen. Haben Sie irgendwelche Fragen?«
Hughie starrte verwundert auf die vielen technischen Spielereien, die er plötzlich bekommen hatte. »Und ich muss nicht mehr tun, als mit diesen Frauen zu plaudern? Und dafür bekomme ich jedes Mal tausend Pfund?«
Das war mehr Geld, als er normalerweise in einem Jahr verdiente.
Valentine legte unter dem Kinn die Fingerspitzen aneinander. »Zu einem erfolgreichen Flirt gehört sehr viel mehr.«
»Warum haben Sie mich ausgewählt? Ich meine, ich dachte, ich wäre bei meinem Vorstellungsgespräch nicht besonders erfolgreich gewesen. Ist ja nicht so, als wäre ich ein großer Frauenheld.«
Valentine betrachtete ihn eingehend. »Im Gegensatz zu dem, was Sie vielleicht glauben, können Frauenhelden in der Regel nicht besonders gut flirten. Ihr Ego verlangt zu viel Aufmerksamkeit. Ein erfolgreicher Flirt ist etwas völlig anderes, als eine Frau ins Bett kriegen zu wollen. Wir tauschen keine Telefonnummern aus und verbuchen keine sexuellen Eroberungen. Es geht auch überhaupt nicht um Sie. Es ist um einiges subtiler. Die wahre Kunst des Flirtens setzt eine Unbefangenheit im Umgang mit Frauen voraus, die Ihnen erlaubt, sie in den Mittelpunkt Ihrer Aufmerksamkeit zu stellen. Sie besitzen diese Qualität, Hughie. Sie sind ein Naturtalent. Und aus langjähriger Erfahrung kann ich
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