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Der Flirt

Titel: Der Flirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Tessaro
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vergnüglich.
    Dies waren die Leiden, vor denen man ihn in der Schauspielschule gewarnt hatte, die Krux von La Vie Bohème . Hier war er, ein am Hungertuch nagender junger Schauspieler, gefangen im Mahlstrom zwischen künstlerischer Integrität und
kommerziellen Ansprüchen. Er stellte sich ein Publikum vor, das Zeuge seines stillen Heroismus wurde, und schob sich mit einer galanten Geste sein wuscheliges aschblondes Haar aus dem hübschen Gesicht.
    Und tatsächlich, jeder, der ihm begegnete, ging davon aus, dass er Arbeit hatte. Kaum einer begriff, dass man als Schauspieler zwar reichlich Arbeit haben konnte, was aber noch lange nicht hieß, dass man tatsächlich auch bezahlt wurde!
    Hughie zog noch einmal an seiner Zigarette.
    Was war bloß aus der Kunst geworden?
    Hughies Mutter und seine Schwester Clara fingen immer wieder davon an, wie er leben, essen und ein nützliches Mitglied der Gesellschaft sein sollte. Bla, bla, bla. Sie kapierten es einfach nicht. Nicht zum ersten Mal spürte Hughie die vertraute, entmutigende Last, die es bedeutete, ein Venables-Smythe zu sein.
    Es hatte eine Zeit gegeben, da war es Schicksal gewesen, ein Venables-Smythe zu sein; ein Passierschein in die Welt der britischen Oberklasse. Doch zu der Zeit, als Hughie in den einst berühmten Clan hineingeboren wurde, hatte es nur noch den Namen zu erben gegeben, einen vornehmen Akzent und eine leicht traumatische Internatsschulzeit. Sein Großvater hatte den Familiensitz samt unschätzbar wertvoller Antiquitäten und Familienporträts im Jahre 1977 an eine amerikanische Hotelkette verkauft. Die Kaufsumme, die einem damals riesig vorgekommen war, hatte sich im Nachhinein als echter Spottpreis erwiesen. Dafür hatte er sich eine miserabel umgebaute Wohnung in Chelsea gekauft, einen Großteil seines Geldes in Betamax investiert und Hughies Vater, Robert Armstrong Venables-Smythe, seinen Playboy-Lebensstil finanziert. Hughies Vater, der einst genauso attraktiv gewesen war wie Hughie jetzt, fand Gefallen an Ralph-Lauren-Hemden, Gucci-Slippern, italienischen
Autos und quirligen Blondinen mit üppigen Brüsten. Hughies Mutter, Rowena Compton Jakes, eine neunzehnjährige, flachbrüstige Brünette, schüchtern bis zur gesellschaftlichen Unbrauchbarkeit, hatte er kennengelernt, als sie bei Tiffany’s arbeitete, wo sie für die Hochzeitstische zuständig war. Zwei Jahre später hatten sie geheiratet, und Robert hatte in Fulham ein Immobilienbüro gegründet. Er hatte nichts über den Immobilienmarkt gewusst, doch er besaß sehr viel Charme, mit dem er bei ausgedehnten Mittagessen im San Lorenzo eine Reihe junger Sekretärinnen beglückte, die ihn Bobby nannten.
    Als Hughie fünf Jahre alt war, verschwand sein Vater bei einem mysteriösen Unfall beim Tiefseefischen vor der Küste von Malta. Seine Mutter behauptete immer noch, der Unfall sei vorgetäuscht gewesen, doch er war nie zurückgekehrt, und das Immobilienbüro war still und leise bankrottgegangen. Der vernichtende Schlag hatte den Beginn harter Zeiten markiert.
    Doch harte Zeiten bringen große, heldenmütige Taten hervor. Und so geschah es, dass Hughies Mutter ihre wahren Qualitäten zum Vorschein brachte. Sie strich das Wohnzimmer rot, kaufte bei Peter Jones einige Sofakissen und verkündete, sie sei jetzt Innenausstatterin à la Jocasta Innes. Ein Drink am Morgen half ihr über ihre Schüchternheit hinweg. Den äußeren Schein gesellschaftlicher Ehrbarkeit hielt sie aufrecht, indem sie in Designer-Secondhand-Läden einkaufte und ihre Kinder unter großen persönlichen Opfern auf die besten Schulen schickte. Und sie war durch und durch davon besessen, dass ihre Kinder nicht nur die Art von finanzieller Sicherheit erlangen sollten, die sowohl ihrem Vater als auch ihrem Großvater versagt geblieben war, sondern sich auch zurück in den Schoß ihrer Klasse katapultieren sollten.

    Und so erhielt Hughies fleißige ältere Schwester Clara ein Stipendium, um in Cambridge Altphilologie zu studieren, während Hughie, der von nahezu sämtlichen Einrichtungen von Bedeutung abgewiesen wurde, sich in einer drittklassigen Schauspielschule in King’s Cross einschrieb und sich daranmachte, sein Handwerk zu erlernen.
    Ab und an versuchte Hughie, sich das Gesicht seines Vaters vorzustellen. (Seine Mutter hatte sämtliche Fotografien systematisch vernichtet.) Wie er jetzt wohl aussehen würde?
    Er schob die Zigarette in einen Mundwinkel und holte das einzige übrig gebliebene Foto aus seiner Brieftasche. Das

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